Barsche sind launische Räuber, besonders im Winter. Da ist die Gefahr groß, dass man sie an einem ihrer schlechten Tage erwischt. Sollte man dann das Gerät einpacken und auf bessere Zeiten warten? Auf keinen Fall, meint Lutz Hülße. Beim Dropshotting lassen sich auch träge Winterräuber so lange reizen, bis sie zuschnappen.
Ich stehe am Stadthafen in Ueckermünde und bereite mein Angelgerät für den Einsatz vor. Barsche stehen auf meiner Wunschliste ganz oben. Der Hafen ist als guter Winterplatz für die stacheligen Räuber bekannt. Hier sammeln sich die Weißfische, und in ihrem Gefolge kommen auch die Barsche. Allerdings ist das Angeln an diesem Hotspot kein Selbstgänger. Denn der zwei bis acht Meter tiefe Stadthafen unterliegt wechselnden Wasserständen und unterschiedlichen Strömungsverhältnissen. Aus dem in der Nähe befindlichen Stettiner Haff wird je nach Windrichtung Wasser in den Hafen gedrückt oder herausgedrückt. Die ständig wechselnden Bedingungen schlagen den Barschen oft auf den Magen. Dann unternehmen sie nur kurze Raubzüge oder stellen das Fressen ganz ein. Unter diesen Bedingungen Bisse zu bekommen, ist nicht leicht. Dazu kommt noch, dass auch viele andere Angler wissen, dass man im Ueckermünder Stadthafen normalerweise gut Barsche fangen kann. Wie gesagt, normalerweise. Heute jedenfalls scheint einer der schwierigen Tage zu sein, an denen die Barsche nicht auf jeden Spinnköder knallen. Und dazu muss man sich die wenigen Bisse noch mit einigen anderen Anglern teilen. Die Angler, die ich nach ihren Fängen frage, antworten einhellig: Heute läufts nicht. Aber davon lasse ich mich nicht abschrecken. Wenn die Barsche keinen Hunger haben, muss eine Methode her, mit der man die gestreiften Räuber so lange reizen kann, bis sie aus Reflex zuschnappen. Das erreicht man am besten beim Dropshotting. Warum gerade mit dieser Methode? Mit dieser Technik ist es möglich, den Kunstköder sehr lange an einer bestimmten Stelle tanzen zu lassen und die Barsche bis zur Weißglut zu reizen. Das Dropshotting ist zwar ungeeignet, um große Flächen nach Fischen abzusuchen. Aber das brauche ich auch nicht. Denn ich weiß, wo sich die Räuber aufhalten: An Kanten, Steinpackungen und ähnlichen Hindernissen, die ihnen Deckung bieten.
Heiße Plätze ausfischen
Anders als bei einem Gummifisch am Bleikopf, den man einholen muss, damit er attraktiv spielt, wird das Blei der Dropshotmontage an einer interessanten Stelle abgelegt. Durch leichte Zupfer mit der Rutenspitze haucht man dem Köder Leben ein, legt zwischendurch aber auch immer Ruhepausen ein. Erst wenn man an einer Stelle nach zehn Sekunden keinen Biss bekommt, wird die Montage ein Stück herangezogen. Dann beginnt das Spiel von Zupfern und Pausen von vorne. Zu Beginn des Angelns ködere ich allerdings keinen Gummiköder an. Denn gerade an schwierigen Wintertagen haben sich Naturköder bewährt. Von einem ganzen oder halbierten Wurm, der nicht nur attraktiv durchs Wasser hüpft, sondern auch noch äußerst verführerisch riecht, lassen sich die beißfaulen Barsche meist doch noch zum Biss verleiten. Die Rechnung geht auf, zumindest zu Beginn. Ich kann ein paar Barsche fangen. Aber dann mischen sich unter die Räuber auch Rotaugen oder Brassen. Naturköder fängt: Aber den Wurm haben auch die Rotaugen zum Fressen gern. Tja, auch Friedfische mögen Würmer. Nicht selten fängt man beim Dropshotting mit Naturködern auch die lästigen Kaulbarsche. Außerdem habe ich immer häufiger Anfasser zu verzeichnen, die sich einfach nicht verwerten lassen. Wahrscheinlich sind die Barsche so vorsichtig, dass sie nur die Enden des Wurms einsaugen und dadurch nicht gehakt werden. Es ist also an der Zeit, den Fischen etwas anderes vorzusetzen. Ich greife in meine Tasche und krame die Kunstköderbox hervor. Vorteil der Kreationen aus Weichplastik: Es gibt sie in unterschiedlichen Größen und Farben. Um den kleinen Barschen aus dem Weg zu gehen, montiere ich einen größeren Gummi. So habe ich zwar häufiger Fehlbisse von kleinen Räubern. Aber wenn ein Barsch am Haken hängt, ist es meist ein ordentliches Exemplar. Ich beschränke mich übrigens nicht auf eine kleine Auswahl an unterschiedlichen Köderfarben, sondern habe immer eine große Auswahl dabei, um auf die fast täglich wechselnden Vorlieben der Barsche reagieren zu können. Die ersten Bisse bekomme ich auf einen Köder mit einem Schwanz in knallroter Farbe. Nach einiger Zeit lassen die Bisse allerdings nach, und so beginne ich zu experimentieren. Als ich bei einer gedeckten Farbe angekommen bin, beißen die Barsche plötzlich wieder. Die 2,70 Meter lange Rute hat eine weiche Spitze. So erkenne ich auch feinste Zupfer und kann sie mit einem Anhieb quittieren. Darüber hinaus werden die manchmal doch heftig ausfallenden Fluchten wirksam abgepuffert. Das hat deutlich weniger Ausschlitzer zur Folge, als bei der Verwendung einer brettharten Spinnrute. Auf die Rolle gehört dünne Geflechtschnur. Sie besitzt keine Dehnung und erleichtert die Bisserkennung.
Kleine Haken
Ein weiterer Faktor, der das Fangergebnis entscheidend beeinflusst, ist die Hakengröße. Ich setze auf möglichst kleine Haken, weil große Modelle das Spiel des Köders einschränken. Bei einem kleinen, im Kopf des Gummifisches befestigten Haken, werden zu häufig kleine Barsche gehakt. Ich habe eine Spirale entwickelt, die mit einem Palomarknoten angebunden wird. In diese Spirale (erhältlich unter www.lutz-huelsse.de) wird der Gummiköder geschraubt. Der Haken wird an ein extra Stück Schnur gebunden und kann an einer beliebigen Stelle am Köder angebracht werden. So sitzt das Gummifischchen oder der Weichplastikwurm immer sicher am Haken. Für die Herstellung der Dropshotmontage verwende ich immer Fluorocarbon. Dieses monofile Material ist für den Fisch nahezu unsichtbar. Befindet sich der Köder direkt an der Schnur, werden kleinste Bewegungen der Rutenspitze auf den Köder übertragen. Man kann den Gummiköder allerdings auch an einem Seitenarm anbieten. Der Arm puffert die Zupfer ab. Dadurch tanzt der Köder nicht, sondern gleitet durchs Wasser. Das Köderspiel wird auch durch die Länge des Seitenarms beeinflusst. An einem kurzen Seitenarm verhält sich der Köder lebhafter als an einem langen Arm. Dank der Dropshot-Technik und einer abwechslungsreichen Köderpräsentation kann ich auch an diesem schwierigen Wintertag eine schöne Barsch-Strecke legen. Lassen Sie sich also nicht davon abschrecken, wenn ihnen andere Angler vorjammern, dass heute gar nichts laufen würde. Wer auf die richtige Technik setzt und unterschiedliche Köder, findet schnell heraus, was beißfaule Barsche wollen. Dann ist auch an einem trüben Wintertag die Kälte vergessen. von Lutz Hülze