Aktiv mit der treibenden Kirsche im Sommer auf Döbel in der Strömung zu fischen – diese Angelei ist interessant, abwechslungsreich und verspricht gute Fische bei sehr geringem Aufwand. „Trotting“, wie es im Englischen genannt wird, ist auch eine Möglichkeit, die Natur zu erleben. Denn ich wate dabei mitten in der Strömung, bin beim Kirsch-Döbel-Fischen quasi mittendrin statt nur dabei.
Das bedeutet, dass ich die Pools, Rinnen oder Bacheinläufe kennen muss, wo ich meine Kirsche serviere, jedoch nie zu 100 Prozent sagen kann, wo ein kapitaler Fisch steht. Denn Döbel wechseln je nach Wasserstand ihre Standplätze – das macht die Sache spannend.
Kirschen sind im Sommer leicht zu besorgen und sie sind der Köder, der nahezu jeden Döbel schwach werden lässt. In der Mitte und im Süden Deutschlands gibt es viele Flüsse, die fürs Kirschen-Trotting ideal sind. Je nach Tageszeit und Wasserstand suche ich mir in der Kirschenzeit zwei bis drei verschiedene Spots am Fluss, denn nach einigen guten Fischen ist es aus mit dem Beißen. Der Grund: Döbel lernen schnell und merken, wenn sie beangelt werden. Auch, wenn ich ihnen ihren Lieblingsköder anbiete, eine saftige rote Kirsche, die am Flussboden zwischen Steinen und Sand entlangtreibt.
Sommerköder Kirsche: Das Equipment zum Servieren
Dafür habe ich mir extra nostalgisches englisches Friedfischgerät zugelegt: Eine Midtimer-Laufrolle (Centrepin) und eine Hardy-Grundrute aus Holz mit einem gespließten Spitzenteil. Obwohl das für Mitangler meist nicht besonders „hip“ aussieht, hat diese Kombi viele Vorteile. Die parabolische Rutenaktion lässt große Döbel schnell ermüden und zum anderen kann ich so mit feineren Schnüren fischen. Denn die Rute federt den Anhieb gut ab, sodass Schnurbruch auch bei 0,22er Mono kein Thema ist. Außerdem lässt sich mit der langen Rute die Kirsche immer wunderbar in die richtige Drift dirigieren.
Auch die Rolle hat was. Denn mit der Centrepin kann ich die Kirsche in der Strömung einfach mal „laufen lassen“. So lassen sich größere Areale im Fluss abfischen, ohne permanent auszuwerfen. Genial! Die Centrepin übt dabei auf die im Wasser treibende Montage und die Kirsche einen leichten Druck aus, sodass die rote Frucht langsam mit der Strömung abtreibt. Trotting funktioniert auch mit der Stationärrolle. Man muss nur die Laufgeschwindigkeit der Kirsche permanent mit den Fingern dosieren, damit diese etwas langsamer treibt als die Strömung.
Bissanzeiger beim Sommerköder Kirsche: Pilot oder Blei
Je nach Strömung und Wasserstand variiert meine Art des Bissanzeigers. Meistens nehme ich einen einfachen Piloten, da dieser besonders im Flachwasser sehr unauffällig ist und wenn ich merke, dass dieser in der Strömung stoppt und gegen die Strömung zieht, dann hat der Döbel bereits die Kirsche im Maul. Klassische Posen, passend zum Gerät, verwende ich gerne in tieferen, langsam fließenden Bereichen, in denen die Pose langsam abtreibt und die Spitze des Schwimmers auch den vorsichtigsten Biss anzeigt.
Die dritte Variante ist, ganz ohne Pose zu fischen. Das mache ich, wenn der Wasserstand etwas angestiegen ist oder ich vermute, dass die Döbel in tiefen Gumpen dicht am Flussboden stehen. Dann klemme ich einfach zwei bis drei Schrotbleie (2 bis 3 g) etwa 30 cm vor den Sommerköder Kirsche und die Bisserkennung erfolgt allein über Daumen und Zeigefinger, mit denen ich Schnur gebe, den Abtrieb verlangsame und natürlich auch den Biss spüre.
Standorte der Kirsch-Döbel
Wer zum ersten Mal treibend auf Döbel fischt, für den ist es oft alles andere als einfach, den richtigen Zeitpunkt für den Anschlag zu erkennen. Wichtig ist für mich der Kontakt zum Haken, oder besser gesagt zur Kirsche. Wenn ein kurzer Ruck mir den Biss des Döbels signalisiert, dann senke ich kurz die Rutenspitze, folge in Richtung Bissanzeiger oder Spaltblei und setze den Anhieb. Jedoch nicht heftig, sondern eher durch kurzes Anheben der Rutenspitze. Ist der Moment richtig gewählt, sitzt der Haken fast immer perfekt im Maulwinkel.
Döbel mögen Schlachthäuser
In seinem Buch „Search for Big Chub“ verriet der britische Döbel-Spezialist Tony Miles besondere Stellen in seinem englischen Döbelfluss, wo er besonders große Döbel fing: zum Beispiel vor den Einläufen von Schlachtbetrieben. Dort, wo sich die Fische mit allerlei Schlachtabfällen ohne großen Aufwand mästeten, waren kapitale Döbel meist nicht weit.
Strömung muss sein
Zwar gab es solche besonderen Futterstellen vor einigen Jahren ebenso an meinem Hausfluss, doch mittlerweile hat sich die Wasserqualität verbessert und die Döbel fängt man auch dort, wo ich es am liebsten mag, nämlich in der Strömung. Sie suchen sich Fischbrut oder auch mal einen ausgewachsenen Ukelei, Insekten oder die Brötchenreste aus der Entenfütterung in der Stadt. Wenn ich von Strömung schreibe, meine ich gleichmäßig strömende Abschnitte, nicht explizit flache, stark strömendende Rieselstrecken. Dort geht’s den Döbeln häufig etwas zu schnell, und sie sind im ganz flachen Wasser auch ungeschützt.
Tiefere Rinnen, am besten mit Buschwerk am Ufer, sind ideal. An Wehren sind es oft die Strömungskanten von Kehrströmungen. Die Strömung sorgt für ausreichend Sauerstoff und – wie angesprochen – stetigen Nahrungsfluss. Dabei hilft die Strömung auch uns Anglern, denn wenn unser Sommerköder Kirsche zügig am Döbel vorbeitreibt, muss er sich schnell entscheiden, ob er ihn nimmt oder nicht.
Kirsch-Döbel: Städter sind die dicksten
Besonders, wenn Döbel in Flüssen leben, die durch Städte oder Dörfer fließen, erreichen diese häufig gute Größen. Hier zu fischen, ist für mich seit Jahren ein besonderes Vergnügen, gerade am frühen Morgen, wenn noch keine Kanufahrer und Touristen unterwegs sind und die Menschen der Stadt noch schlafen. Gute Stellen sind zum Beispiel dort, wo Enten oder Schwäne gefüttert werden. Daher lohnt es sich, in Flusspassagen, die an Siedlungen liegen, den Sommerköder Kirsche auch einfach einige Minuten auf Grund zu legen. Wenn ein guter Döbel vor Ort ist, wird er sie schnell bemerken!
Auch große Brücken ziehen Döbel im Fluss magisch an, und das aus unterschiedlichen Gründen: Besonders bei leichtem Hochwasser werden müde Großdöbel auch im Sommer plötzlich aktiv. Bei höheren Wasserständen bieten besonders die Strömungsschatten von Brückenpfeilern eine Art Komfortzone zum Ausruhen, die Döbel stehen jetzt fast immer dort. Bekommen wir nach kräftigen Regenfällen im Sommer ein stärkeres Hochwasser, sollten wir unsere Aufmerksamkeit aufs Ufer richten. Das wird oft vergessen, doch je höher und trüber das Wasser, desto eher zieht es die Döbel wieder ans Ufer.
Bei Hochwasser ist der Grundkontakt der Kirsche enorm wichtig, daher klemme ich dann immer genügend Blei davor, damit unser Köder dort schwimmt, wo die Döbel sind. Das Wichtigste zum Schluss: Nach einem erfolgreichen Morgen, wenn die ersten Fische fotografiert sind, hole ich mir einen Kaffee und Kirschkuchen beim Bäcker in der Stadt. Denn nicht nur Döbel stehen drauf!