Der richtige Haken ist beim Angeln von Karpfen essentiell, sonst kann schnell viel schief gehen. Ausschlitzer sind das Horrorszenario für jeden Karpfenangler: Gerade spürte man noch den Widerstand des Fisches in der Rute, dann folgt ein ganz leichtes Rucken – und die Schnur erschlafft. Nun ist der Karpfen weg und die Frustration groß. Nachdem man die Montage eingekurbelt hat, beginnt die Fehleranalyse: Ist das Blei zu leicht, das Vorfach zu kurz oder zu lang, oder der Haken stumpf?
Selbst wenn der Haken scharf ist, macht es Sinn, genauer über den Greifer nachzudenken. Auch wenn die Schärfe des Hakens ein wichtiger Aspekt ist, der Greifer hat noch mehr Eigenschaften. Das wird deutlich, wenn man sich einmal das Angebot an haken fürs Karpfenangeln anschaut. Die Auswahl ist riesig. Es gibt Haken in unterschiedlichen Größen, mit langem oder kurzem Schenkel, schmalem oder breitem Bogen, geradem oder gebogenem Öhr, beschichtet oder unbeschichtet.
Viele Angler kaufen einen Haken, weil er in ihren Augen gut aussieht oder gerade im Sonderangebot ist. Aber die Hakenwahl nach diesen Kriterien zu treffen, ist sicher nicht optimal. Denn die verschiedenen Hakenmodelle und Hakengrößen haben auch unterschiedliche Eigenschaften bzw. Vor- und Nachteile.
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Trend zu kleineren Haken für Karpfen
Kommen wir zunächst zur Hakengröße. Vor einigen Jahren verwendete ich lediglich drei Hakengrößen: 2, 4 und 6. Haken in den Größen 2 und 4 setzte ich bei einem 20-Millimeter-Boilie bzw. einem Schneemann am Haar ein. einen 6er Haken verwendete ich lediglich in seltenen Fällen, wenn ich eine Kugel mit einem Durchmesser von 16 Millimeter anbot.
Mittlerweile hat sich der Angeldruck an vielen Gewässern deutlich verstärkt und die meisten Karpfen haben mit einem 20-Millimeter-Standardboilie schlechte Erfahrungen gemacht. Der Trend geht zu kleineren Ködern mit einem Durchmesser von 16, 14 oder 12 Millimeter. Manchmal wird sogar eine einzelne Tigernuss angeboten. Da muss ein kleinerer und unauffälligerer Haken her. Mein Hakenspektrum hat sich mittlerweile verschoben. ich verwende nun meistens Haken in Größe 4 bis 8. in England wird teilweise sogar mit 10er oder 12er Haken auf Karpfen geangelt. Bei diesen kleinen Modellen bin ich allerdings (noch) skeptisch.
Ein kleinerer Haken hat zudem noch den Vorteil, dass er deutlich leichter ist als ein großer Greifer. so ist das Risiko nicht so groß, dass ein erfahrener Kapitaler Verdacht schöpft. Wenn der Karpfen beim Einsaugen des Hakenköders misstrauisch wird, kann es sein, dass der große Haken nicht richtig im Fischmaul greift und dann passiert das, was sich kein Angler wünscht: Der Haken schlitzt im Drill aus.
Das nächste Detail, auf das ich genauer eingehen möchte, ist das Hakenöhr. Häufig wird das Öhr darauf reduziert, dass es lediglich zur Befestigung des Vorfachs dienen würde. Sicher ist das auch nicht unwichtig. Und dafür sollte man den ersten genauen Blick aufs Hakenöhr werfen. Bei einigen Haken ist das Öhr nicht komplett geschlossen. Dann befindet sich eine kleine Lücke zwischen Schenkel und Öhr. Solch einen Haken würde ich auf keinen Fall verwenden, denn an dieser Lücke könnte sich eine scharfe Kante befinden, die das Haar und das Vorfach beschädigt. Im Extremfall könnte im Drill, wenn starke Kräfte auf das Vorfach wirken, das Material durchscheuern. Also greift man, um auf Nummer sicher zu gehen, zu einem Haken mit komplett geschlossenem Öhr.
Nach innen, außen oder gerade
Der zweite Blick gilt der Stellung des Hakenöhrs. Es gibt drei Varianten: nach innen gebogen, nach außen gebogen und gerade. Ein Haken mit nach innen gebogenem Öhr fördert die aggressive Stellung des Greifers beim Biss. Der Fisch wird schnell und zuverlässig gehakt. Ein Haken mit extrem nach innen gebogenem Öhr hat allerdings den Nachteil, dass er im Drill „arbeitet“. Dadurch kann eine große Wunde im Fischmaul erzeugt werden und der Haken könnte darüber hinaus ausschlitzen.
Bei einem nach außen gebogenen Öhr scheiden sich die Geister: Häufig wird angeführt, dass die Kraftübertragung auf die Hakenspitze nicht optimal sei und der Zug auf die Hakenspitze im Drill nachteilig wirken würde. Auf der anderen Seite sind Haken mit nach außen gebogenem Öhr wie der Choddy von Korda bei der Verwendung des modernen Chod-Rigs äußerst beliebt und erfolgreich. Wichtig zu erwähnen ist, dass das Chod-Rig mit kurzen Vorfächern und Pop-Ups gefischt wird. Das nach außen zeigende Öhr scheint bei der Präsentation eines schwimmenden Köders sehr gut zu wirken. Wer also häufig mit schwimmenden Boilies angelt, sollte sein Glück einmal mit Haken versuchen, die mit einem nach außen zeigenden Hakenöhr ausgerüstet sind.
Eine gute Allroundlösung ist das gerade Öhr. Die Kraft wird gut auf den Haken übertragen und im Drill arbeitet er nicht allzu stark, sodass das Risiko des Ausschlitzens recht klein ist.
Unterhalb des Hakenöhrs befindet sich der Schenkel. Es gibt Modelle mit langem oder kurzem Schenkel. Bei einem langschenkligen Haken ist meiner Meinung nach ein deutlich besserer Hakeffekt zu erzielen als mit einem kurzschenkligen Haken. Die langschenkligen Modelle gibt es in zwei Varianten: mit geradem oder gebogenem Schenkel. Bei einem leicht gebogenen Schenkel wirkt die Kraft besser auf die Hakenspitze, was beim Biss und auch im Drill Vorteile bietet. Gegenüber einem kurzschenkligen Haken hat der langschenklige Greifer den Nachteil, dass er deutlich voluminöser und damit höchstwahrscheinlich auch schwerer ist. Also Vorsicht mit langschenkligen Haken an stark befischten Gewässern mit vorsichtigen Karpfen.
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Den Bogen raus
Der Hakenbogen kann weit oder schmal ausfallen. Verwendet man einen Haken mit weitem Bogen, wird viel Fleisch gegriffen, wenn der Karpfen den Köder eingesaugt und sich selbst gehakt hat. Beim für Karpfen typischen dicken, wulstigen Maul, ist das ein Vorteil. Der Nachteil ist, dass aufgrund des weiten Hakenbogens Kraft verloren geht. Ich achte beim Hakenbogen auf einen gesunden Mittelweg zwischen weitem und schmalem Hakenbogen.
Bei der Hakenspitze gibt es die schon beim Öhr beschriebenen Varianten. Die nach außen zeigende Spitze ist komplett aus der Mode gekommen, in den Angelgeschäften findet man meist Haken mit geraden oder nach innen gebogenen Spitzen. Leicht gebogene Hakenspitzen sind aggressiver und können etwas besser im Karpfenmaul greifen als gerade Spitzen.
Meine Erfahrungen haben allerdings keine großen Unterschiede zwischen geraden und leicht gebogenen Hakenspitzen gezeigt. Eine extreme Variante der nach innen gebogenen Hakenspitze ist der sogenannte Circle Hook. Dieser Haken wird meist von Meeresanglern eingesetzt. Es wird angeführt, dass bei diesem Haken kein Anhieb erforderlich sei, weil er sozusagen von selbst im Fischmaul greift. Dieser Hakentyp wäre also eigentlich auch ideal fürs Karpfenangeln, wo vorwiegend Selbsthakmontagen eingesetzt werden. Vielleicht sollte man diesen Haken- bzw. Spitzetyp auch einmal intensiv beim Karpfenangeln einsetzen.
Eine noch recht neue Entwicklung ist die Beschichtung (Coating) von Haken. Das Coating hat zwei Effekte: Zum einen fördert die durch die Beschichtung erzeugte glatte Oberfläche das Eindringen des Hakens ins Fischmaul. Zum anderen verhindert das Coating die Reflektion von Sonnenlicht, das bei ausgebufften Karpfen Misstrauen erwecken könnte. An schwierigen Gewässern sind beschichtete Haken auf jeden Fall einen Versuch wert.
Achten Sie bei der Hakenwahl also nicht nur auf seine Schärfe, sondern auch die anderen wichtigen Eigenschaften des Hakens. Zusammen bilden sie eine Einheit für den Fangerfolg.
Dieser Artikel erschien zuerst in Blinker 04/2014. Hier geht es zur aktuellen Ausgabe!