Fischsterben im Aasee: Algensterben löst Katastrophe aus

Ein plötzliches Algensterben hat im Aasee in Münster Donnerstagnacht (09.09.18) ein massenhaftes Fischsterben ausgelöst: 20 Tonnen tote Fische wurden geborgen. Die Stadt Münster kämpft um die Restbestände. Stadtsprecher Joachim Schiek reagierte emotional: Der Aasee hat als Ökosystem eine Art Herzinfarkt erlitten.“ Von Jan Kuhlmann

Den Fischbestand im Aasee in Münster haben die Folgen der sommerlichen Hitzewelle 2018 jetzt besonders hart getroffen: bis zum Wochenende wurden von freiwilligen Helfern und Verantwortlichen der Stadt rund 20 Tonnen Kadaver aus dem See geborgen. Betroffen sind neben Zandern, Hechten und Aalen in erster Linie Weißfische. Um den Massen an toten Fischen nachzukommen, musste die Feuerwehr zusätzlich mit einem Saugwagen anrücken. Nach Schätzungen des Angelvereins „Frühauf Münster“ und des Umweltamtes der Stadt sollen 90 Prozent des gesamten Fischbestandes tot sein – der Aasee steuert durch dieses Fischsterben auf eine ökologische Katastrophe zu!

Überraschendes Algensterben gipfelt in Fischsterben im Aasee 2018

Der 40 Hektar große Stausee ist mit einer maximalen Tiefe von 2 Metern besonders anfällig gegenüber Umwelteinflüssen. Die anhaltend hohen Temperaturen der letzten Wochen hatten in dem ohnehin schon aufgewärmten Gewässer vor allem für zwei Probleme gesorgt: die Versorgung mit Frischwasser war durch niedrige Pegelstände der Zuflüsse gestört worden und die Grünalge hatte sich dank optimaler Bedingungen spürbar vermehrt.

Trotz einer Wassertemperatur von bis zu 26 Grad sei laut Experten der Stadt am Mittwoch vergangener Woche (08.08.18) im Wasser eine noch ausreichend hohe Sauerstoffkonzentration von 14 Milligramm pro Liter gemessen worden. Über Nacht kam es im Aasee aber zu einem plötzlichen Algensterben und der Sauerstoffgehalt im Wasser sank in der Folge auf eine lebensfeindliche Konzentration von 2 Milligramm pro Liter – der Auslöser für das Fischsterben. Die Fische sind erstickt! Seit Donnerstag wurden bis ins Wochenende hinein immer mehr Kadaver an die Seeufer gespült.

Eingeleitete Maßnahmen gegen den Sauerstoffmangel

Als Konsequenz des Fischsterbens riefen Einheiten der Feuerwehr Münster und Emsdetten einen Maßnahmenplan ins Leben und installierten als Sofortmaßnahme zwei Hochleistungspumpen auf dem See. Die aufgestellten Fontänen sind in der Lage, stündlich bis zu 3,5 Millionen Liter Wasser in den See einzubringen und sollen durch diese Wasserumwälzung die Sauerkonzentration erhöhen.

Die Stadt Münster muss sich laut WDR unterdessen Kritik gefallen lassen: Stimmen wurden laut, ob die Katastrophe durch die anhaltende Wetterlage nicht abzusehen war und warum Belüftungsmaßnahmen nicht schon früher ergriffen wurden. Matthias Peck, Umweltdezernent Münster, widerspricht: Dass der Aasee umkippen würde, war nicht abzusehen. Die Grenzen eines solch komplexen Systems seien von außen nicht abzusehen.

Am gestrigen Montag fanden sich die Verantwortlichen der Stadt Münster zu einem Krisenstab zusammen. Auf der Agenda stand eine offene Diskussion der Folgen, die das Fischsterben für die Innenstadt hat und wie der Fischbestand im See jetzt nach der Katastrophe und auch zukünftig erhalten werden kann.

Ökologische Folgen für den Aasee

Dass es im Sommer in warmen und nährstoffreichen Gewässern zu einer sogenannten „Algenblüte“ kommt, also einer massenhaften Vermehrung von Algen, ist nicht ungewöhnlich – immerhin sind das perfekte Lebensbedingungen für diese Kleinstlebewesen. Dem Aasee wurde jetzt das Massensterben dieser Algen zum Verhängnis: Algen produzieren tagsüber mittels Photosynthese Sauerstoff, verbrauchen diesen nachts im Kreislauf ihres Atmungsprozesses aber auch wieder. Eine Algenblüte bringt also eine nicht unerhebliche Menge an neuen Konsumenten in ein Gewässer ein, was aber nicht unbedingt tödlich für die anderen Wasserbewohner enden muss, weil die Algen schließlich auch Sauerstoff produzieren. Durch das plötzliche Algensterben im Aasee ist jetzt wahrscheinlich auf einen Schlag eine große Menge organisches Material zum Gewässergrund gesunken und dort von Bakterien zersetzt worden. Bei diesen Zersetzungsprozessen wird Sauerstoff benötigt, was im Gewässer zu einer Sauerstoffarmut und damit dem Fischsterben geführt hat. In der Regel ist es nämlich nicht das warme Wasser alleine, das die Fische umbringt, viele Fischarten können diese Wassertemperaturen aushalten, sondern der Sauerstoffmangel.

Das Fischsterben hat den Fischbestand im Aasee stark dezimiert – zählbar weniger Fisch ist aber nur die erste direkte Folge. Interessant ist die zukünftige Entwicklung, weil das biologische Gleichgewicht im See empfindlich gestört worden ist: bricht das Vorkommen von Futterfisch in einem Gewässerkomplex ein, leiden darunter auch der Raubfisch und alle von Fisch lebenden Seebewohner im unmittelbaren Umfeld. Auswirkungen auf die gesamte Nahrungskette und Gewässerökologie sind nicht unwahrscheinlich. Welche ökologischen Folgen das konkret sein werden, bleibt allerdings noch abzuwarten.

Horst Kröber, Vorsitzender des Landesfischereiverbandes Westfalen-Lippe, äußerte sich im Gespräch mit dem WDR verhalten und blickt sorgenvoll in die Zukunft: „Wenn ich den kompletten Fischbestand jetzt wiederaufbauen will, dauert das etliche Jahre – jetzt müssen wir gucken, was noch zu retten ist.“

Update (14.08.18): Sauerstoffkonzentration wieder erhöht

Nach über 1000 Einsatzstunden der Einsatzkräfte zeigen die eingeleiteten Sofortmaßnahmen mittlerweile erste Wirkungen: die Sauerstoffkonzentration im Aasee ist auf einen Wert von 9 bis 14 Milligramm pro Liter gestiegen und liegt damit wieder in einem Bereich, in dem Fische überleben können. Dieses Ergebnis ist wahrscheinlich auf die Kombination von gesunkenen Luft- und Wassertemperaturen sowie der Wasserumwälzung durch die eingesetzten Hochleistungspumpen und den Wind zurückzuführen. Die Situation bleibt aber nach wie vor angespannt.

Der Angelverein „Frühauf Münster“ schätzt den entstandenen Schaden auf eine Summe im sechsstelligen Bereich: ob und von welcher Seite es finanzielle Unterstützung geben wird, ist unklar. Sicher ist nur, dass Arbeiten zum Erhalt des Gewässers und zukunftsfähige Maßnahmen, damit eine solche Katastrophe nicht wieder passiert, ergriffen werden müssen – das Fischsterben im Aasee 2018 wird die Stadt Münster noch lange beschäftigen!


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