Catch & Release: Krampf oder Segen?

Ist das „Catch & Release“ von der guten Idee gegenwärtig auf dem Weg zum Krampf? Andreas Volz hat sich ein paar Gedanken dazu gemacht.

Die Fangfreude ist legitim und sogar legal – aber wehe, der wertvolle Laichfisch wird zurückgesetzt!

Bild: Rick Wallace/Unsplash

Die Fangfreude ist legitim und sogar legal – aber wehe, der wertvolle Laichfisch wird zurückgesetzt!

„Fangen und wieder freilassen“ – so und nicht anders wird der szeneübliche Begriff des „Catch and Release“ (kurz: C&R) aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt. Ursprünglich wurde dieser Begriff bereits in den 80er Jahren in der frühen englischen Karpfen-Szene geprägt, wo es üblich war, gefangene Karpfen nach dem Messen und Wiegen wieder freizulassen.

Seit einigen Jahren verbreitet sich jedoch der Catch & Release-Hype wie ein Lauffeuer auch in der Raubfisch-Szene. Was einst mit einem guten Grundgedanken begann, entwickelt sich jedoch meiner Ansicht nach zu einer fast schon penetranten und zeitweilig nervigen Hetzjagd gegenüber denen, die sich auch gern mal einen Zander- oder Barschfilet auf dem Teller gönnen. Wollen wir das wirklich?

Gesetzliche Fakten

Es gibt in Deutschland geltende Tierschutzgesetze, an die sich auch Angler zu halten haben. Im Detail möchte ich gar nicht mehr auf die Grundfrage eingehen: „Wann wird ein Tier (Fisch) einer sinnvollen Verwertung zugeführt?“ Über diese Frage wurde schon tausendfach am Wasser, an Stammtischen, in Foren oder auf Internetplattformen diskutiert. Eine abschließende Antwort konnte bisher keiner geben. Selbst Gerichte scheinen sich hier nicht einig zu sein und urteilen bundesweit unterschiedlich, sodass dies nach wie vor eine Art Grauzone bleibt.

Im Endeffekt heißt das für uns Angler jedoch, dass das alles wohl doch nicht so eindeutig ist, wie es das Tierschutzgesetz vorgibt. Fakt ist jedoch, dass derjenige, der einen 35 Zentimeter langen Barsch nach dem Fang bewusst wieder freilässt, im juristischen Sinne gegen geltende Gesetzte verstößt. Ich denke, dass wir hier auch nichts schönreden müssen. Jeder Angler, der aktiv C&R betreibt, ist sich dessen bewusst.

„Entnahme mit Sinn und Verstand! Dazu gehört, dass man manche Fische entnimmt und manche wieder zurücksetzt.“

Bild: G. Schade

„Entnahme mit Sinn und Verstand! Dazu gehört, dass man manche Fische entnimmt und manche wieder zurücksetzt.“

Der Grundgedanke von Catch & Release

Doch nun von Anfang an: Was ist der Grundgedanke derjenigen, die C&R betreiben? In erster Linie der langfristig gute Bestand an Fischen, damit wir auch in etlichen Jahren weiterhin mit Spaß und Erfolg unserem Hobby nachgehen können. So weit – so gut.

Doch im Umkehrschluss darf man sich fragen: Wie ist es denn in den letzten 100 Jahren gewesen? Oder in den vergangen 30 Jahren? Hätte ich zu Beginn meiner anglerischen Laufbahn vor über 30 Jahren einen zweipfündigen Barsch wieder freigelassen, hätten mich wohl alle Anwesenden für nicht zurechnungsfähig gehalten und mich postwendend in eine psychiatrische Klinik eingewiesen …

Auch wenn dieses Beispiel natürlich überspitzt ist, trifft es den Nagel auf den Kopf. Mir stellt sich die Frage, warum gerade Jungangler das Catch & Release immer extremer verfechten und jeden, der nicht derselben Meinung ist, versuchen zu diskreditieren. Schlägt das fehl, wird der vermeintliche „Kochtopf-Angler“ immer häufiger und in aller Öffentlichkeit beleidigt, beschimpft oder „gedisst“!

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Frage an Fischstäbchen-Fraktion

Da frage ich mich allen Ernstes, ob einer dieser „Disser“ bereits einmal in seinem Leben einen Fisch waidgerecht getötet, ihn anschließend ausgenommen, filetiert und in zerschmolzener Butter goldgelb gebraten hat? Ich glaube nicht. Sie gehören eher der Fischstäbchen-Fraktion an, die ihren Angelschein gemacht haben, um sich coole Klamotten kaufen, dem Coolness-Faktor gemäß Highend-Tackle zu fischen und auf einen Trend mitzureiten, ohne auch den blassesten Schimmer davon zu haben, was sie da eigentlich verbal von sich geben. Natürlich lässt sich das nicht auf jeden Jungangler übertragen, aber was man so täglich auf Internetplattformen mitbekommt, ist teilweise beängstigend.

Ein gutes Beispiel war ein Artikel vor ein paar Wochen auf der Internetplattform Facebook. Zu sehen war ein stolzer Rentner. der lachend einen Hecht von gut 1,10 Meter präsentierte. Selbstverständlich entnahm er den Fisch und lud wahrscheinlich am gleichen Abend noch die ganze Familie zum Festschmaus ein. Vermutlich noch bevor der Fisch filetiert war, hatte dieses Foto bereit weit über 100 Kommentare auf Facebook in der Art von: „Alter Sack, am besten würde man Dich gleich mitfiletieren!“

„Catch and Release entzweit zunehmend die Anglerschaft.“

Bild: Chr. Kaspers

„Catch and Release entzweit zunehmend die Anglerschaft.“

Ist die Ursache Neid?

Muss das wirklich sein? Ist das Fang-Neid? Gönnen wir einem Rentner, der im hohen Alter noch den Fisch seines Lebens gefangen hat, die Freude nicht? Das sollte wirklich jedem zu denken geben!

Ich sehe es mittlerweile als meine Pflicht an, Jungangler mit Maß an das Thema Catch & Release heranzuführen. Denn ich habe schon erlebt, dass sich Jungangler nicht getraut haben, einen maßigen Zander zu entnehmen, weil sie Buh-Rufe und gehässige Kommentare befürchteten. Man muss sie regelrecht dazu ermutigen, dass es völlig okay ist, einen Fisch zum Essen mitzunehmen – und das Zurücksetzen eines maßigen Fisches im juristischen Sinne nach wie vor ein Verstoß gegen geltende Gesetze!

Wie geht es weiter? Ich denke, jetzt sind wir „alten“ Angler in der Pflicht, die das Angeln vom Kindesalter an her betreiben! Wir Angler, die die Leidenschaft zu unserem Hobby besitzen und diese auch an kommende Generationen weitergeben sollten.

„Catch & Release nach Maß“ heißt die Devise! Oder anders gesagt: Entnahme mit Sinn und Verstand! Und dazu gehört nun mal auch, dass man manche Fische entnimmt und manche wieder zurücksetzt. Wo hier genau die Grenze gesetzt wird, obliegt letztendlich jedem selbst.

„Catch & Release nach Maß – ohne die Freude an unserem so geliebten Hobby zu verlieren.“

Bild: Hunter Brumels/Unsplash

„Catch & Release nach Maß – ohne die Freude an unserem so geliebten Hobby zu verlieren.“

Umdenken zu Catch & Release nach Maß ist nötig

Neueste Forschungsergebnisse spiegeln wieder, dass z.B. nicht nur Mindesstmaße, sondern auch ein Längenobermaß zu einer Bestands-Erhaltung beiträgt. Ein Entnahmefenster wäre doch mal ein Anfang, sodass man nicht nur zu kleine, sondern auch zu große Fische zurücksetzt – und sich bei der Entnahme für die Küche aus der Mittelklasse bedient! In manchen europäischen Ländern ist das bereits seit Jahren üblich.

Ich denke, man sollte verstärkt in diese Richtung denken, um Catch & Release zu verfolgen und auch zu stärken. Nur so können wir gewährleisten, dass selbst unsere Enkel noch voller Freude unserem Hobby nachgehen können und dabei Fische fangen, entnehmen und andere wieder gezielt zurücksetzten.

Ein Umdenken ist nötig! Denn sollten die reinen Catch & Release-Angler derart weitermachen, wird die nichtangelnde Öffentlichkeit umso aufmerksamer – und möglicherweise mit Unverständnis reagieren.

Die Lehre daraus: Erst denken, dann handeln bzw. kommentieren, schreiben oder sprechen! Catch & Release nach Maß – ohne die Freude an unserem so geliebten Hobby zu verlieren. Leben und leben lassen. Gemeinsam freuen und anderen den Erfolg gönnen, auch wenn er letzten Endes mit einer leckeren Weißweinsoße auf dem Teller landet. In diesem Sinne guten Fang und guten Appetit.


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