Zugegeben, die Herabsetzung des Jugendfischereischeins von 10 auf 7 Jahre ist nicht für jeden Angler ein Thema, vor allem, wenn er erwachsen ist und keine Kleinkinder hat. Doch die meisten Angler selbst sind bereits als Kleinkinder mit dem Papa zum Angeln gefahren, obwohl man still sein musste und kaum spielen oder gar rumtoben durfte. Langweilig! Doch diese Monotonie wurde sofort unterbrochen, wenn man selbst zum „Angler“ wurde. Papa übergab einem die Obhut einer Angel, zeigte, wie man Köder anbietet und richtig wirft. Plötzlich war nichts spannender als die Pose auf dem Wasser zu beobachten, zuckt sie oder nicht und natürlich war man auch leise, kein Interesse mehr am Spielen und Rumtoben.
Eisvogel auf der Rute
Man wurde eins mit der Umgebung. Insekten flogen um einen herum, vor Spinnen hatte man keine Angst mehr, Mäuse und andere Kleintiere querten den Angelplatz, Vögel zwitscherten munter vor sich hin, ja, so mancher Angler kann sogar davon berichten, dass Eisvögel die über dem Wasser hängende Rutenspitze als idealen Ansitz nutzten, um selbst „fischen zu gehen“. Es war und ist jedes Mal wieder ein schönes Gefühl, mit der Natur zu verschmelzen, kleinste Bewegungen wahrzunehmen, die Sinne für Gerüche des Lebens zu sensibilisieren. Man hat Zeit und Muße, dieses Habitat ausführlich zu betrachten und unzählige Beobachtungen zu machen und entwickelt ein Verständnis für die Zusammenhänge in diesem so wichtigen Lebensraum Wasser/Ufer.
Müll muss zuhause entsorgt werden
Natürlich lernten wir auch, die mitgebrachten Dinge und den entstandenen Abfall wieder mitzunehmen, möglichst keine Spuren einer Anwesenheit zu hinterlassen und somit die Natur zu respektieren und zu schützen. Man ist als Kind in jungen Jahren überaus lernfähig, vor allem, wenn es aus eigenem Antrieb kommt und man auch etwas erleben kann. Diese Erlebnisse prägen das weitere Leben.
Als Angler weiß man, dass Fische nicht auf Bäumen wachsen oder in Plastikschalen zur Welt kommen. Man versteht die Ernährungskette und deren Wichtigkeit. Einhergehend mit dem Angeln ist die Nachhaltigkeit. Fischlarven schlüpfen aus ihren Eiern, wachsen frei heran und einige werden dann Jahre später kontrolliert und unter Einhaltung aller Tierschutzrechte entnommen. Jeder Angler hat hierzu eine spezielle Ausbildung mit einer aus über 800 Fragen ausgewählten Prüfung absolviert. Umfangreiche Kenntnisse über den aquatischen Lebensraum mit Fischkunde, Fischfauna, Lebensweise und Gefährdungsursachen, Fischkrankheiten, Gewässerökologie und Fischhege, Fischereirecht etc., theoretische und praktische Ausbildung natürlich auch mit Gerätekunde und Verwertung der gefangenen Fische machen jeden Angler zu einem ausgebildeten Naturschützer.
Angler sind fachkundig
Im Gegensatz zu anderen Naturschutzvereinigungen sind alle Angler fachkundig. Dies ist sogar politisch anerkannt und man nennt sie auch das „Frühwarnsystem der Gewässer“. Wenn irgendetwas im und am Gewässer nicht stimmt, merken es die Angler in der Regel als Erste und können wie oft schon geschehen, direkt Gegenmaßnahmen einleiten.
Mainstream ist auch eine Vorhaltung des ökologischen Fußabdrucks – da sieht es für das Angeln aber sehr positiv aus, denn letztendlich kann hier nur das Bewegen zum und vom Angelplatz gewertet werden. Kein Strom, keine klimatisierte Stallung und in der Regel keine Zufütterung – frei geboren und aufgewachsen, dann entnommen und als gesundes Lebensmittel genutzt, denn auch ein Süßwasserfisch verfügt über viel Eiweiß, gesunde Fette, Mineralien und Vitamine – es gibt kaum bessere Ernährungsmöglichkeiten. Klar kann man auch die Produktion der Angelgeräte miteinbeziehen, andererseits muss man auch erwähnen, dass laut DAFV (Quelle: Infobroschüre Angeln in der Mitte der Gesellschaft – sehr lesenswert) über 6 Mio. Menschen mindestens einmal pro Jahr angeln gehen und einen Umsatz von über 6 Mrd. € erwirtschaften. Hiervon hängen etliche Arbeitsplätze, auch im Tourismus ab.
Angler räumen seit Jahren die Natur auf
Viele Organisationen wollen sich durch Aktionen für den Naturschutz besonders hervorheben, es ist gerade sehr angesagt und hat natürlich auch Profilierungspotential: Sie rufen zum Aufräumtag in der Natur auf. Angler machen dies schon seit zig Jahren ohne dies großartig in der Öffentlichkeit kund zu tun und achten dabei sogar noch auf die Lebensweise im jeweiligen Habitat, denn Anfang März ist hier eine gute Zeit, die Brut- und Schonzeit der Salmoniden ist zu Ende und die Vögel haben noch nicht mit dem Nestbau begonnen. Somit sind die Störungen in Flora und Fauna sehr gering. Natürlich nimmt man da auch ungemütliches Wetter in Kauf, aber es geht um die Natur und nicht um ein öffentlichkeitswirksames Schönwetterevent. Gut gemeint aber manchmal schlecht umgesetzt.
Angelvereine zum Wohle der Bürger
Die örtlichen Fischereivereine übernehmen auch die Hege- und Pflegepflichten von Pachtgewässern der Gemeinden und tragen somit aktiv zum Wohle der Bürger bei: Arbeits- und somit Kostenersparnis der Städte und Gemeinden sowie das Bewahren von intakten Gewässern und Uferzonen, dies verdanken wir den ehrenamtlich Tätigen!
Gerade in den örtlichen Vereinen werden das Familienleben und der regionale Zusammenhalt sehr gepflegt, auch Spiel und Spaß kommen in Vereinen nicht zu kurz. Sich zu engagieren und einzubringen und stolz darauf zu sein, was man geleistet hat, dass trifft auch auf das Besitzen eines Jugendfischereischeins zu und dokumentiert ebenfalls eine Leistung, auf die Kinder stolz sein dürfen. Die für erbrachte Leistungen erhaltene Wertschätzung ist ohne Zweifel charakterprägend.
Frühes Heranführen an die Natur
Währen es nicht verpasste Chancen, wenn man unseren Kindern nicht die Möglichkeit geben würde, sich früh mit Natur und Lebensraum auseinander setzen zu dürfen? Unterricht findet hauptsächlich in geschlossenen Räumen statt, keine Verbindung zur Natur, dafür direkter Zugang zur Unterhaltungselektronik. Durch die Herabsetzung des Jugendfischereischeins von 10 auf 7 Jahre kann man früher diesem phlegmatischen Lebenswandel entgegenwirkten. Vielleicht wird aus dem Jungangler von heute ein engagierter Naturschützer von morgen – und dies mit Fachwissen. Man erzieht Kinder nicht zu Mördern, wenn man sie zum Angeln bringt, wie von mancher Tierschutzorganisation polemisch behauptet wird, sondern bringt sie der Natur und dem natürlichen Kreislauf näher.
Entscheiden Sie: Sinn oder Unsinn ?
Text: © Wolfgang Groth / LFVBW