Steinbutt angeln auf Sylt: Fängt Horst den Plattfisch-König?

Der Steinbutt: Groß, geheimnisvoll und unergründet. Mag man denken! Doch auf Sylt lässt sich der Steinbutt vom Ufer aus fangen! Ein Erfahrungsbericht von Waldemar Krause.

Der Steinbutt ist der größte Plattfisch, den man in deutschen Gewässern fangen kann. Doch kaum jemand versucht es gezielt! Für Blinker-Fotograf Waldemar Krause ging es nach Sylt, um dort auf vom Ufer aus auf Steinbutt zu angeln. Mit dabei: Angel-Legende Horst Hennings (bekannt aus „Rute raus, der Spaß beginnt!“), Alexander Seggelke und Karl Dettmar vom Deutschen Angelfischerverband (DAFV) sowie Johannes Radtke vom Landessportfischerverband Schleswig-Holstein (LSFV-SH). Sie probierten es mit mehreren Methoden – und erlebten eine fantastische Angelei!

Fängt man Plattfische nicht nur in der Ostsee?

Als gebürtiger Schleswig-Holsteiner – genau genommen stamme ich aus ­Dithmarschen an der Nordsee – war es für mich von jeher klar: Wenn ich Plattfisch, Dorsch und Konsorten fangen möchte, muss ich die Landesseite von West nach Ost wechseln und meine Köder in die Küsten­gewässer der Ostsee werfen. Meine heimische Nordsee ist leider zum Angeln vom Ufer aus nur sehr mäßig bis gar nicht geeignet.

Mein anglerisches Bild über die Nordsee bekommt allerdings die ersten Risse, als mir Brandungsweltmeister Fabian Frenzel von herausragenden Fängen in der schleswig-holsteinischen Nordsee erzählte: „Du musst nur das Festland hinter Dir lassen und auf eine der Nordseeinseln fahren, die von tieferem Wasser umgeben sind. Da kannst Du Sternstunden erleben!“ Okay, meine Neugierde ist natürlich sofort entfacht. Ich bin kein Brandungsangelspezialist und brauche einen Kontakt zu einem Meeresangler, um Fabians steile These zu überprüfen.

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In der Blinker-Redaktion fällt sofort der Name „Karl Dettmar“, als ich nachfrage. Karl Dettmar ist Referent fürs Meeres­angeln beim Deutschen Angelfischerverband (DAFV) und hat schon des Öfteren mit Rat und Tat für redaktionelle Beiträge zur Seite gestanden. Ich klemme mich kurzerhand ans Telefon und vereinbare einen Termin mit Karl. „Du hast Glück!“, sagt er. „Ich treffe mich sowieso demnächst mit ­Alexander Seggelke, Geschäftsführer des DAFV, und Horst Hennings auf Sylt zum Angeln. Schließe dich doch uns einfach an.“ In ­unserem Telefonat erwähnte Karl außerdem, dass es jetzt – Mitte April 2022 – ein richtig guter Zeitpunkt ist, um in der Brandung zu angeln.

Der Steinbutt kommt von April bis Mai nach Sylt

Jedes Jahr kommt der mit Abstand größte (und viele Kenner behaupten auch schmackhafteste) Plattfisch ­unserer ­Küsten nah genug an den Strand, um auch mit der Angel gefangen werden zu können. Von April bis Ende Mai sind die Fische im Flachwasser anwesend, um sich im späteren Jahresverlauf in tiefere, kältere Wasserschichten zurückzuziehen. Einen Steinbutt auf Sylt zu fangen, das wäre tatsächlich eine Sternstunde! Nur einige Tage später verlasse ich auf dem Autozug über den Hindenburgdamm das Festland und befinde mich auf dem direkten Weg zur größten deutschen Nordseeinsel: Sylt. Dann treffe ich Karl auf einem Parkplatz unweit des ­bekannten Restaurants „Sansibar“. Unser Ziel ist ein Strandabschnitt auf der Westseite der Insel. Hier liegen die tieferen, zum Angeln interessanten Bereiche. Die flache Ostseite Sylts liegt schon im Wattenmeer und fällt bei Niedrigwasser trocken. Sie interessiert uns anglerisch also nicht. Wir bleiben an der Westküste.

Die tieferen, ausgespülten Pools an manchen Strandabschnitten Sylts sind Top-Spots. Bild: Google Earth

Bild: Google Earth

Die tieferen, ausgespülten Pools an manchen Strandabschnitten Sylts sind Top-Spots.

Schnell haben wir die Dünenlandschaft überwunden, das Gelände öffnet sich plötzlich und unsere Blicke finden die offene See und die vorgelagerten riesigen Sandstrände. Ich bin schon seit ­Ewigkeiten nicht mehr hier gewesen und habe ganz vergessen, wie überwältigend schön es hier ist! „Das sieht doch gut aus. Da müsste doch was gehen!“, sagt Karl. Ich bin gespannt. Im Moment haben wir Ebbe und können von unserem erhöhten Standpunkt aus gut die dunklen tiefen Lunken und Senken erkennen. Genau in diesen Bereichen vermutet Karl die Fische und hier werden wir bei auflaufendem Wasser mit unseren Ködern angreifen.

Besondere Angel-Ausrüstung ist nicht nötig

Das Angelequipment, das Karl an den Strand stellt, ist schon beeindruckend. Edle Ruten, hochwertige Multirollen, ­massive Brandungsständer: alles vom Feinsten. „Keine Sorge,“ sagt Karl, als er meinen kritischen Blick wahrnimmt, „das ist mein spezielles Angelequipment, mit dem ich rund um die Erde an Wettbewerben teilnehme. Wie ich schon sagte, die Steinbutts stehen flach, da brauchen wir nicht weit zu werfen. Es geht auch mit ganz normalem, günstigem Gerät.“

Karl Dettmar ist Brandungsprofi, doch auch er sagt: Spezielles Geschirr ist auf Sylt nicht notwendig. Man angelt direkt vor den Füßen in 1 m flachem Wasser. Foto: Waldemar Krause

Bild: Waldemar Krause

Karl Dettmar ist Brandungsprofi, doch auch er sagt: Spezielles Geschirr ist auf Sylt nicht notwendig. Man angelt direkt vor den Füßen in 1 m flachem Wasser.

Und er hat recht. Als Karl den ersten Köder mit der Rute ausbringt, denke ich bei mir: „Okay, den hätte ich dort auch ohne Angel zu Fuß ausbringen können.“ Der Wurf des Köders endet nur knapp hinter der Brandungskante im Spülsaum in etwa 80 cm flachem Wasser, und auch der zweite Köder wird mit ca. 40 m nicht weit hinaus in die Fluten befördert. „Karpfenruten, Spinnrute, egal. Alles was ein Wurfgewicht von ungefähr 60 g bewältigen kann, ist für diese Angelei auf Steinbutt geeignet. Ob Monofile oder Geflechtschnur eingesetzt wird, ist Geschmackssache. Viel wichtiger ist die Auswahl der Köder. Fischfetzen fangen!“, so meint Karl.

Das richtige Gerät zum Angeln auf Steinbutt

Spinnangeln:

  • Spinnrute mit 3 m, WG 60 g
  • geflochtene Hauptschnur 0,16 mm
  • 1 m Schlagschnur Fluorocarbon 0,40 mm
  • Meerforellenblinker 20 bis 50 g
  • stabiler Einzelhaken Gr. 1 bis 2/0

Brandungsangeln:

  • Brandungs- oder Karpfenrute mit ca. 120 g WG
  • geflochtene (0,20 mm) oder monofile (0,40 mm) Hauptschnur
  • 3 bis 6 m Schlagschnur Monofil 0,60 mm
  • fertiges Brandungsvorfach mit Einzelhaken Gr. 1 bis 2/0
  • Karpfenblei 60 bis 100 g

Horst Hennings versucht es mit der Spinnrute

Und da taucht auch schon das Team um Horst Hennings und Alexander ­Segelke am Strand auf. Nach kurzer Begrüßung erklärt mir Horst seinen Plan für die nächsten Stunden: „Ich will unbedingt mit der Spinnrute einen Steinbutt fangen, das ist ja wohl klar. Dafür habe ich eine 60 g Rute mit einer soliden Stationärrolle und geflochtener Schnur gewählt. Meine ­Montage besteht aus einem um die 30 g schweren Meerforellenblinker als Wurfgewicht, aber ohne Haken. Dahinter folgt ein 30 bis 60 cm langes Fluorocarbonvorfach, an welchem der eigentliche Köder am Einzelhaken hängt: Ein Fischfetzen! Dieser kann aus Hering, Makrele oder Hornhecht geschnitten werden. Wichtig ist, dass man ihn auf einen stabilen, sehr langschenkligen Einzelhaken aufsticht und dann unbedingt mit Bait Elastic ­sichert.“ Fischfetzen werden also beim Brandungs- und Spinnangeln genutzt.

Der beste Köder für Steinbutt: Fischfetzen, hier Makrele. Sie muss nach dem Aufstechen noch unbedingt mit Bait Elastic gesichert werden. Foto: Waldemar Krause

Bild: Waldemar Krause

Der beste Köder für Steinbutt: Fischfetzen, hier Makrele. Sie muss nach dem Aufstechen noch unbedingt mit Bait Elastic gesichert werden.

Er fährt fort: „Bei auflaufendem Wasser werfe ich meine Montage möglichst ­parallel zur Brandungskante. Den Blinker lasse ich immer wieder für ein paar ­Sekunden auf dem Grund liegen. Jetzt kann der Butt die Witterung zu dem Fischfetzen aufnehmen und ihn bestenfalls attackieren. Wenn nicht, löse ich die Montage vom Grund und bewege den Blinker etwa 1 m weiter auf mich zu.“

Ebenfalls ein guter Köder, besonders zum Brandungsangeln: Einsiedlerkrebse. Foto: Waldemar Krause

Bild: Waldemar Krause

Ebenfalls ein guter Köder, besonders zum Brandungsangeln: Einsiedlerkrebse.

Nicht nur Steinbutt, sondern auch Wolfsbarsch kann man vor Sylt fangen

Die Montage von Alexander Seggelke unterscheidet sich in einem kleinen Detail von der von Horst. Er hat zwischen ­Blinker und Fischfetzen noch einen kleinen Beifänger in Form eines ­Gummifisches am Seitenarm montiert. Denn ab 10 Grad Wassertemperatur können neben dem Steinbutt auch Wolfsbarsche an der Küste von Sylt auftauchen. Darauf spekuliert Alexander natürlich! Der Trupp Spinnangler verteilt sich rasch links und rechts von unserem Angelplatz und beginnt fleißig mit der ­Suche nach dem Steinbutt, dem Plattfisch-König von Sylt.

Horst hat gut Lachen: Der Fischfetzen hat’s gerichtet! Foto: Waldemar Krause

Bild: Waldemar Krause

Horst hat gut Lachen: Der Fischfetzen hat’s gerichtet!

Vielleicht ist eine halbe Stunde vergangen, als Karl und mich der Ruf „Fisch, Fisch“ erreicht. Wir sehen vielleicht 100 m von uns entfernt Horst mit krummer Rute in der Brandung stehen. Die Gegenwehr ist erheblich und ein guter Fang ­zeichnet sich ab. Als ich Horst erreiche, ist der Fisch schon gelandet. Es ist tatsächlich der König! Ein beeindruckender Steinbutt. Auch ein erfahrender Angler wie Horst Hennings strahlt nun wie ein kleiner ­Junge, der soeben seinen ersten Fisch gefangen hat. Herrlich! Ein Traum ist gerade in Erfüllung gegangen.

Fischfetzen fangen selektiver als Wattwürmer

Aber nicht nur mit der Spinnrute wird gefangen. Auch Karl kurbelt einen weiteren Steinbutt ans Land. Nur ist dieser zu klein und wird umgehend ins Wasser zurück gesetzt, denn 30 cm beträgt das Mindestmaß für diese Fischart. „In der Nordsee gibt es nicht nur Steinbutt, sondern auch Klieschen und Flundern. Wenn ich jetzt auf Wattwurm umstselle, so könnte ich mich vor ihnen nicht mehr retten. Der hier vorherrschende Sandgrund ist perfekt für sie. Aber weil wir Steinbutt fangen wollen, halte ich an meinem Fischköder fest. Er ist etwas selektiver“, erfahre ich von Karl.

Trotzdem gelingt es der einen oder anderen Flunder den (für sie viel zu großen) Fetzenköder irgendwie in ihr kleines Maul zu bekommen. Vergleiche ich die riesige Futterluke von Horsts Steinbutt mit den Mäulern anderer Plattfische, ist mir klar, dass sie nicht in der selben Liga spielen. Aber mir wird auch klar, wie ausgezeichnet der Plattfischbestand (auch an Steinbutt) rund um Sylt ist – und wie relativ einfach zu beangeln. Hätte ich das schon früher gewusst, als ich noch an der Nordsee lebte …

Wo bekomme ich den Urlauber-Angelschein auf Sylt?

Für Urlauber gibt es in Schleswig-Holstein die Möglichkeit, einen Urlauber-Fischereischein zu kaufen. Damit ist Angeln in Schleswig Holstein ohne einen Jahresschein für 28 Tage erlaubt.

Diesen Schein kann man online oder in den Ordnungsämtern erwerben. Er kostet 20 Euro, eine Verlängerung kostet 10 Euro.

Vor Ort: Angelscheine für Küstengewässer • Gemeinde Sylt • Bahnweg 20-22 • 25980 Westerland • Tel. 04651/8510

 


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