Aus dem trüben Wasser kommt ein Schatten. Ein großer Schatten. Er wird immer riesiger, bis klare Umrisse zu erkennen sind. Es ist ein Hecht. Und zwar einer von der Sorte, deren Kopf länger ist als die Makrele – einer der beliebtesten Köderfische für Hecht – die noch auf dem Sandboden liegt. Er schwimmt einmal vorbei, zweimal, dreimal. Minutenlanges Warten und Hoffen. Dann steht er vor der Makrele, wirbelt sie mit seinen Brustflossen auf, so als wenn er prüfen wolle, ob da irgendetwas faul ist. Erst dann schlägt er zu. Nach kurzem Drill wird das Maßband bis auf 1,17 m ausgerollt. Was für ein Fisch!
Ich sehe mir diese Unterwasser-Aufnahmen auf dem Sofa an. „Dicke Hechte auch im Winter“, verspricht das Video. Und ich frage mich gerade, ob diese Angelei auch an meinem Stamm-Baggersee funktioniert. Bisher habe ich nach dem Spinnfischen im Herbst die Jagd auf Hechte eingestellt. Denn im Winter steht Esox ruhig am Grund und frisst nur sporadisch, dachte ich bisher. Doch in dieser Zeit machen die Deadbait-Anhänger die besten Fänge. Gerade in den Niederlanden scheint dank „Catch and Release“ ein echtes Mekka für Winter-Angler entstanden zu sein, die es auf dicke Hecht-Muttis abgesehen haben.
Das brauchen Sie für Winterhechte
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Die Köderfische für Hecht aus dem Süß- oder Salzwasser?
Die Deadbait-Methode ähnelt ziemlich dem Karpfenangeln. Man fischt auf Grund mit Bissanzeigern, starken Ruten und wirft den Köder mit einem Blei zum gewünschten Angelplatz. Denn bei Wassertemperaturen unter zehn Grad wird der Hecht vom aktiven Jäger an der Wasseroberfläche zum passiven Sammler am Grund. Also nehme ich meine Karpfenruten und baue von Boilie auf Köfi um.
Hechte anfüttern mit Fischfetzen
Aus dem Video lerne ich, dass ich es an der Uferkante in Tiefen zwischen 3 und 10 m versuchen soll. Das klingt einfach, mit meinen beiden Ruten kann ich zwei Tiefen ausprobieren. Was die Spezis in den Videos auch immer empfehlen: Sardinen und Makrelen. Ob das wirklich klappt? Also ganz ohne mein Rotauge will ich dann doch nicht Hechtangeln. Trotzdem werde ich den Meeresfischen ihre Chance geben. Ein weiterer Trick soll es übrigens sein, wie beim Karpfenangeln einige Tage vorher anfüttern zu gehen. Ich lege also Futterplätze an. Täglich werfe ich an den von mir vermuteten Hotspots ein paar Fetzen ins Wasser. Gespannt warte ich aufs Wochenende, dann geht’s los.
Hecht-Montage: keep it simple
Die Montage ist recht einfach: Zwei kleine Drillinge am Stahlvorfach (Profis nutzen auch dickes Fluorocarbon). Bei größeren Köderfischen wie Makrelen wird zusätzlich auch ein Karpfenhaken montiert, um den Fisch gut werfen zu können. Das Vorfach ist mit einem sogenannten „Ledger Boom“ verbunden. Dabei handelt es sich um eine Plastikstange mit Auftriebskörper die die Schnur über dem Grund halten soll. Dank ihr werden Verwicklungen und Hänger vermieden.
In manche Köderfische stecke ich Schaumstoff, der mittels eines Röhrchens im Fisch befestigt wird. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass der Köfi zwischen Laub und Ästen versinkt und für den Räuber nicht zu erkennen ist. Ebenso gut klappt dies auch mit Balsaholz-Stäbchen, die man im Maul des Köders befestigt. So weit, so gut. Doch ich habe immer noch Zweifel. Funktioniert die Angelei mit Meeresfischen überhaupt in einem Baggersee, der keinen Zufluss hat? Schließlich können die Hechte hier noch nie im Leben eine lebende Sardine gesehen haben. Doch die Experten sagen: „Je kälter das Wasser, desto fettiger sollten die Köderfische sein.“ Schließlich sind Makrele, Hering und Sardine für Fisch-Verhältnisse echte Fettbomben!
Fummeln statt fangen: Beschäftigung am Wasser
Zwei Montagen werfe ich in ein Loch, das bis auf 10 m absinkt. Links daneben habe ich den zweiten Futterplatz angelegt. Hier ist es „nur“ 8 m tief. Ich angele so tief, weil mich die strahlende Herbstsonne etwas stört. Hatte ich doch bisher auf meine Kunstköder die besten Fänge, wenn es schön grau und diesig war. Jetzt heißt es geduldig sein. Wie beim Karpfenangeln, kann es auch beim Deadbaiting gerade am Anfang sein, dass man stunden- oder tagelang nichts fängt. Auf der anderen Seite kann es in den „heißen“ Phasen dann auch gleich mehrmals knallen.
Für die Wartezeit habe ich mir mein restliches Angelgerät mitgebracht. Rollen schmieren, neue Schnur aufspulen und alles, was man sonst nicht macht, wird erledigt. Kurz erschrecke ich, weil der Bissanzeiger piept. Es ist nur eine Gans, die kurz die Schnur berührt hat. Der erste Angeltag geht nach 8 Stunden ohne Biss zu Ende. Unzufrieden setze ich mich abends wieder auf mein Sofa und überlege: Was könnte ich falsch gemacht haben? Ist der Abfall des Luftdrucks schuld? Lagen meine Köderfische für Hecht vielleicht auf dem falschen Untergrund? Stehen die Fische überhaupt schon so tief? Im letzten Video höre ich den Satz: „Grundsätzlich ist jedes Gewässer anders. Du musst für Dich heraus finden, wann und wo du bei dir fängst.“ Deprimierend, aber wahr. Auch die Profis sind schon oft genug als Schneider nach Hause gegangen.
Heimische Köderfische für Hecht bringen den Erfolg
Für den zweiten Tag habe ich mir eine andere Taktik vorgenommen. Eine Rute aus dem 10-m-Loch lege ich auf 6 m, falls die Fische noch nicht so tief stehen. Meine Köderfische sind eine Sardine, eine Makrele und ein Rotauge Ich lote noch einmal aus: Ist hier wirklich fester Boden mit etwas Kraut? Ja! Also noch einmal 8 Stunden, aber dieses Mal bitte mit Erfolg! „Beim Karpfenangeln sitzt man wenigstens mit kühlem Bier in der Sonne“, denke ich mir und schaue hinüber zu dem Platz, wo ich im Sommer meine Füße gemütlich ins Wasser halte und im Stundentakt die Spiegler ärgere. Bei 8 Grad Außentemperatur ein schöner Traum.
Doch in der harten Realität tut sich weiter nichts. Eine Stunde vergeht, dann 2, 3, 4. Langsam sinkt die Sonne. Wenn sie hinter der Baumreihe verschwindet, will ich gehen. Da höre ich wieder das Piepen. Keine Gans in der Nähe und es ist auch kein Tagtraum aus besseren Karpfen-Zeiten. Ich stürme zur Rute, es war die auf 8 m Tiefe, doch es läuft nichts ab. Ist vielleicht jemand in die Schnur geschwommen? Oder hat, wie im Video, der Hecht erstmal getestet, ob der Köder okay ist? Minuten vergehen. Ich will mich gerade wieder hinsetzen, da gibt es Daueralarm. Fisch! Der Drill an der dicken Karpfenrute ist nur kurz. Aber ich habe einen 62er Hecht im Kescher.
Er hat sich ein Rotauge gegönnt, das mit Hilfe von Schaumstoff kurz über dem Gewässergrund schwebte. Es funktioniert! Zwar ist die Beute nur halb so groß wie im ersten YouTube-Video, das ich gesehen habe, aber egal. Fisch ist Fisch! Vielleicht wird auf YouTube auch nicht immer die anglerische Realität abgebildet. Und mit einer neuen Angelmethode ist man immer stolz auf den ersten Fang. In den nächsten Wochen werde ich es weiter probieren, sie bei frostigen Temperaturen mit fetten Salzwasserfischen zu fangen. Zwar hat diesmal das Rotauge die Nase vorn gehabt – aber ein Wert macht noch keine Statistik über Köderfische für Hecht.
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