Es gibt nur wenige Tiere, die unter Anglern so verhasst sind wie die Wollhandkrabben. Um die Jahrhundertwende mit Ballastwasser aus China eingeschleppt, leben sie jetzt in teilweise unvorstellbaren Mengen in den Unterläufen von Elbe, Weser und Rhein und dringen von dort aus weit in Oberlauf und Nebengewässer vor. Über den Nordostseekanal gelangen sie selbst in die Ostsee und angrenzende Gewässer bis hin zur Odermündung. Sie sind extrem lästig, selbst Anfüttern über längere Zeit wird in „krabbenverseuchten“ Gewässern zur Farce. Denn alles, was als Angelköder verwendet wird, betrachten auch die Wollhandkrabben als Nahrung – von der kleinsten Made über Mais und steinharte Boilies bis hin zum Köderfisch, der größer ist als sie selbst.
Mit den porzellanharten Einlagen ihrer Scheren knacken sie sogar starke Monofil-Vorfächer mühelos. Es gab Zeiten, da rechneten Elbangler deswegen pro Stunde beim Aalangeln mit dem Verlust von mindestens einem kompletten Päckchen Haken. Doch hat es vermutlich nicht lange gedauert, bis aus den Jägern auch Gejagte wurden.
Es gibt nämlich Phasen im Leben einer Krabbe, da ist sie völlig wehrlos. Da die Krabben wachsen, ihr starrer Panzer jedoch nicht und sie müssen ihn von Zeit zu Zeit abwerfen. Bis der neue, darunter befindliche Panzer aushärtet, vergehen einige Stunden bis zwei Tage, in denen die Krabbe völlig weich und wehrlos ist. Vermutlich hatten die Aale es als erstes heraus, dass eine Krabbe in diesem Stadium eine leichte, wehrlose und vor allem gehaltvolle Nahrung darstellt. Andere Fischarten zogen nach. Kein Zander, Barsch, großer Aland, Karpfen, Brassen und keine Güster lassen sich die Gelegenheit für einen Krabben-Cocktail entgehen. Vor allem bessere Aale und kapitale Barsche fressen zu bestimmten Zeiten ausschließlich die weichen Krabben und sind dann auf andere Köder kaum noch zu fangen.
Ufer nach Wollhandkrabben absuchen
Logisch, dass die weichen Krabben einen exzellenten Köder abgeben. Ganz nebenbei: Wollhandkrabben fressen sich kaum gegenseitig. So ist eine weiche Wollhandkrabbe vermutlich auch der einzige Köder, der in krabbenverseuchten Gewässern ein halbwegs störungsfreies Angeln erlaubt. Stellt sich allerdings die Frage: Woher bekommt man weiche Wollhandkrabben?
- Variante 1 wäre kaufen. Zumindest gibt es einige wenige Gerätehändler entlang der Elbe, die weiche Krabben verkaufen. Besser ist es aber, seine Krabben selbst zu sammeln. Am ehesten findet man sie unter Steinen und in den Löchern entlang der Flussufer knapp unterhalb der Wasserlinie. Dort werden die Krabben ertastet und gegriffen.
- Variante 2 der Krabbenbeschaffung ist weniger mühselig. Dazu legt man einfach in flachem, halbwegs sichtigem Wasser gewölbte Stücken von Dachziegeln, alte Blumentöpfe und ähnliche Versteckmöglichkeiten aus. Krabben, die sich häuten wollen, suchen dort Deckung und können beim regelmäßigen Inspizieren der Verstecke eingesammelt werden.
Welche Wollhandkrabbe ist zum Angeln geeignet?
Jene, die sich weich anfassen, wandern sofort in den Ködereimer! Auch wenn eine harte Krabbe gegriffen wurde, kann es sich lohnen, sie aus dem Panzer zu schälen. Dazu zur Probe einfach ein Beinglied ab- und anschließend durchbrechen. Kommt an der Bruchstelle die schwärzliche Haut des späteren neuen Panzers zum Vorschein, wandert die Krabbe ebenfalls in den Ködereimer. Sie wird aber erst zum Angeln komplett aus ihrem alten Panzer geschält. Erscheint statt einer schwarzen Haut jedoch nur glasig-weißliches Fleisch, kann man die Krabbe getrost laufen lassen. Diese Krabben haben sich bereits gehäutet, ihr Inneres besteht aus einem schlabberigen, gelben Gematsche, das als Köder völlig ungeeignet ist.
Auch noch nicht gehäutete Krabben, die sich bei Entdeckung auffallend passiv verhalten, sollte man überprüfen. Oft stehen sie kurz vor der Häutung. Dann kann man ihnen leicht den Rückenpanzer abheben. Darunter kommt der neue, noch weiche Panzer der Krabbe zum Vorschein. Angeködert werden die Krabben so:
- Je nach Größe kommt eine Hälfte oder ein Viertel vom Krabbenkörper auf einen kurzschenkligen Rundstahlhaken.
- Zwei oder drei gehäutete Beinglieder werden als Konterung hinterhergeschoben und verhindern so, dass das Körperstück beim Auswerfen über die Hakenspitze rutscht und abfällt.
- Wer weit auswerfen will, sollte seinen Krabbenköder zusätzlich mit einem speziellen Ködergummi umwickeln. Den Gummi gibt es im Fachhandel.