Hechtangeln auf der Möhnetalsperre

Irgendwann im August letzten Jahres klingelte mein Telefon. „Hallo, Onkel Uli, hier ist Michael aus Ahrensburg“. Um ehrlich zu sein: Ich kannte meinen Neffen bis dahin nur von Fotos.

„Ich lese immer deine Berichte im Blinker und möchte einmal mit Dir Hechte fangen.“ Spontan sagte ich zu, denn schließlich habe ich als Junge Michaels Familie immer gern besucht, weil es dort stets zum Angeln ging. Natürlich mußte etwas „Sicheres“ her. Meine Wahl fiel auf den Möhnesee. Der ist bekannt für viele Hechte. Die Größe schien mir eher nebensächlich, denn Michaels bislang größter Hecht maß für ihn stolze 65 Zentimeter; seine Ansprüche konnten nicht übertrieben sein. Zehn Jahre zuvor wäre mir aus ähnlichem Anlaß das Gewässer vor meiner Haustür bestimmt nicht in den Sinn gekommen. Bis Ende der 80er Jahre wurde im Möhnesee gewerblich gefischt. Große und kleine Fische landeten auf dem Fischmarkt, von Fängen der Angler war nicht viel zu hören. 1991 wurde Markus Kühlmann vom Ruhrtalsperren-Verband (RTV) als Fischwirtschaftsmeister eingestellt, und der ist, anders als andere Berufsfischer, an einem anglerisch attraktiven Fischbestand interessiert. Kühlmann verdient sein Geld nicht mit gewerblichem Massen-Fischfang, sondern durch den Aufbau, die Hege und Pflege des Bestandes. Er hat die Hechtzucht in den RTV- eigenen Aufzuchtanlagen wieder aufgenommen. Sein besonderes Bestreben: gute Fänge und zufriedene Angler. Beides gab es in den letzten Jahren reichlich, die Arbeit des neuen Fischmeisters trug ihre Früchte. Und so wollten mein Neffe Michael und ich im goldenen Oktober ernten; ein ganzes Wochenende war für den Hechtfang terminiert. Ich hatte mich vorbereitet und einige Male getestet, welche Wobbler erfolgreich liefen. Regelmäßig fing ich schöne Hechte bis 90 cm. Und dennoch war ich nervös, als Michael freitags abends mit Großvater anreiste: „Hoffentlich spielen die Hechte mit.“ Alles deutete aber auf beste Bedingungen hin: Traumwetter war angesagt, leichter Südwestwind kräuselte die Oberfläche. Pünktlich zum Sonnenaufgang waren wir auf dem Wasser. In den letzten Tagen hatte ich herausgefunden, daß tieftauchende Wobbler als Maränen-Imitate besonders fängig waren. Deshalb schleppten wir mit Mann´s 25+ und Storm Big Mac. Die Hechte machten es spannend und bissen…. erst mal nicht. Mein Optimismus vom Vortage nahm nach zwei Stunden etwas ab, und Michael fing langsam an, auf der unbequemen Bank hin und her zu rutschen. Endlich, die Sonne stand schon ziemlich hoch, kam der erste Biß. Nach kurzem Drill landete ich einen 65-Zentimeter-Hecht. „So groß wie mein Größter“, stellte Michael neidlos fest.“ Da kommen noch bessere“, erwiderte ich selbstsicher. Tatsächlich, kaum zehn Minuten später landete ich einen strammen Neunpfünder, der sich neben einem Maränenschwarm im Freiwasser aufhielt. Das Echolot ist eben der wichtigste Helfer für das Auffinden der Maränen und damit der Hechte. „Sooo“, sagte ich, „Du hast jetzt gesehen, wie es geht, den nächsten Hecht holst Du raus!“ Michael war gespannt wie ein Flitzebogen, mein dicker Hecht hatte ihn optimistisch gemacht. Aber was dann passierte, hat mich selbst überrascht. Wir kreisten langsam um die Maränen herum und teilweise durch die Schwärme, als plötzlich die Angelrute brutal nach unten gerissen wurde. Michael war tierisch erschrocken, die Bremse kreischte kräftig. „Ich bekomme die Rute nicht raus“, stöhnte mein Neffe. Ein dicker Hecht zog so stark, daß man die Rute kaum aus dem Halter lösen konnte. Irgendwann hatte Michael die Rute dann doch in der Hand und staunte: “ Wieso zieht der denn so?“ Worauf ich erklärte: “ Das ist ein Guter, der könnte über einen Meter lang sein.“ Nach einer Viertelstunde Drill war ich selbst gespannt auf Michaels Kontrahenten, der in der Tiefe immer noch keine Anstalten machte, müde zu werden. Nach 25 Minuten war es dann geschafft: per Handlandung konnte ich einen 1,22 Meter langen und 22 Pfund schweren Super-Hecht ins Boot hieven. Michael war platt und happy zugleich. „Der ist ja größer als alle Hechte, die wir bei uns in den letzten Jahren gefangen haben!“ Auch für mich war es der größte geschleppte Möhne-Hecht. Jetzt war ich sicher, dieses Gewässer hat´s in sich, hier kommst du öfter hin – dank Michaels Besuch. Insgesamt fingen wir an diesem Wochenende übrigens 18 Hechte, von denen zwei über einen Meter und zwei weitere über 90 cm lang waren. Im Nachhinein ärgerlich, daß ich sonst immer ein bis zwei Stunden zu scheinbar tollen Gewässern fahre wo doch vor meiner Haustür Traumfänge möglich sind. Klar, daß ich von nun an mein Hausgewässer bevorzugt beangelte. Beim intensiven Schleppen kristallisierten sich gute Fangplätze heraus. Die Delecker Brücke, das Nordufer vor der Schnapsbucht bis zu Brücke, der gesamte Bereich vom Mäuseturm bis zum Schiffsanleger vor der Staumauer und natürlich die Bojenkette zum Hevearm waren sichere Fangbereiche. Auch mit Gummifisch war ich erfolgreich, wozu ich das Echolotbild exakt analysieren mußte. Zunächst mußte ich heraus finden, in welcher Tiefe die Maränenschwärme bevorzugt umherschwammen. Das waren im September / Oktober Tiefen zwischen 8 und 12 Meter. Zum Gummifischen suchte ich mir mit dem Echolot markante Plätze mit entsprechender Tiefe: im Bereich Mäuseturm und „Pornobeach“ (dort liegen im Sommer die Nacht- und Nacktbader) wurde ich fündig. Die Hecht standen hier in Grundnähe. Mit perlmuttweißen Gummifischen und relativ schweren Bleiköpfen (14 – 18 Gramm) sowie einem Einhängedrilling fische ich diese Plateaus systematisch ab. An einem Tag Ende Oktober erwischte ich eine Sternstunde: 15 gute Hechte, davon 5 über 90 Zentimeter, einer über 1 Meter – meine Euphorie kannte keine Grenzen. Doch in folgenden Wochen wurde ich wieder jäh auf den Teppich zurückgeholt. Mit fallenden Temperaturen verschwanden im November auch die Hechte. Sie standen jetzt zwischen 15 und 25 Meter Tiefe und waren nur mit Köderfischen gut fangbar. Tagesfänge von einem oder zwei Hechten waren jetzt normal. Auch ihre Größe ging wieder zurück auf „Luftpumpenformat“. Einige gute Exemplare überlistete ich dann noch mit Paravan-Tiefenschleppblei und Lachslöffel. Diese Montage ließ sich langsamst in 20 Meter Tiefe anbieten. Aber es war harte Arbeit. In diesem Jahr gings dann früh aufs Wasser. Der Mai ist immer ein sehr hechtreicher Monat. Dicht am Ufer bleiben auch die dicken „Mama´s“ (Damen über einen Meter Länge) nach dem Ablaichen stehen. Ich habe den Eindruck, daß sie noch das Laichen der Weißfische „mitnehmen“ wollen, bevor sie dann im Juni langsam ins Freiwasser entschwinden. Tagesfänge von 9 – 22 Hechten sind bei richtiger Tiefe und dem entsprechenden Köder möglich. Dabei gilt es, die Maräne als Hauptfutterfisch zu imitieren. Weiße, blau-weiße und silberne Köder in allen Varianten sind meist sehr gut. Besonders im Flachwasser bis etwa 6 Meter sind auch Barsch-Dekors meist fängig. Der Barschbestand ist ebenfalls hervorragend, einzelne Exemplare werden zeitweise auch von den Hechten gerne genommen. In den Dämmerungsstunden und bei trübem Wetter lohnt fast immer ein Versuch mit grellen, chartreusefarbigen Ködern. Feuergelb und Giftgrün sind dabei die Favoriten. Bei Sonne und klarem Wasser sind „Natur“ und Weiß immer besser. Im Frühjahr und Frühsommer mögen Hechte auch alle orangen Dekors sehr gerne. Hechte sind im Möhnesee inzwischen so zahlreich, daß sie einigen Angelern keine Herausforderung mehr bedeuten. „Nur Hechte“, ist einige gängige Aussage „enttäuschter“ Angler. Zander sind dagegen begehrt wie Gold, alleine das Wort schon hat für viele etwas Magisches. Entsprechend groß ist der Angeldruck auf diese Räuber. Sehen Sie viele Boote dicht beieinander liegen, so können Sie davon ausgehen, daß es dort Zander (im Sommer auch Aale) gibt. Twisterspezialisten haben das Reich noch für sich alleine. Hauptsächlich wird mit Wobblern geschleppt oder über den Straßen und im Flußlauf mit Köderfisch geangelt. Doch gerade Twister funktionieren hervorragend, wenn der Fisch am Grund steht. Ab 1. Juni beginne ich gleich nach der Schonzeit mit der Zanderangelei im Wameler Becken. Es ist flach und deshalb schon warm. Zander fühlen sich jetzt wohl dort und beißen gut. Ab 1.Juli geht es dann ins Hauptbecken. Am Überlauf vor dem Stockumer Damm ist jetzt ein guter Fang zu erwarten. Das wissen allerdings auch viele andere Angler, und entsprechend groß ist deren Andrang. Beim Twistern muß man mit einigen Hängern rechnen, denn unter Wasser gibt es eine Brücke mit „händlerfreundlichem“ Metallbeschlag“. Achten Sie darauf, den Mindestabstand von 50 Metern zum Stockumer Damm nicht zu unterschreiten. Die weiße Boje markiert die Sperrlinie, und es wird regelmäßig kontrolliert. Ich selbst fische gerne im Bereich der Körbecker Brücke. Dort kommt man auch ohne Boot zum Erfolg, weil viele Brückenpfeiler und Geröll am Grund das Gebiet für Fische interessant machen. Bis Ende Oktober ist dort reichlich Raubfisch zu erwarten. Später folgen die Fische den Maränen ins tiefere Wasser. Die alte Mühle, die Delecker Brücker (nicht von der Brücke fischen, nur vom Boot!) und der Bereich des Mäuseturms sind dann gute Zanderplätze. Bericht von Uli Beyer, vor Mai 2009 siehe auch: Gewässer + Reisen: Gewässertips: Die Möhnetalsperre

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