Die gemeinsame Studie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) hat den Boddenhecht-Bestand in Schutzgebieten und beangelten Zonen untersucht. Ziel war es, den Einfluss der Freizeitfischerei auf die Hecht-Population in der Boddenlandschaft zu ermitteln. Zwei Effekte konnten die Forscher feststellen: In Gebieten mit intensiver Angelfischerei ist die Anzahl der Hechte geringer. Außerdem sind die Fische dort vorsichtiger gegenüber Ködern.
Der Rückgang des Hecht-Bestands in den Bodden
Zum einen ist der Bestandsrückgang auf Umweltveränderungen zurückzuführen. „Klimawandel, Überdüngung und der damit verbundene Verlust von Unterwasserpflanzen als Laichplätze und Kinderstuben, der Verlust von Laichplätzen in angrenzenden Flüssen und Gräben durch Wanderhindernisse infolge des Wassermanagements für die Landwirtschaft sowie die Abkopplung der im Frühjahr überschwemmten Hechtlaichwiesen von den Bodden“, nennt Prof. Dr. Robert Arlinghaus vom IGB und der HU als Gründe für den Rückgang. Arlinghaus leitete das vierjährige Projekt Boddenhecht, indem auch die aktuelle Studie durchgeführt wurde.
Dazu komme noch erhöhter Fraßdruck auf Junghechte und Beutefische durch die angestiegene Kormoranpopulation. „Sinkende Fangquoten bei Dorsch und Hering – den eigentlichen Brotfischen der gewerblichen Küstenfischerei – haben in den letzten Jahren den Fangdruck durch die Berufsfischerei in den Bodden auf Süßwasserfische wie den Hecht erhöht“, fügt der Fischereiprofessor hinzu.
Hoher Angeldruck auf den Boddenhecht
Nicht nur die Berufsfischerei, auch die Freizeitangelei hat Auswirkungen auf die Bestandsentwicklung. Um die Bestandsgrößen und Angelbarkeit der Hechte zu untersuchen, nutzten die Forscher standardisierte Angelmethoden und Stellnetze – sowohl in Schutzgebieten als auch in intensiv beangelten Boddenbereichen.
„Die Fangraten in den Schutzgebieten waren durchschnittlich drei- bis viermal so hoch wie in den Vergleichsgebieten. Auch kapitale Hechte kamen in den Schutzgebieten häufiger vor“, berichtet Phillip Roser, Erstautor der Fachpublikation. Somit habe die Angelfischerei durchaus einen Einfluss auf den Hecht-Bestand.
Bild: Olaf Engstedt
Die Hechtbestände in der Rügener Boddenlandschaft sind durch Befischung und Umweltwinflüsse stark bedroht.
Der Boddenhecht wird schlauer
Ein weiterer Grund für abnehmende Hecht-Fänge in den Angelrevieren sei laut Robert Arlinghaus auch ein verändertes Beißverhalten. „Viele der von Anglerinnen und Anglern gefangenen Boddenhechte werden nach dem Fang wieder freigelassen, sie haben also die Erfahrung, dass von Kunstködern oder Booten Gefahr ausgeht.“ Außerdem werden weniger erfahrene Hechte eher gefangen und entnommen – es kommt somit zusätzlich zu einer Auslese.
Phillip Roser erläutert: „Von den Hechten, die sich für den Kunstköder interessierten, bissen in Schutzgebieten ohne Angelfischerei ein deutlich höherer Anteil tatsächlich an, während Hechte in beangelten Gebieten häufiger nach einer Begutachtung des Köders abdrehten. Zudem lösten sich Hechte aus in der Vergangenheit intensiv beangelten Gebieten nach einem Biss häufiger vom Haken, was für ein vorsichtigeres Anbeißverhalten spricht.“
Maßnahmen zur Verbesserung des Hecht-Bestands in den Bodden
Die am Boddenhecht-Projekt beteiligten Interessensgruppen aus Berufs- und Angelfischerei, Tourismus und Naturschutz erarbeiteten Empfehlungen für die zukünftige Bewirtschaftung der Boddengewässer. Eine bereits umgesetzte Maßnahme ist beispielsweise die Bestimmung von Udarser Wiek, Koselower See und Neuendorfer Wiek als Winterlager für den Hecht. Hier sind Befischung und Entnahme stark eingeschränkt, die Stellnetzfischerei in dieser Zeit sogar komplett untersagt.
Weitere gemeinsam beschlossene Empfehlungen:
- Einführung eines Entnahmefensters
- Festlegung einer max. Maschenweite für die Stellnetzfischerei
- Reduzierung der Entnahmequote auf einen Hecht pro Angler und Tag
Aus wissenschaftlicher Sicht wären zudem weitere Schutzgebiete und betriebsspezifische Fangquoten für den Boddenhecht sinnvoll für dessen Bestandserhalt. Doch auch über die Fischerei hinausgehende Maßnahmen wie die Renaturierung von Laichplätzen und die Anpassung des Wassermanagements, mehr Wasserpflanzen und die Reduzierung des Fraßdrucks durch Kormorane und Stichlinge sei für einen langfristigen Schutz des Boddenshechts notwendig.
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