Tausende von Hechtanglern versuchen ihr Glück im Herbst bevorzugt nach dem ersten Frost. Bachangler greifen am liebsten an, wenn ein Regen den Wasserstand erhöht hat. Und die wahren Wetterfrösche schauen vor dem Angeln aufs Barometer und richten sich nach dem Luftdruck: Wenn er stabil ist (oder steigt), geht angeblich die Post ab. Wahr ist: Das Angelwetter hat einen großen Einfluss auf die Fänge. Wahr ist auch: Es ist nicht der einzige Faktor. An einem „perfekten Angeltag“ kommen mehrere Umstände zusammen. Und die lassen sich nur zum Teil dem Wetterbericht entnehmen.
Mindestens acht „Angelwetter-Faktoren“ wirken sich auf die Beißfreude der Fische aus. Hier ein paar Erfahrungswerte:
1. Mond: Vollmond und Neumond versprechen die besten Fänge. Man könnte zugespitzt reimen:„Ist der Mond voll, beißen sie toll! Ist der Mond leer, beißt wieder mehr. Und was ist dazwischen? Wenig zu erwischen!“ |
2. Luftdruck: Konstanter Druck bringt Fische, Wechsel kostet sie. Der Luftdruck wirkt auf die Sauerstoffsättigung des Wassers. Ein Wechsel schlägt den Fischen auf den Magen. |
3. Licht: Starkes Licht mindert die Fresslust, erst recht in klarem Wasser. Deshalb wird trübes Wetter oft als „Angelwetter“ bezeichnet. Deshalb funktionieren schattige Plätze an klaren Sommertagen. Und deshalb gilt die Dämmerung als beliebteste Angelzeit. |
4. Wind: Bei Westwind beißt es besser, bei Wind allgemein besser als bei Flaute. Der Wind erhöht den Sauerstoff im Wasser und mindert die Vorsicht der Fische: Sie können Köder und Montage nicht mehr so genau inspizieren. Zudem treibt er die Nahrung oft an das windzugewandte Ufer. |
5. Regen: Trübes Licht, Regen und steigendes Wasser schüren den Hunger; erst recht bei Fischarten, die im Trüben gut zu fangen sind (wie Zander, Aal und Quappe). Eine leichte Trübung senkt die Vorsicht. Mit zunehmender Trübung wird das Fangen von Augenfischen wie Barsch oder Hecht schwerer. |
6. Gewitter: Vor Gewittern sind Sternstunden möglich! Die Fische beißen wie verrückt, vor allem in flacheren Gewässern. Danach kann es zu längeren Phasen ohne Biss kommen. |
7. Hitze: An heißen Tagen verlagert sich das Beißen oft auf die frühen und späten Stunden des Tages, weil der Sauerstoff mit zunehmender Hitze abnimmt. Im zeitigen Frühjahr und zur kalten Jahreszeit kann starke Sonne die Fische wachkitzeln und zum Fressen ermuntern. |
8. Kälte: Plötzliche Kälte (und Tiefdruck) bremsen Fänge oft aus. Dagegen können im Herbst die ersten Frostnächte ein Fresssignal sein für Raubfische. |
Beissindex am Beispiel eines konkreten Tages
Der Mond weiß, ob es beißt! In den 1930er Jahren hat der US-Forscher John A. Knight die „Solunar-Theorie“ entwickelt. Danach beeinflussen Mond (lateinisch: luna) und Sonne (sol), wie aktiv und fresswillig die Fische sind. Drei Kernaussagen:
1. Die Hauptbeißzeit ist zu erwarten, wenn der Mond direkt über oder unter Ihrem Angelplatz steht.
2. Die Nebenbeißzeiten liegen genau dazwischen, also um 90 Grad verdreht (Phasen von etwa zwei Stunden).
3. Die Beißzeiten verschieben sich Tag für Tag um 50 Minuten, weil der Mond 24 Stunden und 50 Minuten braucht, um wieder seinen Höchststand zu erreichen. An idealen Beißtagen herrscht Voll- oder Neumond – und die Hauptbeißzeit liegt bei Sonnenauf- oder -untergang.
Wann ist gutes Angelwetter?
Ich war kurz davor, den kleinen See zu verfluchen und niemals wiederzukommen. Doch dann, nach zwei Ansitzen ohne Biss, geschah am dritten Tag das Wunder: Kurz vor 22 Uhr lief an meiner Zanderrute die Schnur! Ein paar Minuten später schaufelte ich einen 8-Pfünder in den Kescher. Bis Mitternacht bekam ich vier weitere Bisse. Zwei Zander konnte ich noch landen, dazu einen stattlichen Aal.
Warum hatte ich zwei Tage nicht einen Zupfer bekommen? Beim Angeln hatte ich nichts verändert: nicht die Montage (ich angelte am Grund), nicht den Köder (ich bot ein kleines Rotauge an) und nicht den Platz (ich befischte eine kleine Bucht). Verändert hatte sich nur eines: das Angelwetter.
Am dritten Tag war der wolkenlose Junihimmel von einer dunklen Wolkenfront überrollt worden. Das Wasser lag nicht mehr still da, sondern wurde vom Westwind gepeitscht und zwischendurch nieselte es. Außerdem dämpften die Wolken das Licht. Und nachts war es durch einen frischen Neumond besonders finster.
Fische ohne Durchblick
Jede Fischart reagiert anders auf die Wasserfärbung. Wenn Regen ein klares Gewässer trübt, legen Nachtfische wie Zander und Aal ihre Vorsicht ab. Auch große Bachforellen wagen sich in Bächen aus der Deckung. Eine minimale Trübung erleichtert das Spinnfischen auf Barsch und Hecht, weil die Fische den Montage-Schwindel nun schwerer durchschauen als bei klarem Wasser – weniger Nachläufer, mehr Bisse. Aber wenn das Wasser richtig trüb wird? Dann sehen Augenfische zu wenig, um den Kunstköder noch sicher schnappen zu können.
Methode und Köder müssen eben zur Witterung passen: Wer nach einem starken Regen im kaffeetrüben Bach eine Trockenfliege oder Nymphe anbietet, verschwendet seine Zeit. Auf Spinner und Wobbler sind die Aussichten ebenfalls gering. Aber ein am Grund treibender Wurm fängt jetzt perfekt.
Knackig kaltes Angelwetter
Kälteeinbruch, der erste knackige Frost im Oktober. Die Karpfen und Weißfische fahren ihre Aktivität zurück. Das Wasser klart auf, auch weil die Karpfen weniger wühlen. Die Futterfische ziehen sich vom Schilf ins tiefere Wasser zurück. Die Raubfische lauern an den Kanten vom flachen ins tiefe Wasser und schlagen sich den Bauch voll.
Heißt das nun: Ein starker Frost ist gut fürs Hecht-, aber schlecht fürs Karpfenangeln? Nicht unbedingt, denn erfahrene Karpfenangler wissen: Mit der einziehenden Kälte geht die natürliche Nahrung im Gewässer zurück. Jetzt sprechen die Karpfen deutlich besser auf Futterplätze an. Wer dagegen ohne Futter ansitzt, geht oft leer aus – und wird dasselbe Angelwetter verfluchen.
Hitziges Angelwetter
Eine Hitzeperiode im Sommer mindert das Beißen, weil der Sauerstoff im Wasser zurückgeht und die Fische weniger aktiv sind. Dennoch können ungewöhnliche Methoden genau in der heißen Zeit funktionieren, etwa das Karpfenangeln mit Schwimmbrot (weil die Fische unter der Oberfläche stehen), oder das Tunken mit Köderfischen auf Hecht zwischen den Seerosen (weil die Hechte diesen Schatten suchen).
Ebenso bieten heiße Phasen in tiefen Gewässern den Vorteil, dass sich eine Sprungschicht bildet. Die Fische sammeln sich komplett oberhalb der Sprungschicht. Das bedeutet für einen See mit 20 Metern Tiefe, durch die Brille eines Mathematikers gesehen: Wenn die Fische nur noch in den ersten vier Tiefenmetern stehen, verfünffacht sich die Fischdichte. Selbst wenn sich der Appetit durch die Hitze halbieren sollte, wären dort die Fangchancen noch 2,5 Mal höher als zuvor – weshalb gerade in tiefen Gewässern wie dem Plöner See bei großer Hitze besonders viele kapitale Hechte gefangen werden.
Aber wer unterhalb der Sprungschicht angelt, hat keine Chance. Und wer sein Glück im flachen Vereinsteich versucht, kann auf minimale Sauerstoffwerte und verschlossene Mäuler stoßen. Hitze kann Fänge anschieben.
Faktor Mond
Ähnliches gilt mit Blick auf den Mond. Jeder erfahrene Aalangler weiß: In Nächten um den Neumond ist wildes Beißen am häufigsten. Doch auch bei Vollmond können gute Fänge gelingen – direkt unter der Oberfläche, wo die Aale schmatzend ihre Nahrung einschlürfen (was die meisten Angler nicht bemerken, weil sie am Grund fischen). Ohnehin sagen Wissenschaftler: Der Mond bestimmt das Verhalten der Fische stärker als das Tageswetter.
Schaut einmal in Euren Fangkalender, wann Ihr in den letzten Jahren die größten Raubfische gefangen habt. Bei mir und etlichen Kollegen hat sich herausgestellt: An Tagen (und in Nächten) um den Vollmond rappelt es. Vielleicht halten es die Hechte und Zander wie die Hunde: Eine Studie aus Großbritannien ergab, dass sie bei Vollmond besonders aggressiv sind, öfter ihre Zähne fletschen und zubeißen.
Aber auch das andere Extrem funktioniert: Um den Neumond ist unter Wasser großes Fressen angesagt – als spiegelten sich die extremen Mondphasen in extremer Fressbereitschaft der Fische, während es dazwischen eher durchschnittlich läuft.
Zurück zum Anfang: Warum fing ich in dem kleinen See erst am dritten Tag? Vielleicht hatte ich drei Helfer: Erstens den günstigen Westwind, der zusätzlichen Sauerstoff ins Wasser gebracht und für eine leichte Trübung gesorgt hat.
Zweitens die Wolken (mitsamt Nieselregen), die das Licht gemindert und die Fresslust der Aale und Zander gehoben haben. Und drittens lud der Neumond zum Fressen ein. Also perfektes Angelwetter? Nicht ganz, denn der Luftdruck war gefallen. Eigentlich beißt es bei konstantem Luftdruck nachweislich besser. Womit feststeht: Der Angelwetter-Bericht ist wie alle Wetterberichte – oft richtig, aber nicht immer.
Angelwetter extrem
Wetterextreme scheinen sich hierzulande zu häufen. Ist das schon der Klimawandel? Müssen wir damit rechnen, dass die Pole schmelzen, die Nordsee bald vor den Toren von Köln schwappt? Zumindest die Boulevard-Presse verkündet das Ende der Welt. Aber natürlich wird der Meerespiegel nicht so weit ansteigen, dass Hamburg zur Insel wird und Köln zur Seehafenstadt. Wenn das Eis des Nordpols schmilzt, hebt das den Meeresspiegel nicht, und allem Anschein nach wächst das Eis der Antarktis auch noch an. Wer vom Angelwetter und vom Klima redet, muss die richtige Unterscheidung treffen:
- Wetter ist der spürbare, kurzfristige Zustand der Atmosphäre (Sonnenschein, Regen, Wolken, Wind) an einem bestimmten Ort der Erde.
- Klima ist der für eine Region typische jährliche Ablauf des Wetters (mildes, raues, wüstenartiges Klima).
So ist das Klima in Deutschland winterfeucht und sommerkühl, und innerhalb dieses Klimas mit feuchten Wintern und kühlen Sommern, spielt sich das Wettergeschehen ab. Das Klima erfasst man mit langen Messreihen von Temperatur, Regenmengen, Sonneneinstrahlung usw. Und so kann es sein, dass es innerhalb des sommerkühlen Klimas durchaus Jahre gibt, in denen das Wetter uns vorgaukelt, in der Wüste zu leben, weil es so heiß und trocken ist. Das ist dann eine Extrem-Wetterlage. Die wird aber dann in weiteren Jahren wieder abgemildert, so dass sie als „Ausreißer“ in der Statistik auftaucht.
Auswirkungen des Klimawandels
Und was ist mit den unwetterartigen Regenfällen, den z. T. katastrophalen Überschwemmungen? Man kann davon ausgehen, dass sich hier der Klimawandel bemerkbar macht: Berechnungen zeigen nämlich, dass sich die Niederschlagsmenge in Deutschland nicht erhöht, dieselbe Menge sich aber in stärkeren Regen- und Schneefällen von kürzerer Dauer über das Land ergießt.
Dazwischen gibt es lange Phasen mit oft starker Trockenheit oder gar Dürre. Das hat natürlich gravierende Auswirkungen auf den Fischbestand und natürlich auch auf die Angelmöglichkeiten. Aber hier sollte man die Kirche im Dorfe lassen: Die gesellschaftspolitischen Auswirkungen des Klimawandels sind wesentlich komplexer und bedrohlicher und äußern sich nicht in der Beangelbarkeit von Gewässern.