Habt Ihr auch schon probiert, ein bekanntes Kapitalengewässer zu knacken? Seid auch Ihr ohne, oder mit mäßigem Erfolg wieder vom Wasser abgezogen? Habt nicht auch Ihr dann gedacht, daß die tollen
Fangmeldungen dieser Gewässer bestimmt etwas überzogen waren? Auch mir ist das leider sehr oft passiert. Trotzdem wissen wir: Fast alle großen Gewässer produzieren große Fische. Immer wieder muß man staunen, wie viele Kapitale von einigen wenigen Spezialisten dort überlistet werden. Deren Fangmeldungen ziehen natürlich auch viele Angler an, die aber häufig nicht wissen, wie sie ein solches Gewässer in den Griff bekommen sollen Alte Hasen entmutigen, daß man Jahrzehnte benötigt, um das Gewässer richtig kennenzulernen. Ich meine, das geht viel schneller, sofern man ein Boot (eventuell mit Echolot) zur Verfügung hat. Ich möchte Euch erklären, wie ich innerhalb kürzester Zeit Großgewässer wie den Möhnesee in den Griff bekommen haben. Natürlich möchten wir fischreiche Gebiete finden, in denen wir dann häufig auch Hot Spots für kapitale Räuber finden. Das ist das Ziel meiner 3-Stufen-Methode. Es gilt, gute Angelstellen systematisch einzugrenzen. 1. Stufe Zunächst steht man „wie ein Ochs vorm Berg“ und fragt sich, wo soll ich denn bloß anfangen? Erste Anhaltspunkte geben Tiefenkarten oder Tips von Anglern. Ich bin allerdings immer bemüht, nicht so sehr viel auf diese Tips zu geben, weil die „jeder“ bekommt und diese Stellen deshalb einen überdurchschnittlichen Angeldruck erleben. Damit sind diese Stellen damit schon wieder weniger interessant. Es hilft alles nichts, wir stehen vor der kraftraubenden Aufgabe, ordentlich „Fläche zu machen“. Bei uns am Möhnesee heißt das: ordentlich Rudern, weil Motoren aller Art verboten sind. Ich habe bei der Neuerkundung eines Gewässers 2 Schleppruten montiert und schleppe systematisch die Wasserfläche ab. Mit Hilfe des Echolots erkenne ich schnell, welche Wasserflächen viele Fische beherbergen. Im Idealfall fange ich schon beim Schleppfischen die ersten Fische. Diese Angelei empfinde ich allerdings als ziemlich einfach und oberflächlich. Nur die ganz gierigen Räuber fallen auf einen dahergezogenen Köder herein. Ich stelle aber bestimmt schon fest, wo die Großzahl der Fische versammelt steht. Vom Möhnesee weiß ich zum Beispiel, daß die Fische um so mehr im Tiefenwasser vor der Staumauer versammelt sind, je kälter es wird. Im Frühjahr kehrt sich das Blatt und man schwimmt mit den ersten Sonnenstrahlen „zwecks“ Aufwärmung“ in das Flachwasser. Auch ohne Fangerfolg oder Biß habe ich mit dem Auffinden der Fische per Echolot bereits die halbe Miete eingefahren. 2. Stufe Man könnte zwar die Wasserflächen mit hoher Fischkonzentration weiterhin abschleppen, bis sich endlich ein Räuber erbarmt und zubeißt. Das ist aber nur in wilden Beißphasen der Fall und als aktiver Spinnfischer möchte man natürlich gern direkten Kontakt zum Fisch um selbstverständlich auch besonders viel fangen. Leider ist die verbleibende Wasserfläche „mit Fisch“ aber immer noch sehr groß… Berge, kanten, Plateaus – bei uns im Möhnesee sogar ganze Straßen, Flußläufe usw. sind die interessanten Bereich, die aber schrecklich weit ausgedehnt sind. Noch immer bleiben einige Hektar Wasserfläche zur Erkundung übrig! Auf gut Glück an einem Punkt zu Ankern ist hoffnungslos und funktioniert nur mit einer gehörigen Portion Glück. Zum Absuchen der interessanten Wasserflächen benutze ich dann einen sogenannten Driftsack. Es ist erstaunlich, wie wenige Angler diese Wunderwaffe kennen, geschweige denn besitzen. Ich denke, diese Dinger sind ein Muß für jeden Bootsangler, zumal auf fast allen Binnengewässern Deutschlands Motoren verboten sind. Aber auch dort, wo sie gestattet sind, bietet der Driftsack Vorteile. Driftsäcke arbeiten wie eine Bremse im Wind. Ich nenne sich auch „Unterwassersegel“, mit denen man auch bei stärkerem Wind langsamst und effektiv interessante Gewässerabschnitte abgrasen kann. Mit einem solchen Hilfsmittel kann man so richtig tief in die Trickkiste greifen. Größten Spaß habe ich mit meiner 2. Gummifischrute: Ja tatsächlich, ich fische mit 2 Ruten gleichzeitig mit Gummifisch! Klar, mit einer Rute werfe ich ganz normal und suche großflächig den Driftbereich ab. Die 2. Rute wird je nach Wassertiefe mit einem 30 bis 60 Gramm schweren Bleikopf versehen und mit einem 23 cm Gummifisch bestückt. Diesen Köder lasse ich auf Grund sinken und ziehe ihn einige Zentimeter hinauf. An manchen Tagen bekomme ich beim Driften mehr Bisse auf den dahinschlabbernden passiv präsentierten Gummifisch als auf den aktiv geführten. Allerdings ist es wichtig, die Rute sehr hart und die Haken dünn und superscharf zu wählen, weil die Räuber sich „selbst aufhängen müssen“. Schon beim Biß müssen die Haken fassen – die Fehlbißquote ist dennoch relativ hoch. Wichtig ist auch, daß man in der Drift von Zeit zu Zeit die Wassertiefe auf dem Echolot kontrolliert. Ist es tiefer geworden, muß etwas Schnur nachgegeben werden. Flachwasser muß durch Einziehen der Schnur befischt werden. Wer ganz gut vorbereitet zum Wasser geht und auch Köderfische dabei hat, kann noch „gemeiner“ werden. Über eine Seitenbleimontage oder eine Schleppose kann man natürlich auch Naturköder hinterherschleifen und hat einen noch attraktiveren Köder für diese Angelei, aber das geht gegen meinen Ehrenkodex der Kunstköderangelei… 3. Stufe Eigentlich ist die Fischerei mit dem Driftsack so effektiv und spannend, daß man dabei bleiben könnte. Wir suchen aber „Hot Spots“ und mit Driftsäcken beangelt man heiße Flächen, nicht jedoch Punkte! Es ist wichtig, jederzeit das Echolot im Auge zu behalten und markante Strukturen und große Einzelfische wahrzunehmen. Da es auf großen Gewässern schwierig ist, sich zu orientieren, Blicke ich auch immer wieder zum Ufer und mache mir anhand von Peilpunkten (Bäume, Steine, Buchten, Stege oder Häuser) stets ein Bild von aktuellen Aufenthaltsort. Erst recht, wenn’s Bisse gegeben hat. Gerade auf großen Wasserflächen steht ein Fisch (Räuber) nämlich selten allein. Die Kunst besteht darin, diesen „Waypoint“ so gut wie möglich wiederzufinden! Wenn Ihr’s ganz gut machen möchtet, so empfehle ich, sich markante Punkte sofort zu markieren. Das geht mit Hilfe von professionellen Markierungsbojen, die amerikanische Barschangelprofis erfunden haben. Diese H-förmigen Gebilde werden einfach ins Wasser geworfen und ein Blei wickelt eine Schnur von der Boje. Am Grund angekommen liegt die Boje sicher an unserem „Beißplatz“. Es wäre fatal, sofort nach einem Biß die Ankerkette hinunterrasseln zu lassen. Jeder halbwegs (über-)lebensfähige Räuber würde das Weite suchen oder zumindest das Fressen einstellen! Nein, ich drifte einfach weiter, bereite mich in Ruhe auf ein Ankern vor und schleiche mich im großen Bogen wieder an. In gutem Wurfabstand lasse ich dann ruhig und leise den Anker hinab und untersuche den gefundenen Angelpunkt. Stationär bin ich nämlich mit der Spinnrute am effektivsten und kann systematisch alles abfischen. Tut sich nichts weiter, so fange ich mir meine Boje wieder ein, folgen weitere Bisse, so wird die neue Stelle aktenkundig gemacht. Anhand von Peilpunkten am Ufer wird die Stelle bestmöglich gespeichert. Mit der Zeit lernt man, nicht für jeden Buckel am Grund die Boje zu werfen. Man muß eine Nase dafür entwickeln, wann es lohnt, die Boje zu werfen. Wer 20 mal umsonst „geworfen und gewickelt“ hat, setzt seine Reizschwelle höher an. So lerne ich dann mit der Zeit ganz systematisch mein Gewässer kennen. Ihr werdet staunen, wie viele „neue“ Stellen Ihr plötzlich an einem See findet, der schon seit Jahrzehnten befischt wird. Ihr werdet auch staunen, wie oft Ihr von Eigenbrödlern angesprochen werdet, wer denn die Klappe nicht halten könnte und diese ganz geheimen Stellen verraten hat… In der Regel seid Ihr an so gefundenen Stellen aber ganz allein. Petri Heil wünscht Euer Uli Beyer