Weißfische im Winter

Und wenn Du denkst, es geht
nichts mehr, kommt von irgendwo ein Döbel her… FliFi-Leser Martin Schulz schreibt exklusiv hier seinen Beitrag ”Döbel aufs Eis gelegt“.

Der Winter ist über Deutschland hereingebrochen und seit Wochen verfolge ich die Wasserstände meiner heimatlichen Flüsse. Durch Regen und Schnee sind die Pegel lange zu hoch gewesen, doch nach mehreren Tagen mit Temperaturen unter 0 Grad sieht es endlich gut aus. Schnee säumt die Ufer und das Wasser ist glasklar. Gegen Mittag fahre ich an mein Äschengewässer und hoffe mit der Mittagssonne und dem Tauwetter auf einen kurzen Schlupf von Mücken. Alle Bedingungen stimmen, aber kein Ring ist zu sehen, außer von tauendem Schnee der ins Wasser tropft oder mit lautem Platsch hineinfällt. Ich versuche es mit der Nymphe, aber habe keinen Erfolg. Zwei andere Fliegenfischer treffe ich noch: Nichts ist die Aussage des einen und stapft weiter durch den Schnee. Weiter unten versuche ich es noch an einer Stelle, die im Sommer und Herbst immer einen Fisch bringt. 8-10 schwarze Vögel scheuche ich dabei auf, scheinbar kennen diese die gute Stelle auch. Der Fluss scheint wie ausgestorben, oder haben die Äschen die Schlafmütze auf? Ich mache mich auf den Rückweg und quere einen Bacheinlauf. Da huscht das erste mal ein kleiner Schatten vorbei. Wenigstens habe ich einen Fisch gesehen. Ich ziehe am Auto die eingefrorenen Watstiefel aus und bin froh als der Wagen anspringt und danach die Heizung läuft. Auf dem Weg nach Hause denke ich über den schönen Tag am Wasser nach, aber ohne ein Erfolgserlebnis fehlt einfach etwas. Abends frage ich mich ob ich es noch mal versuchen soll, aber die Motivation noch mal alles mit der Nymphe abzugrasen habe ich nicht und es bleibt der Traum auch im Winter mit der Trockenfliege einen Fisch zum Steigen zu bringen. Der einzige Fisch, den ich gesehen habe, war der im Bach. Vielleicht ist es besser in einem kleineren Gewässer zu fischen, da es keine tiefen Gumpen gibt, in denen sich die Fische zurückziehen können. Der Fisch würde die Trockenfliege im flacheren Wasser auch eher wahrnehmen. Den nächsten morgen stehe ich an einem Bach, der nur unweit von meiner Haustür fließt. Hier habe ich das Fliegenfischen als Junge gelernt und die im Bach vorkommenden Döbel waren gute Lehrmeister. Der Bach schlängelt sich entlang des Dorfes und über die Felder. Ein Fischreiher erhebt sich als ich das Ufer betrete, ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Ich knüpfe eine kleine dunkelgraue CDC Midge an und fische stromauf, in der Bachmitte und auf der sonnigen Uferseite, dort müssten sich die Döbel doch einfinden? An einer Biegung sehe ich ein paar winzige Ringe und die Mücken, die ich im Äschenfluß vergeblich gesucht habe, treiben auf der Oberfläche. Die Ringe scheinen von kleinen Fischen zu kommen und nach mehrmaligem Anwerfen ist auch das Steigen vorbei. Ich erinnere mich noch einmal an damals zurück und schaue in meine Fliegendose. Das waren die Fliegen, mit denen ich hier früher immer gefischt habe. Ein12er Haken, rotbraunes Dubbing und eine rotbraune Sattelfeder darüber gewickelt. Nach Lust und Laune habe ich diese Fliege noch mit einem Schwänzchen aus Sattelfeder versehen.  Die Fliege ist schnell zu binden, sie schwimmt sehr gut und mit einem kleinen Platscher serviert, konnte kaum ein Döbel wiederstehen. Sie imitiert alles, was im Sommer am Ufer kreucht und fleucht. Käfer, Heuschrecken, Raupen, alles was vom überhängenden Ufer oder von überhängenden Äste in den Bach fällt. Aber von diesen Tierchen ist zu dieser Jahreszeit nichts zu sehen. Ich schmunzle etwas, knote die mir für diese Jahreszeit riesig vorkommende Fliege ans Vorfach und gehe stromabwärts. Ich will mein Glück vor dem Stau der kleinen Steinbrücke versuchen. Wieder fische ich das sonnige Ufer ab und wieder nichts. Nach einem missglückten Wurf landet die Fliege am anderen Ufer, im Schatten unter dem mit Schnee bedeckten Geäst, das über das Wasser ragt. Ein Schwall und meine Fliege ist verschwunden. Mein Anschlag kommt wie ein Reflex und ich kann es kaum fassen, tatsächlich ein Döbel, der meine Trockenfliege genommen hat. Der Fisch scheint sein Winterkleid zu tragen und ist wunderschön gefärbt. Knall-orange Flossen und gelb-goldene Kiemendeckel. An der gleichen Stelle folgen noch ein paar weitere Fische, alle stehen im Schatten und nehmen meine Besenfliege direkt nachdem diese auf dem Wasser landet. Glücklich gehe ich den Bachlauf entlang zurück zum Auto. Dies war ein unvergesslicher Wintertag. Tage nach diesem Erlebnis schaue ich mir noch gern die Fotos an. Der letzte Regen hat den Bach anschwellen und mit braunem Wasser über die Ufer treten lassen. Schon jetzt freue ich mich auf die nächste trockene, kalte Periode. Bis dahin ist noch etwas Zeit. Zeit, ein paar Fliegen zu binden und meine neue Bachrute mit Schnurklasse 0 fertig zu machen. Für mich persönlich ist die Äsche der schönste Fisch, den man mit der Fliegenrute fangen kann. Aufgrund der von Kormoranen dezimierten Beständen ist eine Äschenfischerei nicht mehr an allen Flüssen möglich oder die Flüsse sind im Winter aufgrund der Forellenschonzeit gesperrt. Vielleicht haben Sie nach meinem Bericht Lust bekommen, in die Neoprenwathose zu schlüpfen und in der kalten Jahreszeit die Fliegenrute zu schwingen. Der Döbel ist für mich ein treuer Freund für die Fischerei mit der Trockenfliege geworden.

Martin Schulz


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