Kleine Wasserkraft – Etikettenschwindel oder umweltfreundlich?

Für alle Angler und Naturschützer sind sie der blanke Horror – in der breiten Öffentlichkeit gelten sie als ein Paradebeispiel der nachhaltigen Energiegewinnung. Die Rede ist von sogenannten kleinen Wasserkraftwerken. Durch die Fließkraft des Wassers wird Strom für Privathaushalte produziert. Aber um welchen Preis?

Deutschlands Flüsse sind in weiten Teilen von hoffnungslos veralteten Anlagen der kleinen Wasserkraft durchzogen. Die heimischen Fischbestände haben das Nachsehen. Foto: DAFV, Olaf Lindner

Bild: DAFV, Olaf Lindner

Deutschlands Flüsse sind in weiten Teilen von hoffnungslos veralteten Anlagen der kleinen Wasserkraft durchzogen. Die heimischen Fischbestände haben das Nachsehen.

Die Politik hat auf Bundesebene im Zuge des sogenannten Osterpakets grünes Licht für für viele Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien gegeben. Für Wissenschaft und Naturschutz ist dieses Paket in vielen Bereichen sinnvoll – in anderen Bereichen eine mittelschwere Katastrophe. Zum Beispiel, wenn es um die kleine Wasserkraft geht. Die nach außen hin als umweltfreundlich verkaufte Methode der Stromerzeugung durch die Widerstandskraft des Wassers birgt diverse Gefahren. Der DAFV veröffentlichte am Donnerstag eine Stellungnahme zum neuen Gesetz für Erneuerbare Energien (kurz EEG) und machte erneut auf die Schattenseiten der kleinen Wasserkraftwerke aufmerksam.

„Saubere Energie“ – aber um welchen Preis?

Das große Problem: Anlagen, so klein sie auch sein mögen, bekommen weiterhin Geld vom Staat. So genannte Einspeisevergütungen sorgen dafür, dass vor allem für viele Privathaushalte die Idee eines eigenen Wasserkraftwerkes lukrativ erscheint. Dass sogar bei den kleinsten Einschneidungen in die Gewässerhabitate ein enormer ökologischer Schaden angerichtet wird, findet in der öffentlichen Diskussion kaum Gehör – nach außen wird sogar von nachhaltiger Energiegewinnung gesprochen. Der DAFV (Deutscher Angelfischerverband e.V.) schreibt dazu: „Gewässer werden zerschnitten und unpassierbar für Fische und andere aquatische Lebewesen. Damit werden auch noch die kleinsten, schönsten, naturnächsten frei-fließenden Bäche zu lukrativen Geschäftszielen.“

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Schaden der kleinen Wasserkraft ist immens

Argumentiert wird hierbei seitens der Politik mit einem Verweis auf ein „überragendes öffentliches Interesse“. Das Sonderbare: Dieses Interesse soll auch für Mikroanlagen gelten, die Strom durch Wasserkraft für maximal 1-2 Haushalte produzieren. Dadurch würden Umweltauflagen umgangen und ausgehebelt, so der DAFV. Vom Verband wird vor allem kritisiert, dass die Stromproduktion in keinem Verhältnis zu dem Schaden steht, der verursacht wird.

Doch welcher Schaden wird denn eigentlich verursacht? Laut spektrum.de sind die kleinen Wasserkraftanlagen vor allem schädlich, da Fische direkt geschädigt und ihr Lebensraum nachhaltig verändert wird: „Naturschützer warnen vor gehäckselten Fischen und versperrten Routen für Wassertiere, vor sich stauenden Sedimenten und einer miserablen Umweltbilanz, wenn die Wassermenge – und damit die erzeugte Strommenge – weiter abnimmt. Es ist ein Konflikt, der nicht nur in Gröningen schwelt, sondern auch an anderen Orten in Deutschland. Salopp gesagt steht dabei Öko gegen Öko, oder präziser formuliert: Der politische Wunsch nach nachhaltiger Stromproduktion trifft auf die Bedenken von Biologen und Umweltschützern.“

Osterpaket könnte für Boom bei Kleinwasserkraft sorgen

Angesichts stetig steigender Preise scheint eine Investition in ein solches Kleinwasserkraftwerk verlockend. Wer ein Grundstück mit Fließgewässer besitzt, der befasst sich früher oder später mit dem Gedanken, aus der natürlichen Kraft des Wassers Energie für den eigenen Haushalt zu ziehen. Eigentlich sollte die Kleinwasserkraft nicht mehr gefördert werden – durch das kürzlich veröffentlichte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) fand nun ein Sinneswandel auf Bundesebene statt, der wohl einige Privathaushalte in Deutschland zur Investition in ein solches Kraftwerk verleiten könnte.

Dazu kommen die zahlreichen veralteten und bereits existierenden Kraftwerke, die nun weiterhin subventioniert, bzw. gefördert werden. Aus ökologischer Sicht ein Desaster für viele Gewässer – findet nicht nur der DAFV. Auch große Umweltschutzorganisationen wie WWF oder ein Zusammenschluss aus 65 Fachwissenschaftlern befürworten zwar die Energiewende als solche, warnen aber deutlich vor den Folgen der Kleinwasserkraft. Die Energiewende dürfe nicht auf Kosten der aquatischen Biodiversität stattfinden.

Kritiker behaupten, dass mit den (ineffizienten) Kleinwasserkraftwerken Green Washing betrieben wird. Es würde der Eindruck erweckt, es handele sich um eine nachhaltige, grüne Methode der Energiegewinnung, die ohne weitreichende Folgen für Natur und Umwelt bleibt. Dass der Lebensraum zahlreicher Wasserbewohner zerstört oder aus der Balance gebracht wird, spielt – wenn überhaupt – nur eine Nebenrolle in der öffentlichen Debatte. Durch das neu angepasste EEG bleiben die Mahnungen von Wissenschaft und Verbänden jedoch weiterhin ungehört.

Quellen: DAFV, WWF, spektrum.de, IGB Berlin


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