Die Stör ist ein 87 km langer Nebenfluss der Elbe, der durch Schleswig-Holstein fließt. Auf ihrem Weg passiert sie auch den Ort Lägerdorf, wo das Zementwerk Holcim Kreide fördert. Das bei diesem Prozess anfallende Salzwasser soll über eine neue Pipeline in die Stör abgeleitet werden. Schätzungen zufolge werden so jährlich 8.000 Tonnen Salz in das Gewässer gelangen. Naturschützer befürchten, dass es in der Stör demnächst vermehrt zu Fischsterben kommen wird.
Naturschützer befürchten Fischsterben in der Stör
Die Bürgerinitiative BIAB (Bürgerinitiative zur Verhinderung gesundheitsgefährdender Abfallbeseitigung und Verhinderung aller umweltschädlichen Beeinträchtigungen) hat beim zuständigen Verwaltungsgericht Klage eingereicht. Ziel ist es nicht, den Abbau von Kreide vollständig zu verhindern. Stattdessen wollen die Bürger erreichen, dass die Salzmenge auf ein erträgliches Maß verringert wird.
Bei dem eingeleiteten Abwasser handelt es sich um Grubenwasser, das durch den Tagebau an die Oberfläche gefördert wird. Je tiefer Holcim dabei vordringt, desto salzhaltiger wird das Wasser.
Um die neue Pipeline zur Stör zu bauen, brauchte Holcim keine neue Erlaubnis. Es genügte, einen Änderungsantrag für die bestehende Regelung einzureichen, die seit 1999 gilt. Das Zementwerk selbst begründet den Bau als Umweltmaßnahme, um den Breitenburger Kanal zu entlasten. Die ermittelten 8.000 Tonnen Salz, die jährlich auf diesem Weg in die Stör gelangen, hält Werksleiter Torsten Krohn für vernachlässigbar. Statt der Gesamtmenge sei es wichtiger, die Konzentration von Salz im Wasser zu betrachten. Diese werde maximal 176 Milligramm pro Liter erreichen – der Grenzwert liegt bei 200 Milligramm. „Der Salzgehalt in der Stör wird nur minimal erhöht und das auch nur auf einer sehr kurzen Strecke“, sagte er im Gespräch mit dem NDR.
Vertreter der BIAB halten dagegen, dass es trotzdem zu einer Verschlechterung kommen wird. Das sei ein Verstoß gegen die Wasserrahmenrichtlinie. Diese schreibt vor, dass sich der Zustand eines Gewässers sich durch menschliches Zutun nicht verschlechtern darf.
Katastrophe an der Oder war ein „Warnruf“
Welche verheerenden Auswirkungen die Einleitung von großen Mengen Salz in ein Gewässer haben kann, war letztes Jahr in der Oder zu beobachten. Im Juli und August 2022 kam es dort zu einer massiven Blüte von Goldalgen, die ein für Fische tödliches Gift freisetzten. Als Grund dafür gilt die Einleitung von Salzen auf polnischer Seite der Oder.
Laut Jörn Gessner, Biologe am Leibniz-Institut für Gewässerökologie Berlin, dürfe sich ein solches Fischsterben nicht wiederholen. „Wir haben die Folgen von Salzfrachten in den Flüssen in den Jahren davor unterschätzt“, sagte er. Die Geschehnisse in der Oder nannte er einen „Warnruf“. Seitdem Holcim die Genehmigung im Jahr 1999 erhalten hat, habe sich die Umwelt stark verändert. Heutzutage seien heißere Sommer, niedrigere Wasserstände und die Präsenz invasiver Arten zu berücksichtigen. Es ist also durchaus denkbar, dass es durch diesen neuen Faktor zu einem Fischsterben in der Stör kommen kann.
Mit Blick auf die Zukunft wünscht sich Gessner ein Gutachten, dass auch die Einleitung von Salzen in den nächsten Jahren einbezieht. Durch die tieferen Arbeiten wird der Salzgehalt im Grubenwasser mit jedem Jahr steigen. Holcim wird bis zum Jahr 2038 Kreide in der Grube abbauen.
Das Umweltamt hatte dennoch keine Bedenken, dem Zementwerk die Änderung zu bewilligen. Die Klage liegt derzeit beim Verwaltungsgericht in Schleswig.
Quelle: NDR
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