Hier geht es rund, im wahrsten Sinne des Wortes: Es ist dunkel, es ist laut und ein rundes Sieb, das an eine Waschmaschinentrommel erinnert, rotiert unablässig. Winzige Dendrobena fallen durch unzählige Löcher in eine Kiste, größere Würmer und Erdbrocken in eine andere.
Sieben mal sieben = Dendrobena
Seniorchef Andreas van Weelden fasst seine Arbeit so zusammen: „Wir sieben, wir sieben, dann sieben wir.“ Auf dem Firmenschild vor dem Betrieb steht „Wormenkwekerij“, zu Deutsch: Wurmfarm. Ein Aufkleber auf einem Köderautomaten verweist auf die „Feederfreunde D und NL“ – die Niederlande sind nur wenige Kilometer entfernt. Vor neun Jahren hat van Weelden den Betrieb in Kalkar aufgebaut, mittlerweile beliefert sein „Niederrheinischer Wurmhandel“ Stammkunden auf beiden Seiten der Grenze.
Mit den Temperaturen steigt auch die Wurmgröße
In van Weeldens Sortiment sind Maden, Caster, Pinkies und Tauwürmer zu finden, aber das Kerngeschäft ist die eigene Zucht der Rotwürmer (Dendrobena). Angelt er selbst? Bei dieser Frage schaltet sich der Junior-Chef in das Gespräch ein. „Natürlich, wir müssen ja die Qualität der Köder testen“, antwortet Lyon van Weelden augenzwinkernd. Der 29-Jährige befischt den Rhein, Vereinsgewässer auf der deutschen Seite und Gewässer direkt hinter der Grenze.
Wenn er angeln geht, dann „gerne auf Zander und im Sommer auf Aal für die Bratpfanne“. Die Ködergröße wählt Lyon van Weelden abhängig von der Jahreszeit. Im Frühjahr, wenn die Fische wieder Nahrung aufnehmen, könne ein Köder gar nicht klein genug sein, sagt der gelernte Agrarbetriebswirt. Wenn die Wassertemperaturen steigen und die Fische sich auf das Laichen vorbereiten würden, setzt er auf Köder mittlerer Größe. „Im Sommer dann gerne die ganz großen Dendros.“
Vier Schritte für die Dendrobena
Der Seniorchef unterteilt die Wurmzucht in vier Schritte.
- Schritt: die Eiablage. Würmer sind Zwitter, die „Muttertiere“ befruchten sich gegenseitig und legen ihre Eier ab, die dann wieder ausgesiebt und in Holzkisten gelagert werden.
- Schritt: das Schlüpfen der „Jungen“. Die Entwicklung ist abhängig von den Außentemperaturen, im Sommer vergehen zwischen 6 und 8 Wochen bis zum Schlüpfen, im Winter bis zu 16 Wochen.
- Schritt: die Entwicklung. Der Wurmnachwuchs wird mit einem Futterballen aus der Erde gelockt, kriecht in ihn und frisst. Das Wachstum der Würmer ist ebenfalls temperaturabhängig.
- Schritt: das Wachstum der Würmer bis zum ersten Sieben. Der Futterballen wird entnommen und kommt in eine Art Frühbeet. Immer wieder wird Aufzuchterde beigemischt. Vom ersten Schlüpfen bis zum Verkauf vergehen acht bis neun Wochen.
Für jede Situation die richtige Größe
Das Familienunternehmen van Weelden bietet auf seiner Homepage (im Netz unter niederrheinischer-wurmhandel.eu) drei Wurmgrößen an.
- S: 0,4 bis 0,8 g. „Die werden gerne von Stippern benutzt oder von Feederanglern als Hakenwurm“, sagt der Juniorchef.
- M: 0,8 bis 1 g. Für den Haken oder in kleine Stücke geschnitten für den Feederkorb. Lyon van Weelden: „Wenn die aus dem Korb fallen, machen sie kleine Bewegungen, die den Fisch anlocken.“
- XL: ab 1,2 g aufwärts als Hakenwurm. Mittlerweile würden Welsangler häufiger auf Dendrobena mit 1,5 g oder schwerer zurückgreifen. Warum? „Der Tauwurm ist teuer geworden“, verdeutlicht Andreas van Weelden.
Er verkauft große Rotwürmer für 22 Euro je Kilo: „Das ergibt pro Wurm einen Bruchteil des Preises, den ein Tauwurm kostet.“ Am besten gehe der Mix aus verschiedenen Wurmgrößen: „Dann hat der Angler alles, was er benötigt. Würmer für den Haken, Würmer für den Korb – damit ist er komplett ausgestattet.“
Wurmqualität beeinflusst Fangaussichten
Ab einem Gewicht von einem Pfund Würmern plus Erde verschicken die Wurmfarmer ihre Produkte in einem Kunststoffgewebesack. Das Firmensortiment umfasst zudem Aufzuchterde und -mehl für die Aufbewahrung im heimischen Keller oder der eigenen Garage. „Wir haben einige Kunden, die ein- oder maximal zweimal im Jahr bestellen und die Würmer selbst hältern. Letztlich ist das günstiger.“
Was unterscheidet den Wurm aus einer Zucht eigentlich von einem normalen Regenwurm? Der Naturwurm sei weicher, sagt der Seniorchef: „In der Sportfischerei – und darauf sind wir ausgelegt – reden wir über 30 bis 40 m Wurfweite. Und da geht es erst los.“ Lyon van Weelden ergänzt: „Die Beschleunigungswerte bei solchen Würfen sind enorm. Es gibt Angler, die 70, 80 oder sogar 90 m weit schmeißen. Das ist eine schnelle und lange Reise, und der Wurm muss halten.“
Einen guten Wurm beschreibt Andreas van Weelden so: „Er ist quirlig, widerstandsfähig und stark im Fleisch, wenn man ihn leicht zusammendrückt.“ Je schneller sich ein Wurm bei Licht in die Erde verkrieche, um so fitter sei er: „Und umso höher ist am Ende die Fangqualität.“