Außergewöhnliche Fische und ihre Fanggeschichten interessieren uns brennend! Deshalb nehmen wir gern Kontakt zu Anglern auf, die uns darüber berichten können. Das funktioniert im Grunde recht einfach: Wir Redakteure schreiben der betreffenden Person eine E-Mail und fragen, ob wir sie anrufen dürfen. Anhand des Gesprächs wägen wir dann ab, ob es tatsächlich eine interessante Geschichte zu erzählen gibt. Dann stellt sich aber auch noch die Frage, ob die- oder derjenige überhaupt Lust hat, in unserem Magazin zu erscheinen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Bei Instagram bin ich auf das Konto @thefishingguitarist von Matthijs van Diemen gestoßen – und nur eine Woche später stehe ich mit ihm auf einer Brücke an einem mittelgroßen Kanal. „Als Nordholländer bin ich nicht an einem großen Fluss aufgewachsen. Ich angle in den zahlreichen Kanälen im Westen des Landes“, erklärt der Wasserbau-Student seine Vorliebe für kleinere Gewässer. Als der Raubfisch-Freak das erste Mal in Richtung Graben-Zander auswirft, macht er eine interessante Bemerkung: „Meine Herangehensweise stützt sich weniger auf das Gerät und die Kunstköder, sondern mehr auf die richtige Einstellung und auf Vertrauen. Ich versetze mich in diese Unterwasserwelt. Darauf komme ich aber später noch zurück.“
Geduld beim Graben-Zander zahlt sich aus
Matthijs ist der Meinung, dass das Zanderangeln in vielen Poldergewässern funktioniert. „Überall in den Niederlanden gibt es Kanäle, Gräben und kleinere Seen. Ich bevorzuge Gewässer mit Tiefen zwischen 1,5 und 3 bis 4 m, am liebsten mit starker Unterwasserstruktur und nicht zu klarem Wasser“, sagt Matthijs, während er nun schon eine Viertelstunde lang von derselben Stelle aus seine Rute auswirft. „Viele Raubfischangler neigen dazu, zu schnell den Platz zu wechseln. Sie denken häufig, dass man an einer Stelle bereits nach ein paar Würfen einen Biss haben muss und dass es andernfalls dort keinen Zander gibt. Glaub mir: Mit Geduld und Zeit kommt man weit.“
Eine halbe Stunde pro Stelle
Als nach 30 min noch immer nichts passiert ist, wandert die Rute zurück in den Kofferraum. „Eine halbe Stunde gebe ich den meisten Spots. Die Bisse sind unvorhersehbar. Zander gelten als recht mysteriöse Fische, deren Verhalten immer wieder Rätsel aufgibt. Das macht sie für mich noch interessanter. Manchmal sind sie stundenlang völlig passiv, und dann gibt’s plötzlich Bisse am laufenden Band. Als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Dieser Moment ist kaum vorherzusehen.“ Je länger Matthijs an derselben Stelle bleibt, desto größer wird die Chance, dass er einen solchen Bissreigen erlebt. „Manchmal angle ich darum an derselben Stelle nach einiger Zeit einfach nochmal.“
Es gibt noch einen Grund, warum der Hobbygitarrist im Herbst in aller Seelenruhe 30 min an der gleichen Stelle bleibt: „An Plätzen, an denen sich die Struktur verändert – an Vertiefungen, Schöpfwerken, unter Brücken – und sich Futterfische aufhalten, ist ein Graben-Zander selten allein. Angelt man nach dem ersten Fang weiter, bekommt man oft noch ein zweites Exemplar gleich hinterher.“ Inzwischen beobachte ich nun bereits seit einer halben Stunde, wie Matthijs den Bodenbereich an der zweiten Stelle in Fächerform abklopft. „Wenn ich nach einer halben Stunde noch keinen Biss bekommen habe – das passiert recht oft –, verlasse ich die Stelle dennoch mit einem guten Gefühl. Dann habe ich mich nämlich ausführlich davon überzeugt, dass sie in dieser Zeit nicht aktiv oder eben gar nicht da waren.“
Kein Vertrauen – Keine Fänge
Matthijs hat im Laufe der Zeit festgestellt, dass ein Zander, dem ständig ein Kunstköder vor seinem Maul vorbeischwimmt, irgendwann auch mal die Nase voll hat. Vor allem die größeren Exemplare ließen sich mit dieser Taktik überlisten. „Mache ruhig mehrmals genau denselben Wurf. Die Farbe des Gummifisches ist dabei nebensächlich. In erster Linie geht es darum, dass der Gummifisch ein gutes Schwimmverhalten und einen Paddelschwanz hat. Angle ansonsten einfach mit einem Gummifisch, in den Du Vertrauen hast. Wenn Dir dieses fehlt, wirst Du automatisch unkonzentrierter angeln und weniger fangen.“
Zaudernde Zander
Inzwischen sind wir mit dem Auto einen Kilometer weitergefahren und an einem dritten Platz angekommen. Hier befindet sich eine etwas tiefere Stelle mit einer Muschelbank, direkt neben einer Brücke. Matthijs startet den nächsten Versuch – immer noch mit demselben grellen Gummifisch an seiner Rute. Auffällig langsam zieht er seinen Köder durchs Wasser, bis ganz ans Ufer. „Zander sind zögerlich. Sie folgen dem Kunstköder längere Zeit und schlagen erst im letzten Augenblick zu. Versuche Dir dieses Unterwasserszenario bei jedem Wurf vorzustellen. Jeder Wurf kann einen Rekordfisch bringen, auch direkt unter deiner Rutenspitze.“ Aus Matthijs’ Worten sprudelt die pure Leidenschaft fürs Graben-Zander angeln, er ist ohne Zweifel sein Lieblingsfisch. „Ich angle auf Zander, weil ich ihn einfach als den schönsten Fisch in unseren Gewässern betrachte. Sein Aussehen und Charakter sind besonders, das spricht mich sehr an.“
Wirbel schlägt Knoten
Mir fällt auf, dass das 0,35 mm starke Fluorocarbon-Vorfach bei Matthijs über einen kleinen Wirbel mit der Hauptschnur verbunden ist, nicht mit einem Knoten. „Wenn sich ein größerer Fisch Deinen Kunstköder direkt vor den Füßen packt, bekommt ein Vorfachknoten beim Anschlagen einen solchen Hieb, dass dieses schwächste Glied auch schnell reißen kann. Die Verbindung mit einem kleinen Wirbel ist viel stärker. Mein Vorfach ist maximal 60 cm lang, sodass der Wirbel beim Wurf nicht in den Spitzenring rutscht.“ In klareren Gewässern, in denen man eher mit Hechten rechnen muss, tauscht Matthijs das Fluorocarbon vorsichtshalber gegen ein Stahlvorfach aus.
Köder-Präsentation für Graben-Zander
Als Matthijs auch an Stelle Nummer 3 keinen Biss bekommt und inzwischen an der vierten Stelle angelt, fällt mir auf, dass er seinen Gummifisch hier etwas aggressiver und schneller führt als zuvor. „Im Winter leiere ich meinen Köder ziemlich langsam ein – vor allem an kalten Tagen. Da wir uns jetzt allerdings noch in der Übergangszeit vom Herbst zum Winter befinden, gehe ich mitunter etwas aggressiver vor. Das ist einfach eine Frage der Abwechslung, ich mache das nach Gefühl. Letztlich muss man das Überlisten eines großen Raubfisches wie eine Art Katz-und-Maus-Spiel sehen“.
Für einen kurzen Moment glaubt Matthijs, etwas über seine Rutenspitze gespürt zu haben. „Wahrscheinlich waren es nur Pflanzen am Boden. Aber manchmal bekommt man auch Schwanzbisse. Dann fühlt man zwar einen kleinen Ruck, schlägt aber mit der Rute nur ins Leere. Zander neigen manchmal dazu, mit dem Köder zu spielen. Sie sind dafür bekannt, erst mehrere Beutefische zu attackieren und dabei zu verwunden. Die verletzten Fische kommen dann nicht mehr weit und bilden einen Vorrat bequemer Häppchen, die der Räuber fressen kann, wenn er wieder Appetit bekommt“, erklärt Matthijs.
Bisse in der Dämmerung
Wir sind inzwischen an einer fünften Stelle angekommen, aber auch hier gibt es 10 min lang kein Lebenszeichen. „Das Wasser ist mir etwas zu klar. Ich wäre aber nicht überrascht, wenn die gleich einsetzende Dämmerung Wunder wirkt.“ Als hätte Matthijs in eine Glaskugel geschaut: Kurz nacheinander folgen zwei stattliche Graben-Zander an ein und derselben Stelle nahe einer Brücke. Erst ein 70 cm großer Fisch, einige Würfe später noch ein guter 50er. Matthijs ballt die Faust: „Mission geglückt!“
Woran es nun lag? „Das bleibt das Schöne an dieser Form des Angelns. Man weiß es nicht. Gut möglich, dass heute die Abnahme des Lichts den Schalter bei den Fischen umgelegt hat. So hätte es auch an den anderen Stellen, an denen wir heute waren, auch klappen können. Wie ich schon sagte: Der Zander bleibt ein recht mysteriöser und unberechenbarer Fisch.“ Heute wusste der Hobby-Gitarrist auch wieder beim Angeln die richtige Saite aufzuziehen.
Luftdruck und Wind im Blick
Vor jedem Angelausflug prüft Matthijs den Luftdruck und die Windrichtung. So kann er besser vorhersagen, wo sich die Futterfische – und somit die Zander – aufhalten. „Am liebsten habe ich Wind aus Westen, Südwesten oder Süden: oft eine recht steife Brise, wodurch das Wasser trüber ist und mehr Sauerstoff bindet. Bei starkem Wind sind die Strecken im Windschatten oft am besten.“
Ost- und Nordwind mag Matthijs weniger: „Dann bewegen sich die Futterfische kaum. Kommt der Wind für einige Tage aus diesen Richtungen – oft ist er sehr schwach, und das Wasser ist klarer –, dann gibt es auch hohen Luftdruck und sonniges Wetter. Dies sind dann häufig die zäheren Angeltage, auch weil die Zander kein Licht mögen. Die Lösung ist dann, einfach schattige Stellen aufzusuchen.“
Graben-Zander-Gerätekiste
- Rute: leichte Spinnrute (Länge circa 2,20 m, Wurfgewicht 3 bis 15 g)
- Rolle: 2500er oder 3000er Spinnrolle
- Schnur: 0,10 bis 0,13 mm Geflecht
- Vorfach: 60 cm 0,35 bis 0,40 mm Fluorocarbon
- Kunstköder: 10 bis 12 cm lange Gummifische mit Paddelschwanz, am liebsten in grellen Farben
- Jigkopf: Standard 7 g, bei stärkerer Strömung 10 oder 12 g
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