Ohne sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen, kann man eins von vorneherein pauschalisieren: In jedem größeren holländischen Abwässerungskanal (Polder) ist der Hecht zu Hause!
Die Fischdichte und die Größe der Räuber sind jedoch sehr unterschiedlich, und das ist auch der feine Unterschied, der zwischen gelegentlichen und sehr guten Fängen entscheidet! Diese Abwässerungskanäle dienen der Weiterleitung des Regenwassers aus dem Landesinnere über größere Kanäle in die Nordsee Es war vor langer, langer Zeit… Im Januar 1999 (also im letzten Jahrtausend:) wollten wir mal wieder auf Hecht angeln. Wir hatten in der Nähe kein Gewässer, welches noch erfolgreich vom Ufer beangelt werden konnte und die Boote der Talsperren waren bereits im Trockenen. Also wohin? Wir nahmen mal wieder die Informationsdienste des Uli Beyers in Anspruch. Er gab uns den Tipp nach Vinkeveen zu fahren, um dort die örtlichen Polder zu befischen. Gesagt getan, und schon waren wir im Auto Richtung Vinkeveens Polder (was immer das sein sollte). Vorort kauften wir uns die nötigen Papiere und eine Karte des Gebiets und haben uns auf die Suche nach unseren Lieblings Räuber begeben. So viel Wasser! Kanäle Kreuz und quer! Aber wo sollten wir angeln? Wir fuhren in dem Örtchen etwas hin und her und überlegten uns eine Strategie: Wir mussten aus dem Ort heraus, da dort sicherlich jeder fischt. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass außerhalb der Städte der Angeldruck geringer sein muss. Wir mussten Stellen an den Poldern finden, wo die Monotonie der Ufer unterbrochen wird. Nach 15 Min. kamen wir an einem Kanal vorbei, der einen recht fischerreichen Eindruck machte. Einige Kilometer lang war nichts Außergewöhnliches zu erkennen, bis wir eine Schleuse und einen anliegenden „Teich“ an diesem Gewässer gefunden haben. Das war einen Versuch wert! An dieser Verbreiterung des Kanals warfen wir beide unsere Kunstköder aus. Erster Wurf: ein Doppeldrill! Super Einstand! Seit diesem Moment sind wir dem Polderangeln verfallen! Nicht jeder wird so viel Glück an einem neuen Gewässer haben, erst recht nicht, wenn er mit der Art der Angelei nicht vertraut ist. Wir möchten einige Ansätze festhalten und weitergeben, um einen Einstieg in den holländischen Kanallabyrinth zu erleichtern. Für einen erfolgereichen Anfang ist die Zeit entscheidend. Im Sommer sind die flachen Gewässer warm, sauerstoffarm und dicht bewachsen, sowohl unter Wasser als auch an den Ufern. Das Angeln ist in der Zeit sehr mühsam und nicht empfehlenswert. Die interessante Phase beginnt ab Oktober und endet mit Beginn der Hechtschonzeit am letzten Tag des Februars. Wir möchten die beiden Arten des Spinnfischens an Poldern differenziert betrachten: Werfen vom Ufer oder Boot Schleppen vom Boot Mit dem Werfen vom Ufer aus haben wir begonnen und 4 Jahre lang auch erfolgreich betrieben. Der Schlüssel zum Erfolg ist es viele Hot Spots im Laufe eines Tages anzufahren und natürlich auch zu beangeln. Aber was sind die Hot Spots? Wie bereits geschrieben, werden die Fische von markanten Stellen angezogen, z.B. Brücken, Schleusen, Teichen, tieferen Löchern, Kanalenden & -kreuzungen. In der kalten Zeit sind besonders die Brücken und Schleusen gefragt, aber auch Abschnitte, die durch ein Wohngebiet führen. Die Ursache ist leicht zu erklären: Diese Stellen sind vor Wind und Kälte geschützt, somit haben die Räuber ein etwas wärmeres Wasser um sich herum. Natürlich gibt es auch außerhalb dieser Stellen interessante Angelbereiche, die sind jedoch nicht sofort erkennbar und müssen erst durch ein intensives Beangeln gefunden werden. Immer zu empfehlen ist die Anschaffung einer Karte von dem Zielgebiet, häufig bieten die örtlichen Angelgeschäfte und Touristikinformationszentren (VVV) eine brauchbare und günstige Gewässerkarte an. Man kann darauf gut erkennen, wo man mit dem Auto an ein Gewässer heran kommt, und wo die Hechte lauern könnten. Das Ziel sollten nicht zu kleine Gräben sein, denn dort sind wenige und kaum große Räuber zu Hause, mittlere und große Polder sind hingegen reich an Angelstellen und Fisch. Das Wurfangeln an Polder bedarf ständiger Konzentration, denn oft muss man den Hechten den Köder vor die Schnauze „legen“. Das bedeutet, dass der Köder genau platziert werden muss, um die faulen Räuber zum Anbiss zu verleiten. Aber wo gehört der Köder hin? Erst einmal natürlich ins Wasser!!! Das ist schwieriger als man denkt, denn die Fische lauern direkt an den Unterständen (Stege, Brücken, Pflanzenfelder oder Uferböschung) Präzise Würfe sind jetzt gefragt! Wer den Köder auf dem Unterstand platziert, verschreckt eventuell seinen Fang. Wer ihn aus „Sicherheitsgründen“ zu weit weg landen lässt, reizt den Hecht unter Umständen nicht genug, um ihn zum Angriff zu animieren. Wenn unsere „Großmäuler“ aktiv sind, ziehen sie durchs Wasser, dann kann man sie auch mitten im Kanal fangen. Wichtig ist es den ganzen Weg des Köders auszunutzen. Er muss bis ans Land geführt werden. Oft wird er verfolgt und kurz vor den Füßen attackiert. Damit sollte man immer rechnen! Die Köderwahl muss auf das Gewässer, Jahreszeit und die Tageslaune der Fische abgestimmt sein. Es gibt sehr flache Gewässer (0,5-1,5 m) aber auch tiefere (1,5-4 m), beide sind mit reichlich Fisch besetzt. Die Lauftiefe der Köder sollte der Tiefe des Polders entsprechen. In beiden Fällen bevorzugen wir Wobbler. Flachläufer wie der 1-Minus von Mann´s oder vergleichbare sind nahezu unschlagbar. Wenn es tiefer als 1,5 Meter wird, greifen wir zu größeren und tiefer laufenden Wobblern, z.B. Bomber, Castaic, Grandma, Loudmouth & „follow me“ von Mann´s. Die Polder sind sehr oft trüb durch das Abpumpen des Regenwassers, daher sollten Köder gewählt werden, die nicht nur optisch gut aussehen, sondern auch viel Druck erzeugen. Egal ob durch Wasserverdrängung oder Geräuschkugeln, am besten beides! Jerkbaits sind inzwischen eine feste Größe bei der Polderangelei! Besonders die neuen „Buffalos“ von Piketime haben alle notwendigen Eigenschaften (Druckwellen und Akustik), um bei der relativ geringe Sichttiefe der Gewässer erfolgreich zu fangen! Eine Entscheidung über die Größe des Köders trifft der Fisch! Im Herbst können noch kleine Wobbler zwischen 10 und 15 cm erfolgreich eingesetzt werden, später im Jahr kann man alles fischen was sich noch werfen lässt. Häufig ist die Grenze bei 20 cm. Die gewählte Farbe sollte auffällig sein. Wir favorisieren zu Weiß- und Silbertönen, ein extremes gelb oder firetiger, sind oft in den dunkleren Stunden besser. Schwarz ist öfter fängig als man denkt. Unbedingt ausprobieren! Bei der Wahl der Rute streiten sich die Geister. Wir bevorzugen etwas kräftigere Ruten mit einer Spitzenaktion, einer Länge von 2,4 -2,7 m und einen Wurfgewicht von 30-60 Gramm. Das hilft den Anschlag ordentlich durchzusetzen, besonders bei etwas größeren Ködern. Die Rollenart oder -größe ist nicht gerade entscheidend, die Qualität umso mehr. Wir bevorzugen die Twin Power von Shimano in 3000er und 4000er Klasse. Kleiner ist auch möglich. Bei der Schnurwahl, sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass am dortigen Gewässergrund ab und zu einige Hindernisse liegen könnten. Äste, Sträucher, Wasserpflanzen und diverse Antiquitäten der „Ureinwohner“ müssen noch bewegt werden können, ohne dass das kostbare Stück abreißt. Geflochtene Schnüre von mind. 6 kg können wir nur empfehlen. Ein Rat, den wir selbst schon oft zu hören bekommen haben, ist es nicht zu viel Zeit an einer Stelle zu verbringen. Die Polderhechte wollen gesucht werden! 3-5 Würfe reichen aus, um festzustellen, ob ein williger Räuber in der Nähe ist. Erfolgt kein Anbiss, sollte eine andere Stelle angeworfen oder gar angefahren werden. Der Holländer hat ein schönes Sprichwort hierzu: „snoeken is zoeken“ = „Hechtangeln bedeutet Suchen“ Das Schleppen mit dem Boot ist gerade zu ideal, um ein großes Poldergebiet intensiv zu beangeln. Man kommt auf einmal an Plätze heran, die man vom Ufer aus nicht erreichen kann. Die Standorte der Hechte kann man schleppender Weise finden und dabei den einen oder anderen Esox erwischen. Voraussetzung ist natürlich, dass man ein Boot hat und es auch zu Wasser lassen kann! Die Niederlande sind sehr anglerfreundlich, daher gibt es in fast jedem, am Wasser gelegenen Ort ein Bootsverleih. Von dort aus kommt man immer an irgendein Poldergebiet. Bringt man sein eigenes Boot mit, sollte es eins sein, das keine Slipstelle benötigt. Mit einem leichten Aluboot ist man sehr flexibel und kann es an jeder beliebigen Stelle ans Ufer tragen und in den Polder „werfen“. Mit einem größeren Boot, wird man durch die mangelnden Slipstellen sehr eingeschränkt. Ein 5 PS Außenborder reicht völlig aus, um selbst beim starken Wind das riesige Gewässer überqueren zu können.: Oft hört man, dass die „Ureinwohner“ mit einer Geschwindigkeit von 5-6 km/h schleppen. Wir sind überzeugt, dass die schnellen Köder auch Ihre Abnehmer finden, wir haben bis jetzt bessere Erfahrung mit langsamerer Fahrt gemacht. Die langsamste Geschwindigkeit mit einem 5 PS AB (ca. 3-3,5 km/h) ist optimal! Da wir mit dem Boot jetzt größere Köder zum Einsatz bringen, werden die Ruten dementsprechend gewählt. Kurze, starke Stöcke lassen sich sehr gut hantieren und haben noch genug Power für einen Köder größer 20 cm und natürlich den dazugehörigen Hecht. Optimal ist der „Missbrauch“ einer Jerkrute zum Schleppen. Die Rollenwahl gleicht der der Wurfangelei. Auch der Einsatz von Multirollen ist mehr als gerechtfertig. Große Köder, wie die Grandma in 20 cm, die Castaic-Forelle, große Salmo-Wobbler und unsere Bullfrogs haben sehr viel Eigenaktion, das kann bei der Schnurwahl ausgenutzt werden. Eine Tragkraft von 10 oder gar 12 kg schränkt diese Köder kaum ein, rettet aber so manchen! Die Kanäle sind relativ klein und dennoch sollte man beim Schleppen einige Grundregeln beachten. Die kleinsten und flachsten Gewässer haben auch Kanten und Löcher, diese muss man finden und beangeln. Ein Echolot ist unser Freund und Helfer. Ohne solch ein Gerät muss man sich mehr an den Ufern und am eigenen Köder orientieren. Man wird viel öfter die Kante verlassen und mit dem Köder den Bodengrund pflügen. Extra Tipp: Beim Grundkantakt sollte der Köder sofort überprüft werden, denn oft bleiben einige Pflanzenreste, Blätter usw. hängen, das beeinflusst den Köder und schreckt womöglich einen kapitalen Fisch ab. Hot Spots sind bei der Schleppangelei natürlich die gleichen wie oben bereits beschrieben. Die Art sie zu befischen ist wesentlich flexibler. Wir haben die Möglichkeit unter den Brücken durch zu fahren und direkt an den Gemäuern vorbei zu schleppen, in eine Schleuse hineinfahren, auf einen Teich von der Mitte aus die Kanten bewerfen usw.! Der Horizont ist um ein vielfaches erweitert. Findet man einen Hot Spot, so sollte die Angelei nicht nach wenigen Fischen eingestellt werden. An einer Brücke inklusive einige Meter vor und dahinter können viel mehr Hechte gefangen werden, als man glaubt. Stückzahlen von 10-20 Hechten aus einem Bereich sind möglich, daher sollte man nie zu früh aufgeben. Nach einigen Fängen sollte man die Stelle ruhen lassen und zum anderen Zeitpunkt und mit anderem Köder noch mal beangeln. Das bringt garantiert weitere Räuber vielleicht auch eine Großmutter, die bei uns bis jetzt ausgeblieben ist. Wenn Ihr Lust auf „snoeken“ bekommen habt und die verbliebenen Geheimnisse des Polderangelns selbst Vorort herausfinden wollt, stehen wir Euch mit Rat und Tat zur Verfügung. Schöne Fische wünschen Euch Damian Stec und Christoph Cichy www.hechtfieber.de PS. Die Hoffnung einen Polderhecht über einen Meter zu erwischen sollte man zu Hause lassen, auch wenn uns schon der Durchbruch gelungen ist. Die meisten Fische sind nicht größer als 70 cm, 80er Räuber fängt man gelegentlich und ein 90+ Fisch ist kapital. Die Chance auf einen Esox jenseits der Schallmauer ist jeder Zeit da, nur sollte das mehr eine positive Überraschung als ein Ziel sein. Aber jeder dieser Tiere bringt Freude mit sich und freut sich selbst über seine wieder zurück gewonnene Freiheit. Bericht von Damian Stec und Christoph Cichy www.hechtfieber.de, 7. November 2004 18:10 Uhr (CET)