Überprüft: 10 Mythen über das Nachtangeln

Auf dem Prüfstand: BLINKER-Redakteur André Pawlitzki überprüft Mythen und stellt die gängigen Meinungen und vermeintlichen Weisheiten zum Nachtangeln klar.

Silhouette eines Anglers vor Abendrot

Bild: B. Wagner

Beim Nachtangeln geht die heißeste Phase in der Regel von Sonnenuntergang bis Mitternacht, und beginnt wieder etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang.

Diese zehn Mythen über das Nachtangeln sind weit verbreitet. Doch was ist wirklich dran?

Nachtangel-Mythos 1: „Es beißt die ganze Nacht!“

Viele Angler, die die ersten Male eine Nacht am Wasser verbringen, glauben, dass die Fische die ganze Nacht konstant beißen und die Beißphase erst mit der Morgendämmerung wieder aufhört. Die Realität sieht aber ein wenig anders aus.

Vielmehr sind die Abend- und Morgendämmerung die Zeiten, in denen man mit den meisten Bissen rechnen kann. Meist setzt etwa ab Mitternacht eine Beißflaute ein, die sich bis rund eine Stunde vor Sonnenaufgang hinzieht. Das gilt zumindest für den Aal und viele weitere Arten. Karpfen und große Brassen hingegen nehmen auch mal einen Boilie mitten in der Nachtstille, in der andere Arten nicht fressen.

„Man braucht eine Lampe, um zu sehen!“

Nicht falsch verstehen, eine Taschenlampe gehört zu den notwendigen Utensilien, die man beim Nachtangeln auf keinen Fall vergessen sollte. Das Licht zum Binden einer Montage einzusetzen ist dabei aber eine Sache – die Stirnlampe ständig beim Angeln eingeschaltet zu lassen, jedoch eine andere. Idealerweise findet man sich noch im Hellen am Angelplatz ein, sodass die meisten Tätigkeiten und das Ausbringen der Ruten noch im Tageslicht stattfinden können. So kann man sich außerdem langsam an das schwindende Licht gewöhnen.

Nachtangeln: Aufbauen in der Dämmerung

Bild: W. Krause

In stockdunkler Nacht aufbauen? Keine gute Idee – den Angelplatz bereits in der Dämmerung einsehen zu können, bewahrt vor bösen Überraschungen.

In sternklaren Nächten in den Sommermonaten kann man dann sogar oft eine ganze Nacht angeln, ohne die Taschenlampe im Gebrauch zu haben, weil dann die Nachtsicht nach einer Eingewöhnungsphase richtig gut ist. Bis die Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, kann es schon mal eine halbe Stunde dauern. Will man dann doch mal z.B. einen Knoten binden, empfiehlt sich der Einsatz von Rotlicht. Darauf reagiert unser Auge nicht so empfindlich, dennoch ist es ausreichend hell.

„Tauwürmer findet man immer!“ – stimmt der Nachtangel-Mythos?

Der Tauwurm ist einer der besten Köder beim Nachtangeln. Und man kann ihn selber sammeln, wenn man ihn nicht im Angelladen kaufen will. Allerdings funktioniert das nicht jeden Tag. Vor allem in trockenen, ausgedörrten Böden nach einer langen Trockenzeit wird sich kein Tauwurm blicken lassen. Sind dagegen Rasen und Humusbeete von einem Landregen gut durchfeuchtet – Regenwetter ist Wurmwetter – kommen die Würmer mit ihrem Vorderteil an die Oberfläche.

Ihr Schwanz hingegen verbleibt oft im Wurmgang. Bei Erschütterungen durch Schritte, oder wenn man die Würmer mit zu hellem Licht anleuchtet, ziehen sich die Tauwürmer blitzschnell wieder in ihren Gang zurück und wir Angler haben das Nachsehen. Um die Würmer nicht durch zu helles Licht zu erschrecken, braucht man – Sie erraten es schon – eine Kopflampe mit Rotlicht.

Kleiner Tipp: Hat man keine, kann man rotes Pergamentpapier vor eine normale Taschenlampe kleben.

„Knicklichtposen können nicht hell genug sein!“

Knicklichter oder Elektroposen sind eine tolle Erfindung. Sie sind in der Nacht weit zu sehen. Vor allem die hellen, gelben oder grünen Knicklichter haben eine enorme Strahlkraft. In Gewässern mit einer Wassertiefe von über 2 m erfüllen diese bestens ihren Zweck. Ist das Wasser hingegen nur zwischen 50 cm und 1 m tief, kann es sein, dass sich die Fische von dem Leuchtobjekt gestört fühlen. Sie schieben dann die Pose häufig hin und her, ohne den Köder richtig zu nehmen.

Der Autor mit Knicklichtern in der Hand

Bild: W. Krause

Wenn neongelbe oder neongrüne Knicklichter zu hell sind, sorgen blaue (und rote) für eine dezentere Bissanzeige.

Diese Erfahrung machte ich schon öfter beim Schleienangeln. Im Flachwasser greife ich daher gerne zu dezent leuchtenden Knicklichtern in den Farben Rot oder Blau, diese stören die Fische nicht bei der Köderaufnahme.

Nachtangel-Mythos Nummer 5: „Aale beißen nur nachts!“

Für die meisten Angler bedeutet Aalangeln gleich Nachtangeln. Ist die Abenddämmerung so weit fortgeschritten, dass man die Pose ohne Knicklicht nicht mehr sieht, braucht man in guten Aalgewässern meist nicht lange auf einen Biss zu warten. Nicht selten fängt man nun die Aale direkt unter der Rutenspitze.

Doch Aale beißen beileibe nicht nur nachts. Vor allem nach mehrtägigen Regenfällen ist das Wasser im Fluss oder See so stark angetrübt, dass die Aale die Deckung der Trübung nutzen, um auf Nahrungssuche zu gehen. An solchen Tagen lassen sich auch tagsüber tolle Aalfänge machen. Doch bitte denken Sie daran, dass der Aal eine bedrohte Fischart ist und entnehmen Sie die Fische bitte maßvoll.

Aal wird am Tag gefangen

Bild: H. Jagusch

Bei kräftigem Hochwasser mit einer starken Trübung beißen die Aale auch am Tag.

„Im Drill darf man aufs Wasser leuchten!“

Manche Angler können so lange auf Lichtquellen verzichten, bis Sie einen großen Fisch an der Leine haben. Dann jedoch missachten sie jede Vorsicht und leuchten mit ihrer grellen Kopflampe achtlos aufs Wasser, um den Fisch in den Kescher zu bugsieren. Damit sorgen sie aber bei anderen Fischen für einen Fluchtreflex und bringen sich zusätzlich um den Fang weiterer Fische, weil grelles Licht einen Scheucheffekt hat.

Clevere Angler, die auch nach dem ersten Fang auf weitere Fänge hoffen, leuchten auch jetzt nicht aufs Wasser, sondern präparieren den Rand ihres Keschers mit drei Knicklichtern. Zwei werden vorne fixiert, ein drittes vor dem Kescherstiel. Wenn Sie nun einen Fisch landen wollen, müssen Sie den Schuppenträger nur in das Knicklicht- Dreieck ziehen und den Kescher anheben. So werden die Artgenossen des gekescherten Fisches nicht gewarnt. Will man doch kurz die Lampe anschalten, um den Fisch z.B. vom Haken zu lösen oder zu versorgen, sollte Rotlicht zum Einsatz kommen.

„Bei Vollmond beißen die Fische schlecht!“ – unwahrer Nachtangel-Mythos?

Manche Angler meiden den Vollmond, weil er ihnen angeblich die guten Fänge zunichte macht. Doch andere freuen sich über das zusätzliche Licht und rücken gezielt den Meerforellen oder Zandern auf die Schuppen. Fliegenfischer verwenden rabenschwarze Oberflächenfliegen, um die Meerforellen zu fangen, Spinnangler verwenden dunkel gefärbte Blinker. Diese Köder heben sich gegen die vom Mondlicht beschienene Oberfläche deutlich ab und werden von den Salmoniden gut erkannt.

Auch Nachtangler, die es mit Wobblern auf Zander abgesehen haben, scheuen das Mondlicht nicht. Vielmehr können sie nun ihre flachlaufenden Wobbler zentimetergenau über den Steinschüttungen von Flüssen und Kanälen anbieten, denn die Zander kommen nachts vom Fuß der Steinpackung herauf ins flache Wasser, um hier im Mondschein Grundeln und andere Kleinfische zu jagen.

Fangbild eines Zanders mit Vollmond im Hintergrund

Bild: S. Laubert

Bei Vollmond beißen nicht alle Fische generell schlecht – besonders Zander- und Meerforellenangler können dann sogar wahre Sternstunden erleben.

„Im Sommer ist es auch nachts angenehm warm!“

Das ist ein Trugschluss! Selbst an Tagen mit über 20° C kann in Sommernächten die Temperatur schon mal auf unter 10° C fallen – vor allem bei stabilen Ostwindlagen. Und da kommt man mit einem T-Shirt und Flipflops nicht mehr zurecht, wenn man nicht total durchgefroren die Angelnacht beenden will.

Mein Kollege Rolf Schwarzer gab mir immer den Rat: „Fallen die Temperaturen unter 10°C, brauchst du unbedingt Winterkleidung beim Nachtangeln“. Denn nachts steigt am Wasser auch die Luftfeuchtigkeit und die Kälte dringt dann unangenehm in alle Glieder. Also werfen Sie vorher ruhig mal einen Blick auf die Temperaturvorhersagen und achten Sie auf ausreichend warme Kleidung, wenn Sie sich zum Nachtangeln begeben. Eine Lage ausziehen kann man im Zweifelsfall nämlich immer.

„Forellen am Forellensee beißen auch nachts!“

Dass Forellen auch nachts bzw. in der Abend- und Morgendämmerung beißen, ist wahr. Nicht umsonst ist das Nachtangeln mit Oberflächenködern auf Meerforellen eine gängige Praxis. Wo man aber keine großen Hoffnungen haben sollte, ist am Forellensee mit stationär angebotenen Ködern. Forellen sind Sichtjäger und beißen auf Oberflächenköder, weil sie sie erkennen, aber einen reglosen Klumpen Forellenteig eher nicht.

Man braucht nur das Internet zu bemühen, um zu erkennen, dass große Strecken in erster Linie tagsüber gefangen werden. Allerdings sind im Sommer viele Angler wegen der besetzten Exoten wie Afrowels und Stör am Wasser, die von vielen Forellensee-Betreibern als Nachtangelfische besetzt werden.

Forellenstrecke aus einem Forellensee

Bild: D. Schröder

Forellen im Forellensee lassen sich in den Dämmerungsphasen gut auf Naturköder fangen. Mitten in der Nacht bleiben ihre Mäuler aber geschlossen.

„Nachts muss man mit gröberem Geschirr angeln!“

An neuen Gewässern, die man nicht kennt, sollte man das Gerät ruhig ein wenig gröber wählen. Im Hausgewässer dagegen sollte man unbedingt auch nachts kein unnötig starkes Geschirr verwenden. Hier weiß man, wo die kritischen Hindernisse in Form von ins Wasser gefallenen Bäumen oder Seerosenfeldern zu finden sind und kann sich im Drill darauf einstellen. Denn auch wenn die Fische nachts die Montage nicht sehen, können sie immer noch das Vorfach spüren und klobiges Material fällt unangenehm auf bei der Köderaufnahme.


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