Der Rhein drückt reichlich Wasser in Richtung des ehemaligen Eisenbahnhafens, auf beiden Uferseiten stehen Freizeitfischer über den Spundwänden – viele Männer neben wenigen Frauen, alte Hasen neben Neulingen. Die einen haben das große Equipment ans Wasser geschleppt, die anderen begnügen sich mit der Basisausrüstung. Eines haben alle gemeinsam an diesem Abend in Duisburg: Das Hoffen auf Barsche, Rapfen und Hechte im Kehrwasser. Doch kaum jemand fängt etwas. Wie kann das sein? Die Stelle neben der Bassinbrücke gilt als einer der Hotspots der Ruhrorter Häfen.
Die Antwort kennt Torsten Stutz. Er ist in Duisburg aufgewachsen; seit er fünf Jahre alt ist, zieht es ihn ans Wasser. Anfangs hat er mit seinem Vater geangelt, als er acht wurde, durfte er die Angelwelt mit dem Fahrrad erkunden. Der Ruhrorter Häfen-Experte steigt in seinen Wagen und fährt über die Dammstraße zum nächsten Hafenbecken an der Friedrich-Ebert-Brücke. Am Gebäude des Hafenmeisters zeigt eine riesige LED-Anzeige den aktuellen Wasserpegel an: 5,40 m. „Das ist der Grund“, sagt Stutz.
Der perfekte Pegel
Als er und seine Freunde junge Männer waren, haben sie eine „regelrechte Wissenschaft daraus gemacht und Statistiken geführt“. Der Rhein ist der Hauptstrom, der die Wassertiefe der Ruhrorter Häfen ständig schwanken lässt. Die Frage: Wie fängig ist das Revier bei welchem Wasserpegel? Stutz’ Erfahrung: „Der Pegel muss unter vier Meter. Optimal sind 3,40 bis 3,80 m.“
Von der LED-Anzeige bis zur Horst-Schimanski-Gasse sind es nur 400 m. Und obwohl es ewig her ist, dass die Tatort-Reihe um den Pott-Kommissar gesendet wurde, gibt es noch immer einen Veranstalter, der Touristen für 25 Euro auf einer „Schimmi-Tour“ durch den Stadtteil führt. Ruhrort-Atmosphäre, Currywurst inklusive. Was das Fischen in Duisburg ausmacht, verdeutlicht der Blick von der Schwanentorbrücke Richtung „Marina“.
Am rechten Ufer versucht ein Spinnfischer sein Glück, am linken sieht man alte Kräne und umgenutzte Industrieanlagen, im Hintergrund ankern Motorboote. Solche Stadtansichten gibt es reichlich in Duisburg. Zwar ist der Angeldruck ausgeprägt und viele Stellen sind hochfrequentiert, andererseits ist das Gebiet der Ruhrorter Häfen riesig. Laut Wikipedia haben die „21 öffentlichen Hafenbecken“ eine Wasserfläche von mehr als 180 ha. Die Uferlänge: 40 km. Es ist ein Eldorado für Entdecker.
Der wichtigste Räuber der Ruhrorter Häfen
Welcher Raubfisch ist der wichtigste in den Häfen? Der Zander stehe eindeutig auf Platz 1, antwortet Stutz: „Danach kommt der Barsch, in schönen Größen.“ Hechte würden Duisburgs Angler seltener fangen. Warum? Vielfach werde mit Fluorocarbon und ohne Stahlvorfach gefischt. Stutz: „Das beißen Hechte mit ihren 700 messerscharfen Zähnen locker durch.“
Zanderangeln in NRW
Stutz fängt Zander gerne mit Gummifischen oder toten Köderfischen, die er mittels einer Bombarde langsam absinken lässt. Bewährt hätten sich Sbirolino- Posen: „Wenn der Zander den Köderfisch nimmt, kann er die Schnur ganz leicht abziehen, der Durchlauf funktioniert ohne jeden Widerstand.“ Köderfische stippt er am liebsten vor Ort, dann „haben sie die natürliche Größe“. Nach seiner Erfahrung sind 6 bis 10 cm große Rotaugen besonders fängig. Er sticht die Köderfische so oft mit dem Messer an, bis sie aussehen, als seien sie vom Zander attackiert worden: „Fange ich einen Zander, schmeiße ich den Köder auch nie weg, damit angle ich immer weiter.“
Wie führt er Gummifische?
„Gerne mit der Faulenzermethode – oder ich jigge.“ Wenn das alles nicht funktioniert, greift Stutz auf Wobbler zurück, die ungefähr die Größe der Futterfische haben: „Die twitche ich dann vor der Steinpackung entlang – ganz langsam, ganz vorsichtig.“ Am besten schmecken ihm Zander von einer Größe zwischen 50 und 60 cm: „Der wird zurecht als Edelfisch bezeichnet. Bei uns landet er mit Zitrone und Knoblauch sofort im Ofen.“ Wenn er ältere und wesentlich größere Exemplare fange, könne es ihm passieren, dass er plötzlich „glitschige Hände“ bekomme und die Fische wieder im Wasser landen würden, sagt er mit einem Augenzwinkern.
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Die besten Stellen in den Ruhrorter Häfen
Die Ruhrorter Häfen sind ein starkes Revier mit Steinschüttungen, in denen sich die Köderfische verstecken können, die vor allem für Zander attraktiv sind. Stutz: „Es ist wie überall, man muss den Code knacken, die Tiefe kennen, den Wasserpegel berücksichtigen und die Warmwassereinläufe. Rapfen, Rotaugen, Räuber – alles geht.“ Die Karpfen-Spezialisten würden teilweise mit 30er Boilies arbeiten: „Mit richtig dicken Murmeln. Karpfen sind hier schon in enormer Größe gefangen worden, es gab Exemplare mit mehr als 50 Pfund.“
Eine Folge des hohen Angeldrucks: Einige Fische würden die gängigen Köder mittlerweile verschmähen, speziell Karpfen seien oft zurückgesetzt worden und hätten dazugelernt. Stutz’ Tipp: „Eckige Boilies werden noch angenommen, runde auf keinen Fall.“ Zudem gäbe es Stellen wie am Eisenbahnerhafen, da gehe mit Würmern als Köder wenig. Bei seinen eigenen Angelerfolgen winkt der Duisburg-Kenner eher ab, Imponiergehabe ist nicht seine Sache. Und auch bei der Preisgabe der Hotspots hält er sich bedeckt. Zwei lässt er sich entlocken.
Der „Holzhafen“ sei sehr gut, auch die Pontons im „Zollhafen“ seien für Raubfischjäger interessant. Beide Plätze sind über Google Maps leicht zu finden. Dass die Gesamtzahl der guten Stellen rückläufig ist, habe eine klare Ursache, sagt Stutz: „Das rücksichtslose Verhalten einiger Angler.“ Früher hätten die Duisburger Unternehmen den Zugang zum Wasser ganz selbstverständlich gewährt. „Die Pförtner haben uns durchgelassen, wenn sie einen Kescher gesehen haben.“ Leider hätten immer mehr „Trottel“ in den zurückliegenden Jahren ihren Müll hinterlassen, einige Werke hätten daraufhin Gebiete eingezäunt.
Revier kompakt: Ruhrorter Häfen
In den Ruhrorter Häfen ist die Trübung bei Hochwasser ausgeprägt, bei Niedrigwasser kaum. Der Rhein bestimmt auch hier die Stärke, je mehr Sedimente der Strom in die Häfen drückt, umso dunkler wird das Wasser. In den Häfen ist der Gewässergrund fast immer schlammig. Nur die Mitte, in der die Schiffe fahren, ist ausgehöhlt und härter.
Erfolgversprechend für die Jagd auf Zander ist die Kante zwischen der Fahrrinne und dem schlammigen Boden. In den Häfen gibt es viele Steine, an denen die Fische ihre Eier ablegen können, entsprechend wimmelt es nur so von kleinen Exemplaren in der Größe eines Daumennagels. Natürliche Nahrung ist reichlich vorhanden. Vor allem dort, wo viele Karpfenangler ihr Glück versuchen, können die Gewässer leicht übersäuern, wenn zu viel Futter eingebracht wurde.
Angeblich – zumindest ist das eine Geschichte, die an den Ufern und Spundwänden der Häfen gerne erzählt wird – schmeißen die Feuerwehrschiffe an solchen Stellen ihre Turbinenmotoren an und geben bewusst Schub. „Dann siehst Du, wie der komplette Boden aufgewirbelt wird und nach oben kommt“, sagt ein Angler, der nicht namentlich genannt werden möchte. Der Spot sei dann vorübergehend kaputt: „Und wir müssen uns neue Stellen suchen.“
Fischarten, Mindestmaße und Schonzeiten
- Fischvorkommen: Barsch, Hecht, Karpfen, Rotauge, Zander und 21 weitere Fischarten
- Mindestmaße: Aal 50 cm, Äsche 30 cm, Aland 25 cm, Bachforelle 25, cm Bachsaibling 25 cm, Barbe 35 cm, Hecht 45 cm, Karpfen 35 cm, Nase 30 cm, Schleie 25 cm, Seeforelle 50 cm, Seesaibling 30 cm, Wels 50 cm, Zander 40 cm
- Schonzeiten: Äsche 1. März–30. April, Bachforelle 20. Oktober–15. März, Bachsaibling 20. Oktober–15. März, Barbe 15. Mai–15. Juni, Hecht vom 15. Februar–30. April, Nase 1. März–30. April, Regenbogenforelle 20. Oktober–15. März, Seeforelle 20. Oktober–15. März, Seesaibling 20. Oktober–15. März, Zander 1. April bis 31. Mai
- Weitere Bestimmungen Internet: ssb-duisburg.de
Ausgabestellen für Angelkarten
Angelkarten in Duisburg sind günstig. Der Jahresschein kostet 18 Euro, der Wochenschein 10. „Tagesscheine sind somit sinnfrei, die müsste es dann für einen Euro geben“, sagt Thorsten Tekampe vom Duisburger Stadtsportbund e. V. (SSB). Der Verein habe keine Gewinnerzielungsabsicht, für Duisburger gebe es einen Rabatt: „Es soll kein teures Hobby sein, jeder soll angeln können.“
- Stadtsportbund Duisburg: Bertaallee 8b 47055 Duisburg, Tel.: 0203 / 3000 815, Mail: [email protected], Internet: ssb-duisburg.de/angelschein/
- Angelgeschäft Angel-Hess: Paul-Esch-Straße 115, 47053 Duisburg, Tel.: 0203 / 664185, Internet: angel-hess.de. Das Angelgeschäft Hess hat bis 18.30 Uhr geöffnet (im Winter bis 18 Uhr), dienstags ist geschlossen.
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