Kürzlich fragte mich jemand, aus welchem Gewässertyp ich besonders regelmäßig große Zander fange. Klar fielen mir große Flüsse ein, aber da gibt es noch einen Typ:
Künstliches Wasser könnte man ihn nennen. Talsperren gehören zu den besten und produktivsten Angelgewässern in Deutschland auch für Zander. Aus vielen verschiedenen Talsperren konnte ich kapitale Zander überlisten. Hier werden sie besonders dick und schwer. Die Ruhrtalsperren des Sauerlandes (Sorpe-, Bigge-, Henne- und Möhnesee) sind ausgezeichnete Zandergewässer. Auch in Bayern fing ich im Altmühlsee und Brombachsee Zweistellige. Aus dem Blinker erfährt man, dass auch die Bleiloch- und Hohenwartetalsperre immer wieder mit extrem kapitalen Zandern aufhorchen lassen. Trotzdem ist es bestimmt nicht einfach, in diesem Gewässertyp regelmäßig erfolgreich zu sein, denn neben den generell wichtigen Einflüssen wie Wind, Wetter, Temperaturen usw. kommen auch ganz spezielle, künstliche hinzu. Es ist eine hohe Angelkunst, in diesen Gewässern regelmäßig erfolgreich zu sein. Der Wasserstand Das Wasser muß noch mindestens 2 Meter runter oder zu wenig Wasser drin sind häufige Aussagen an Talsperren. Es ist hier völlig normal, dass der Wasserstand im Jahresverlauf sehr stark schwankt. Die meisten Talsperren dienen der Trinkwassergewinnung. Für viele Angler ist dies ein stetes Ärgernis und die wichtigste Entschuldigung für schlechte Fänge. Meistens kommt die Verärgerung daher, dass Angler sich auf einen Wasserstand besonders eingeschossen, sorry, geangelt haben. Mit anderen Wasserständen sind sie weniger vertraut und machen deshalb eher schlechte Erfahrungen. Ich finde es ausgesprochen spannend, in diesen Gewässern immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt zu werden. Plötzlich findet man sie irgendwo, wo sie noch nie waren. Jedes Jahr ist anders und durch stark schwankende Fänge wird´s nie gewöhnlich… Die hohe Kunst an diesen Gewässern liegt darin, diese und ihre Bewohner optimal zu verstehen. Meist sind diese unnatürlichen Schwankungen zunächst einmal ein tiefer Schnitt in die natürliche Entwicklung eines solchen Gewässers. Normale Unterwasser-Vegetationen entstehen kaum, da viele Meter des Uferbereiches zeitweise trocken fallen. Auch die Brut vieler Fischarten kommt deshalb nicht regelmäßig auf. Ich denke, diese biologischen Schwierigkeiten begründen auch die großen Unterschiede zwischen besonders guten und besonders schlechten Jahren. Meiner Erfahrung nach sind Jahre, in denen der Wasserstand frühzeitig gesenkt wird, besonders gute Angeljahre. Futterfische kommen weniger gut auf und Räuber haben Kohldampf. Das sind Erntejahre! Freuen sie sich in schlechten Fangjahren darüber, dass die Räuber sich dick und fett fressen und kapitale Fänge in folgenden Jahren zu erwarten sind. Ein weiterer Aspekt wechselnder Fänge sind die Strukturen unter Wasser, die bei bestimmten Wasserständen vom Fisch angenommen werden, bei anderen nicht. Beispiel: Nehmen wir an, die Zander fühlen sich in 6 – 8 Metern Wassertiefe zur Jahreszeit X so richtig wohl. Liegt eine alte Straße im See jedoch 15 Meter tief, so können wir dort angeln, bis wir schwarz werden uninteressant! Deshalb sehnen wir z.B. bei uns im Möhnesee bestimmte (in der Regel niedrige!) Wasserstände herbei, damit besonders interessante Strukturen vom Fisch angenommen werden. Wenig Wasser erhöht natürlich auch die Fischdichte im verbleibenden Wasserkörper. Der Extremfall ist natürlich ein totales Ablassen des Wassers. Dann ist erst einmal der gesamte Fischbestand futsch und das Angeln fällt erst einmal länger aus, aber ich kann ungemein wichtige Informationen für die Zukunft sammeln. Mit dem Fahrrad fahre ich dann durch den See und untersuche genau Bodenstrukturen und Bauwerke. Aha-Erlebnisse am laufenden Band gibt´s dort und zur guten Erinnerung habe ich alle wichtigen Stellen fotografiert. Sozusagen als Investition in die Zukunft! Vielleicht haben Sie ja einen alten Hasen, der solche Bilder aus der Vergangenheit für Sie hat. Ideal ist es natürlich, wenn jedes Jahr nur ein Teil abgelassen wird, der die gängigen Angeltiefen erreicht. Denken Sie an den Trott nicht alle Jahre sind gleich und deshalb benötigen Sie gute Strukturen für alle Wasserstände. Das Futterangebot Zander fressen kleine Fische – Manchmal! Und noch lange nicht alle! Ich denke, die Kenntnis der Fressgewohnheiten von Talsperrenzandern ist unser Hauptproblem. In Talsperren geht´s nämlich manchmal ganz schön selektiv zur Sache! Nirgendwo sonst habe ich so schwierige Räuber erlebt. Gerade die Köderfischangler bei uns möchten immer die schönen fingerlangen Köderfische und fangen darauf manchmal auch. Meistens klappt das aber nur im Frühsommer, direkt nach dem Ende der Schonzeit. Dann fangen wir auch recht gut mit Gummifischen von 10 – 13 cm, Twistern usw. Einige Wochen später sind die Zander dann plötzlich wie vom Erdboden verschluckt! Das hat zwei Gründe: Das Futterangebot ist nach dem Laichen der vielen Kleinfisch riesig und Beißzeiten beschränken sich oft auf kurze Momente, man ist dann einfach schnell satt und wählt nur noch Delikatesshäppchen bzw. beißt aus Aggression… Durch ausgeprägte Wasserschichtung sind die Zander sehr wählerisch mit ihren Aufenthaltsorten und ändern diese auch im Tagesverlauf stark. Die Konsequenzen für uns Angler: Wir müssen diese wichtigen Fragen beantworten. Wann ist der Zander besonders aktiv? Angle ich in der richtigen Beißzeit? Hält sich der Zander sich auch bestimmt in meinem Angelbereich auf? Meine Erfahrungen gehen oft weit auseinander. Neben den interessanten Strukturen in der richtigen Tiefe, die besonders zu Zeiten geminderter Aktivität aufgesucht werden, schwärmen die Zander in Fressphasen regelrecht aus. Hin zum Futter heißt es dann und das kann dann auch Freiwasser und eine unmögliche Wassertiefe sein. Vom herkömmlichen Denken eines Zanderanglers muß ich mich dann vielleicht erheblich entfernen. Gleiches gilt für die Köder! Gerade die kapitalen Burschen fangen wir immer wieder auf recht große Köder beim Schleppfischen. Große Castaic-Shads, Köderfische am Wikam- oder Stocker-System, aber auch Wobbler wie der Nils Master invincible (15 cm) fangen ausgezeichnet im Freiwasser. In den Phasen geminderter Aktivität müssen wir dicht an die Fische heran. Die klassischen Unterstände wie alte Bauwerke, versunkenes Holz, Muschelbänke, aber auch Schattenplätze wie Brücken, Wehre und angetrübte Seebereiche sollten wir dann systematisch und vor allem mit Geduld absuchen! Ruhende Zander müssen aufgeweckt werden. Haben wir den ersten, kommen oft weitere hinterher. Die idealen Weckinstrumente sind Shads (10 – 15 cm) und das legendäre Drachkovitch-System. Die Fangzeiten Je nachdem, welche Wassertiefen eine Talsperre bietet und ob die Bootsangelei erlaubt ist, kommen verschiedene Fangzeiten in Betracht. Immer sehr gut sind die Frühsommermonate kurz nach der Schonzeit. Dann steht der Zander nicht sehr tief und ist recht aggressiv. Der Sommer macht überall dort Schwierigkeiten, wo das Nachtangeln und das Bootsangeln verboten sind. Der Zander entwickelt sich nämlich dann fast überall zum ausgesprochenen Nachtjäger. Ab Dämmerung geht´s los und die Beißerei reicht häufig bis in die Morgenstunden hinein. Im Herbst wird´s dann auch am Tage wieder interessant. Längere Tagesbeißzeiten, häufig aber schon im tieferen Wasser (im Möhnesee schon bis 18 Meter Tiefe) machen es leichter, die Zander zu finden und zu fangen. Sehr sinnvoll ist dafür ein Echolot, das zeigt, ob Fische an markanten Strukturen stehen. Als Raubfischangler muß ich lediglich feststellen, ob´s Hechte oder Zander sind, die in der Tiefe auf Beute lauern. Häufig fangen wir beide Species. Im Winter wird die Angelei in sehr tiefen Gewässern dann fast unmöglich. Abgesehen von Zufallstreffern sind die Zander dann in großen Wassertiefen regelrecht verschwunden. Die verbleibende Chance sind Pilker und Zocker, die in diesen großen Tiefen noch zeitweise effektiv fischen. Kurzum, Zander in Talsperren stellen einige Erkenntnisse erfahrener Angler auf den Kopf. Häufige Misserfolge bergen die große Chance, auch besonders gute Fänge zu tätigen, wenn wir am Fisch sind… Bericht von Uli Beyer / www.uli-beyer.de