Fühlt sich jemand angegriffen? Das war keine Absicht. Aber wir Angler sind doch eh alle Idioten. Fragen Sie mal bei der Tierrechtsorganisation Ihres Vertrauens. Vielleicht ist der Name kein Vorzeigebeispiel für eine politisch korrekte Namensgebung, doch ist er die absolut perfekte Beschreibung für diese spezielle Köderform. Idiotenjerks sind idiotensicher. Man muss in seinem Leben noch keinen vollen Angeltag absolviert haben, um damit einen Hecht zu fangen.
Die einzigen beiden notwendigen Fähigkeiten: Auswerfen und einholen, gelegentliche Spinnstopps verbessern die Fänge. Das kriegt wirklich jeder hin, der sich allein die Schnürsenkel zubinden kann. Naja, wobei, wenn ich genauer nachdenke – mancher Tierrechtler vielleicht nicht… Wie auch immer. Liebe Leser, lassen Sie mich Sie nun in die wunderbare Welt der Idiotenjerks entführen.
Köderlauf der Idiotenjerks: Wie ein Hase auf der Flucht
Was meine ich überhaupt mit Idiotenjerk? Worin unterscheidet er sich zum normalen Jerkbait? Nun, rein optisch sehen alle Jerkbaits erst einmal sehr ähnlich aus. Manche sind eher kurz und gedrungen, andere eher schmal und länglich. Sie alle sind Holz- oder Plastikköder mit eingebauten Gewichten, ohne Tauchschaufel und mit 2 bis 3 Drillingen ausgestattet. Einen Idiotenjerk können wir erst am Wasser vom normalen Jerk unterscheiden.
Während der normale Jerkbait ruckartige Schläge mit der Rutenspitze oder abgehackte Kurbelumdrehungen mit der Rolle fordert, also einen Zugimpuls, so reagiert der Idiotenjerk auf einen stetigen Zug durch Einkurbeln mit der Rolle. Viele Idiotenjerks laufen ähnlich. Sie flanken stark auf und flitzen auf einer recht engen Bahn von links nach rechts. Wie ein Hase auf der Flucht, der Haken schlägt. Ein normaler Jerkbait hingegen gleitet zumeist weit ausladend und langsam von links nach rechts.
Zusammengefasst: Idiotenjerks lassen sich stumpf einkurbeln, dabei laufen sie sehr zackig und auf einer engen Bahn. Viele Modelle flanken stark auf, sie machen ordentlich Druck unter Wasser. Wer noch nie einen Idiotenjerk besessen hat, müsste nun viele Modelle kaufen und ausprobieren, ehe er einen gefunden hat. Das erspare ich Ihnen mal an dieser Stelle.
Sehr gute und bewährte Modelle sind: Salmo Slider, Westin Swim, Abu Garcia Svartzonker Squarepusher, Jan Borek Haveljerk, Strike Pro Baby Buster, Illex Dexter Jerk, Daiwa Prorex Lazy Jerk. Achten Sie darauf, Modelle im Rahmen von 10 bis 15 cm zu kaufen; größere Jerks sind oft extrem schwer und fordern spezielles Gerät in Form von Bigbait-Baitcast-Ruten und schweren Multirollen.
Bei Fresswetter ist der Hecht selbst ein Idiot!
Hechte sind launische Gesellen. Manchmal ist der gefräßige und aggressive Esox eher ein mürrischer, schläfriger, fauler Hund. Wenn er nicht will, dann will er nicht. Oft sind daran drastische Kälteeinbrüche schuld, aber auch sonniges Wetter, drückende Hitze und völlige Windstille lassen sein Maul wie vernagelt wirken. Zwar ist er fangbar, wenn wir ein wenig in die Trickkiste greifen – aber nicht mit Idiotenjerks. Sie sind zu schnell aus seinem Sichtfeld verschwunden.
Deshalb greife ich lieber auf Idiotenjerks zurück, wenn so richtig fies geiles Fresswetter herrscht: Wind, Welle, bedeckter Himmel oder ein Sonne-Wolken- Mix. Am besten im Frühjahr oder Herbst bei 10 bis 15 Grad Wassertemperatur. Dann ist der Hecht selbst ein Idiot. Ungehemmt ist er auf Nahrungssuche, startet den Torpedo-Modus und ist absolut gewillt, unserem zickzackschlagenden Häschen hinterherzuflitzen.
Idiotenjerks präsentieren: Spinnstopps sind entscheidend
Die Köderführung ist – wie oben kurz angerissen – sehr einfach und schnell beschrieben. Jerks lassen sich unglaublich weit werfen, was Uferanglern zu Gute kommt. Auch Bootsangler freuen sich, da der Scheucheffekt des Boots bei zu kurzen Würfen durchaus negativen Einfluss haben kann. Dabei kann man sich hundertprozentig darauf verlassen, dass der Idiotenjerk auch auf maximaler Wurfdistanz noch genauso läuft, wie er es während des Ködertests am Ufer oder neben dem Boot tat.
Das ist bei Jerks nämlich nicht immer sicher! Normale Jerks, die man schlagen muss, bedürfen einer perfekten Köderführung, die man erlernen muss. Man weiß sonst nie, ob der Jerkbait auf voller Wurfdistanz immer noch genauso läuft wie vor den Füßen. Ebenso sind normale Jerks vom driftenden Boot schwer einsetzbar. In der Andrift bildet sich ständig lockere Schnur, in der Abdrift herrscht dauerhafter Zug auf den Köder. Wer normal jerken will, muss ankern.
Nicht so mit dem Idiotenjerk, der einfach eingekurbelt wird. Ich kurbele den Jerk immer für drei bis vier Umdrehungen ein, recht schnell, und lasse ihn für eine Sekunde stehen. Fast immer kommt dann der Biss! Monotones Durchkurbeln ohne Pause kann zwar auch gut fangen, es sagt mir dennoch nicht zu, denn der Spinnstopp bietet dem Hecht immer eine Möglichkeit, sich auf die vermeintliche Beute zu stürzen.
Sinkverhalten: Swim und Slider fürs Flache
Sie sollten auf das Sinkverhalten und damit die Lauftiefe des Köders großen Wert legen. Idiotenjerks eignen sich am besten für Wassertiefen von 1 bis 3 m. Die optimale Tiefe der meisten Idiotenjerks liegt bei 2 m, da viele mäßig bis zügig absinken (Lazy Jerk, Squarepusher, Haveljerk, Dexter Jerk). Für ganz flaches Wasser von 1 m bevorzuge ich schwimmende oder schwebende Jerks, empfehlen kann ich hier den Salmo Slider und den Westin Swim.
Achtung! Beide Modelle gibt es als schwimmende/schwebende und auch als sinkende Variante, schauen Sie also genau hin. Der Slider ist mit einem kleinen „F“ (Floating) oder „S“ (Sinking) auf dem Rücken versehen. Beim Westin Swim steht das Sinkverhalten auf Brust und Bauch. Für flaches Wasser brauchen Sie das Modell mit dem Aufdruck „Suspending“ (schwebend) und der Lauftiefe 0-2 m. Der Westin Swim „Sinking“ mit angegebener 1-3 m Lauftiefe hingegen eignet sich für Wassertiefen ab 2 m. Für ganz flaches Wasser sinkt er zu schnell und sammelt ständig Kraut auf. Dasselbe gilt für den Salmo Slider „Sinking“.
Welche Schnüre fürs Spinnfischen mit Idiotenjerks?
Trotz ihres fast gleichen Aussehens unterscheiden sich Idiotenjerks durch ihre inneren Werte. Modelle aus Kunststoff (Westin Swim, Svartzonker Squarepusher, Strike Pro Baby Buster, Prorex Lazy Jerk, Illex Dexter Jerk) sind nämlich hohl und oft mit Rasseln versehen, Modelle aus Holz (Salmo Slider, Jan Borek Haveljerk) bestehen aus Vollmaterial und sind leise.
Ich will an dieser Stelle allerdings nicht auf die Geräuschkulisse unter Wasser hinaus, darauf achte ich bei den Top-Bedingungen, in denen ich Idiotenjerks einsetze, nicht wirklich. Viele Hechte sind nun gierig, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich groß vom Gerassel abschrecken lassen. Worauf ich hinaus will, ist das Ködergewicht bei gleicher Größe. Logischerweise sind Holzjerks nämlich schwerer. Das macht sie einerseits zu echten Geschossen, und obwohl alle Idiotenjerks wunderbar fliegen, so haben Holzmodelle die Nase vorn.
Gleichzeitig tut sich hier aber eine Gefahr auf: Die Schnellkraft, der Schnursprenger Nummer 1. Ein zu kräftiger Wurf oder Anhieb können zum Abriss führen. Das gilt besonders für Holzjerks, aber kann auch jederzeit bei Plastikjerks auftreten. Ich empfehle daher 15 kg tragende geflochtene Schnur (0,20 mm) als unteres Minimum für Jerks von 10-12 cm, größere Jerks fordern ein Geflecht von 20 kg Tragkraft (0,25 bis 0,28 mm). Klingt grob, ist aber nötig.
Mit der 80-g-Spinnrute werfen Sie jeden Idiotenjerk
Und wo wir gerade so schön beim Gerät sind, bleiben wir doch noch eine Weile. Es gibt nämlich noch mehr zu erzählen. Zum Beispiel zum Vorfach! Kleinere Idiotenjerks sollten Sie an einem 15 kg Titanvorfach anbieten, da es stabil und schön dezent ist und den Köderlauf nicht behindert. Größere Idiotenjerks hingegen vertragen das klassische dicke 0,90er Fluorocarbonvorfach. Bitte nicht dünner fischen, das ist nicht hechtsicher. Ich knote das Vorfach bei dieser Angelei einfach über einen Wirbel an die geflochtene Hauptschnur an.
Idiotenjerks sind deshalb so idiotensicher, weil wir sie auch mit einer ganz normalen Stationärrute und -rolle benutzen können. Eine 2,40 bis 2,70 m lange Spinnrute mit 80 g Wurfgewicht und eine 4000er Rolle sind ideal. Und ich kann zwar ein echter Tackle-Fetischist sein, aber an dieser Stelle war’s das. Selbst auf die Rutenaktion gebe ich nicht viel Acht, denn ob an einer semiparabolischen oder stark spitzenlastigen Rute fliegen die kleinen Jerks in etwa gleich weit. Lediglich eine Vollparabolik ist nicht geeignet, da hier das notwendige Rückgrat fehlt, um den Haken zu setzen.
Wagen Sie den Schritt – werden auch Sie zum Idioten! Natürlich nur beim Hechtangeln, nicht generell. Nicht, dass Sie noch irgendwelchen Organisationen beitreten. Ich habe einen Teil meiner Hechtangelei idiotisiert und lebe seitdem leichter. Dumm fängt gut, oder wie war das Sprichwort noch gleich?
Idiotenjerks kompakt: Wann, wo, womit?
- Wind, Welle, bedeckter Himmel oder Sonne/Wolken-Mix (ideal für richtig gutes Hechtwetter!)
- Frühjahr oder Herbst, 10 bis 15 Grad Wassertemperatur
- Flachwasser, 1-3 m Tiefe
- Spinnrute 2,40 bis 2,70 m; WG 80 g
- 4000er Spinnrolle mit mindestens 0,20er Geflecht
Hechte fangen beim Spinnfischen mit Jerkbaits
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