Es gibt Zeiten, in denen sich Räuber ausschließlich von Kleintieren ernähren, einfach, weil diese im Überfluss vorhanden sind. Wer dann keine Miniaturen am Wasser dabei hat und mit den üblichen Ködern angelt, bleibt häufig Schneider. André Pawlitzki berichtet von seinen Erfahrungen aus dem Miniatur-Wunderland.
Im Schatten einer Brücke kann ich sie sehen: Massen von nur wenigen Zentimeter langen Brutfischchen. Immer wieder blitzt eine silberblanke Flanke auf, wenn sich die Fischchen auf die Seite legen. Urplötzlich macht ein Schwall dem geruhsamen Treiben der Kleinen ein Ende. In Panik schießen die Brutfischchen auseinander. Nachdem sich das Wasser wieder beruhigt hat, treiben noch ein zwei Fischchen an der Oberfläche. Aber nicht mehr lange. In den folgenden Sekunden werden sie mit einem satten Schmatzgeräusch eingeschlürft. Barsche auf der Jagd! Schnell binde ich meine Dropshot-Montage. Das Fluorocarbon-Vorfach wähle ich so lang, dass sich mein Köder genau auf Höhe des Fischchenschwarms befindet. Doch mein 7 Zentimeter langer Köder bleibt unbeachtet. Nach einer halben Stunde ohne Biss will ich die Stelle wechseln. Kaum zehn Meter bin ich gegangen, als erneut ein Räuber in den Kleinfischschwarm einbricht. War es ein zu großer Köder oder meine Anwesenheit am Platz, die die Barsche von weiteren Raubzügen und auch von Bissen abgehalten hatte?
Eine Nummer feiner Das lässt sich leicht feststellen. Ich krame in meiner Köderbox und entdecke ganz unten einen kleinen Baby-Shad von Jackson. Ein solcher Miniköder lässt sich auf einem 2er oder 4er Haken nur schwer so natürlich präsentieren, dass er bei den Räubern Gefallen findet. Also binde ich eine neue Montage, diesmal allerdings mit einem 10er Haken. Am Ende der Montage befindet sich ein rundes 2,5 Gramm schweres Dropshot-Blei. Wieder biete ich den Köder auf Höhe des Fischschwarmes an und brauche nicht lange zu warten. Schon beim zweiten Wurf packt ein Barsch zu und lässt sich sicher landen. Gut ein Pfund wird er haben. Es gibt also Zeiten, in denen sich auch größere Fische ausschließlich von Kleintieren ernähren. Warum sollte ein großer Barsch oder Zander Energie bei der Beutefischjagd verschwenden, wenn er sich aus einem Schwarm unerfahrener Kleinfische ein ganzes Maul füllen kann. Unter solchen Bedingungen sind Köder über 5 Zentimeter einfach zu groß. Flohkrebs-Forellen Ein anderes Beispiel: In manchen Bächen ernähren sich die Forellen zu bestimmten Zeiten fast ausschließlich von den massenhaft vorkommenden Bachflohkrebsen. Und weil sich die Fische auf diese Miniatur-Nahrung spezialisiert haben, fängt man nur mit einem entsprechend kleinen Köder. Meine Lieblingsköder in einer solchen Situation sind kleine Krebsimitationen, die Freshwater Shrimps von Cebbra. Die gibt es in unterschiedlichen Farben. Angeboten werden sie auf einem 10er oder 12er Häkchen an der Dropshot-Montage. Weil sich so kleine Öhrhaken mit einer dicken Schnur nicht mehr gut binden lassen, sollte das Fluorocarbon eine Stärke von 0,20 nicht übersteigen. Versuchen Sie es in Gewässern mit reichem Bachflohkrebs-Vorkommen statt mit braun-grauen Imitaten mit Ködern in den Farben Gelb oder Rot. Oft bringt dann die Neugier einen Fisch an den Haken, weil dieser einfach mal probieren möchte, wie ein Bachflohkrebs in einer ihm unbekannten Farbe schmeckt. Köderfische fangen Die Miniköder lassen sich noch für einen weiteren Zweck hervorragend einsetzen: zum Fang von kleineren Barschen als Köderfische. Hierzu binde ich bis zu drei Haken übereinander wie eine Hegene und montiere die Mikro-Köder. Sie gaukeln den gestreiften Räubern einen Brutfischschwarm vor. Ans Ende der Montage kommt ein Zocker. Der Zocker imitiert einen kleinen Barsch auf Beutejagd. Bei dieser Montage lassen sich die futterneidischen Stachelritter nicht lange bitten und stürzen sich auf die Mikro-Köder. Manchmal gibt es allerdings auch einen kräftigen Ruck in der Rute, wenn sich ein Hecht auf den Zocker gestürzt hat. Der sorgt dann am feinen Gerät für einen unvergesslichen Drill. Doch nicht nur im Frühsommer, sondern auch in den Wintermonaten lassen sich die Räuber mit Mikros verführen. Wenn die Nahrung schon naturbedingt knapp ist, sind sie sogar bereit, einen kleinen Nahrungsbrocken zu attackieren, um ihren Hunger zu stillen.