Angler sind Menschen, die sich leicht binden, zumindest an ihr Angelgerät! Voraussetzung dafür ist natürlich, daß sie mit ihrer Bindung Freude und Erfolg haben.
Es ist aber erstaunlich, wie viele Partnerschaften eher zufällig und unüberlegt entstehen. Gerade Anfänger lassen sich ihre ersten Angelruten gern schenken oder kommen durch Zufall an sie heran. Stellt Euch nur vor, daß „sie“ von einem erfahrenen Freund empfohlen wurde oder noch schlimer, daß Ihr „sie“ übernehmt, weil Euer Freund „sie“ nicht mehr haben will. Paßt Ihr überhaupt zusammen? Ist „sie“ wirklich genau die Richtige für Euch? Bevor Ihr hunderte oder gar tausende Stunden lang eng miteinander verbunden seid, bevor Ihr Euch festlegt, solltet Ihr Eure ausgewählte Angelrute objektiv unter die Lupe nehmen. Gerade Spinnruten gibt es endlos am Markt und wer nicht genau weiß, was er will, bekommt garantiert nicht die Richtige. Bei wenigen anderen Angelmethoden ist die richtige Wahl so wichtig wie beim Spinnfischen. Je gewissenhafter Ihr wählt, desto harmonischer und schlagkräftiger werdet Ihr auch als Team sein. Ein guter Spinnfischer gewöhnt sich über viele Angelstunden an seine Rute. Alle Bewegungsabläufe beim Wurf, der Köderpräsentation und beim Anhieb sind eingeschliffen und im Angler drin. Deshalb ist es auch wenig sinnvoll, die Angelrute häufig zu wechseln. Vielmehr sollte man sehr darauf achten, sich wohl überlegt und gleich richtig zu binden. Natürlich entscheidet zunächst das Auge. Schön muß „sie“ sein. Über Geschmack läßt sich streiten, deshalb möchte ich Euch hier nur einen Tip geben: Laßt Euch nicht von Schönheit blenden. Das Äußere ist völlig bedeutungslos für die Angeltechnik. Natürlich müßt Ihr Euch mit ihr wohl fühlen und dürft auch ein bißchen stolz auf „sie“ sein, wenn „sie“ besonders schön ist. Manchmal fällt es dann auch leichter, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und viele Angler sind dann auch erfolgreicher. An Spinnruten gewöhnt man sich und fischt lange Zeit mit ihnen. Deshalb solltet Ihr darauf achten, daß die Rute solide gebaut ist. Wie steht es mit der Beringung? Gute geflochtene Schnüre sind häufig die beste Verbindung zum Köder. Ihre schleifende Oberfläche macht aber SIC – Ringe nötig. Diese Ringe sind hart und glatt. Sie bieten die beste Grundlage für ein langes (Ring-)Leben. Natürlich sollten auch die Wicklungen der Ringe ordentlich sein. Gut gebunden und lackiert, damit Sie nicht nach einigen Wochen schlackern. Wie gesagt, das Gerät wird beim Spinnfischen hart in Anspruch genommen! Eine Spinnrute haltet Ihr den ganzen Tag in der Hand. Mehr noch, den ganzen Tag werft Ihr mit ihr und haltet den ganzen Tag über „sie“ Kontakt zum Köder. Deshalb solltet Ihr die größte Bedeutung der Aktion einer Angelrute beimessen. Teleruten kommen nur im Notfall in Frage. Ich bevorzuge schnelle Steckruten mit Spitzenaktion. Hoch verdichtete Kohlefaser ist optimal. Ob Ihr mit der Rute das richtige Feeling entwickelt, merket Ihr eigentlich erst am Wasser. Gute Ruten läßt Euch Euer Fachhändler bestimmt mal testwerfen – mit Köder im Wasser. Ohne Köder, trocken im Geschäft fühlen sich meine bevorzugten Angelruten wie ein Brett an. Freiwillig wählt die niemand aus. Die häufige Frage meiner Kunden: „Macht das denn Spaß, damit einen Fisch zu fangen?“ Das kann ich bejahen. Spinnruten sollten aber immer so leicht wie möglich sein. Das Rutengewicht ist ein sehr subjektives Gefühl. Ausgewogen muß die Rute sein. Kauft deshalb nicht nach Gewichtsangaben im Katalog, sondern nehmt die Ruten in die Hand. Es gibt viele Spinnfischer, die einen sehr kurzen Griff bevorzugen. Das soll praktischer sein, der Griff weniger an der Kleidung haken. Meiner Meinung nach haben sich diese Angler an eine wenig sinnvolle Angelrutenhaltung gewöhnt, die das Fischen dann zum Problem macht. Ich fische problemlos mit längeren Rutengriffen und komme damit immer besser zurecht als mit kurzen Griffen. Durch den langen Rutengriff habe ich viel Kraft und Präzision beim Wurf und eine besser ausgewogene Angelrute für eine attraktive Köderführung mit lebhaftem Köderspiel. Ich habe mir auch angewöhnt, nicht aus dem Handgelenk, sondern mit dem ganzen Arm an der Rute zu fischen. Bei einem plötzlichen Biß sollte die Rute immer am Arm anliegen, damit sofort ein kräftiger Widerstand für einen sicheren Anhieb da ist. Wer aus dem Handgelenk fischt, hat zunächst „Leerlauf“ vor dem Anhieb und verliert kostbare Zeit (auch wenn´s lächerlich erscheint, aber diese Bruchteile von Sekunden entscheiden häufig über Fang oder Fehlbiß). Das ist genauso ein Problem wie zu weiche Angelruten. Früher, teilweise auch heute noch, heißt es immer: „Schön weich, damit man viel Gefühl hat.“ Ich halte das für totalen Quatsch. Es erscheint widersprüchlich, aber eine leichte, ausgewogene und gleichzeitig harte Angelrute ist das Gefühlvollste, was es gibt. Weiche Ruten „schlucken“ alles, was für Spinnruten wichtig ist. Das Gefühl für den Köder und für leichte Bisse und die Kraft für einen effektiven Anhieb. Stellt Euch einmal das Maul eines Räubers vor. Das ist hart wie ein Holzbrett. Würdet Ihr einen Nagel mit einem weichen Pantoffel einschlagen, oder einen harten Hammer nehmen? Allein dafür sind harte Ruten die logische Konsequenz, oder? Gefühlvoll sind harte Ruten dann, wenn sie richtig ausgewogen sind. Wie der Zeiger einer Waage liegen sie in der Hand. Der leichteste Zupfer an der Rutenspitze überträgt sich perfekt bis in die Hand. Ohne Biegung, ohne Verzögerung! Sicher erwartet Ihr jetzt, daß ich Euch eine Empfehlung für eine Rute oder zumindest für Wurfgewichte gebe. Die bekommt Ihr aber nicht, weil Wurfgewichts-Angaben wenig sinnvoll sind. Mit einer Angelrute von 20 – bis 50 Gramm könntet Ihr theoretisch hervorragend mit 15 cm Gummifischen angeln. Die lassen sich tatsächlich werfen und irgendwie spürt man auch etwas, aber in der Praxis ist das viel zu weich! Der Wasserwiderstand des Köders ist sehr groß, die Rute viel zu schwach, einen solchen Köder attraktiv zu beschleunigen. Mindestens 80 Gramm sollte eine solche Rute haben. Umgekehrt brauche ich einen Spinner nicht zu beschleunigen. Den ziehe ich eher gleichmäßig durchs Wasser, seine Haken sind kleiner als die der Gummifische. Hier kann, ja muß die Rute weicher sein, damit ich die Rotation des Köders spüre. Ihr merkt schon, die Angelrute für alle Köder gibt´s nicht. Obwohl ich einige tausend Spinnruten im Geschäft stehen habe, bin ich an meine optimale Gummifischrute durch Zufall gelangt: Ein Kunde brachte mir eine abgebrochene Rutenspitze zurück. Ca. 12 cm fehlten von oben. Ich dachte an eine Reservespitze für Notfälle und montierte einen Spitzenring. Ihr ratet es schon, mit diesem Brett fische ich jetzt für mein Leben gern. Natürlich hatte ich auch das Glück, sofort damit zu fangen und habe deshalb vollstes Vertrauen in mein Gerät. Das ist wie überall die wichtigste Basis für den Erfolg. Denkt deshalb nicht nur an die 5 Minuten im Geschäft, seht Euch Preisschilder erst spät an. Laßt Euch zunächst Euer Gefühl entscheiden. Liegt Eure ausgewählte Rute leicht und ausgewogen in der Hand? Das ist immens wichtig, denn Ihr müßt den ganzen Tag ermüdungsfrei mit der Rute spielen können. Eigentlich dürft Ihr die Rute gar nicht mehr spüren. Sie muß wie angewachsen, wie die Verlängerung ihres Armes sein. Deshalb prüfe, wer sich ewig bindet… PS: Uli hat sich 2 mal gebunden: Als schwere Spinnrute fischt er die „Uli Beyer Spezial“ von Dreamtackle. Diese Rute wurde inzwischen von der Angelwoche, Fisch & Fang und dem Raubfisch mit hervorragenden Testnoten versehen. Als leichtere Spinnrute fischt Uli die neue Shimano Diaflash – Rute in der Länge 2,70 Meter mit einem Wurfgewicht von 20-50 Gramm. Euer Uli (Nach diesem gemeinschaftlichen Gruppenbild wurden die 4 Kammeraden wieder schonend in ihr Element zurückgegeben!) von Uli Beyer / www.uli.beyer.de, vor Mai 2009