Hilfsbereitschaft ist nicht nur im Alltagsleben eine wichtige Tugend, sondern auch beim Angeln. Das hat sich mir bei meinem letzten Ansitzangeln gezeigt. Es sollte bei sonnigem Wetter auf Schleien gehen und das hat auch soweit gut geklappt. Ausgelegt waren eine Feeder- und eine Matchrute. Nachdem am Tag die Feederspitze mehrmals ausschlug, die Pose über das Wasser wanderte und am Ende ganz verschwand, sank in der Dämmerung die Bissfrequenz deutlich. Die Schleien und Brassen bereiteten sich anscheinende auf ihre Nachtruhe vor und hielten vom Abendbrot nicht sehr viel. Dafür hatten die Karpfen jetzt Hunger, die sich am Tag kein einziges Mal blicken ließen. Während ich in einem Gespräch mit einem anderen Angler vertieft war, wollte ich wieder nach meiner Pose sehen. Doch von der roten Spitze war nichts mehr zu sehen. Eilig setzte ich den Anschlag und am anderen Ende legte ein kleiner Satzkarpfen hektische Fluchten hin. Für die leichte Matchrute jedoch kein größeres Problem.
Nachdem der Fisch versorgt und die Montage wieder ausgebracht war, dauerte es keine 10 Minuten, bis plötzlich die Rute mit einer enormen Kraft rumgerissen wurde. Anschlag und schon begann die Rolle zu surren. Diesmal hing kein kleiner Satzer am Haken, sondern etwas Größeres – viel GRÖßERES! Die Rute ist bis zum Anschlag gebogen, dass 16er Vorfach bis an die maximale Kapazität gedehnt, der 14er Haken an seiner äußersten Belastungsgrenze angekommen und ich hatte viel Mühe, den Fisch mit der leichten Matchrute von den mit Wurzeln und Baumstümpfen übersähten Uferbereich fernzuhalten.
Es vergingen circa 15 Minuten und ich konnte den Fisch bis vor meine Füße heranziehen. Doch er kam einfach nicht vom Grund hoch. Sollte ich den überhaupt in den Keschern bekommen? Denn es stellte sich ein weiteres Problem dar: Der fixierte Waggler auf der Hauptschnur befand sich nun kurz vor dem ersten Rutenring. Somit konnte keine Schnur mehr über die Rolle eingeholt werden und der Fisch musste mit viel Gefühl an die Oberfläche gezogen werden. Doch das ist leichter gesagt, als getan! Denn er wollte einfach nicht vom Grund weg.
Mittlerweile zeigte er sich nun auch mal von allein an der Oberfläche, um kurz danach wieder in der Tiefe zu verschwinden. Während die Rute unter absoluter Vollspannung stand und ich das Gefühl hatte, dass jeden Moment das Vorfach reißen würde, musste ich mir etwas einfallen lassen. Da war ja noch der andere Angler, mit dem ich mich zuvor unterhalten hatte. Er stand mittlerweile auf der anderen Uferseite. Ich rief zu ihm rüber, ober er mir helfen könnte, den Fisch zu landen. Kurzerhand legte er seine Spinnrute ab und kam mit seinem Kescher zu mir rüber. Der Plan: Ich gehe langsam am Ufer zurück, um so den Fisch nach oben zu holen und er keschert ihn. Und das Vorhaben glückte! Ich konnte so den großen Spiegler kurzeitig an die Oberfläche holen und blitzschnell setzte der Kollege den Kescher an und beendete nach mehr als 30 Minuten das ungleiche Kräftemessen. Ein lauter Abklatscher machten mich an diesem Tag zu einem glücklichen Angler. Zum einen, dass ich den Fisch am Ende in den Händen halten konnte und zum anderen, dass man auch mit der Hilfsbereitschaft anderer Angler rechnen kann.
Ein dickes Dankeschön an dieser Stelle an den helfenden Angler!