Sein langjähriger Weggefährte Richard Lütticken erinnert sich: Als ich als junger Journalist 1973 die erste Ausgabe des neuen BLINKER aus dem Jahr-Verlag in Händen hielt, traute ich meinen Augen nicht. Bis dahin bestanden Angelzeitschriften bei uns aus langen Textspalten, die bestenfalls in der Heftmitte durch ein paar mehr oder weniger passende Fotos aufgelockert wurden. Jetzt lag eine moderne Illustrierte vor mir, auf Hochglanzpapier gedruckt, mit einer ungewohnten Textvielfalt, von Biologie über Meinungsbeiträge, mit Gewässer-Reportagen und Artikeln über unbekannte Angelmethoden. Das Ganze bebildert mit Fotos in nie gesehener Qualität. Der Mann, der dieses Konzept im Auftrag des Hamburger Verlegers Alexander Jahr zu verantworten hatte, hieß Karl Koch, und ich sollte ihn schon bald als ebenso fordernden wie vorbildlichen Chefredakteur näher kennenlernen.
Bodenständig und offen für Neues
Die Atmosphäre in den Redaktionsräumen am Burchardplatz in Hamburg blieb lange Jahre eine des Aufbruchs. Experimente waren ausdrücklich erlaubt, überdurchschnittlicher Einsatz wurde vorausgesetzt. Und Karl Koch, kurz KK genannt, ging mit gutem Beispiel voran. So bodenständig er als Angler war – erst kam der Hecht, dann kam der Aal – so offen war er für Neues. Die Lektüre internationaler Angelzeitschriften war Pflicht in der Redaktion. Wir bezogen im Austausch sogar ein japanisches Magazin, obwohl wir kein einziges Schriftzeichen entziffern konnten. Ich erinnere mich, dass uns in all den Jahren genau einmal ein ungewöhnliches Foto darin auffiel, das ich dann prompt aus Tokio anfordern sollte …
Auf diesem Wege und dank KKs Kontakten zu den Stars der britischen Angelszene, damals das unangefochtene Mutterland des modernen Sportfischens, kamen Deutschlands Angler erstmals mit Feeder-Rute und Schwingspitze in Berührung, später mit Boilies und der Haar-Methode. Zu den journalistischen Innovationen aus dem Jahr-Verlag gehörten die BLINKER-Hitparade, die Expertenrunde, in der Leserfragen beantwortet wurden, das Fischbilder-Lexikon und die ersten Angel-Sonderhefte an deutschen Kiosken.
Der Aufstieg zu Europas auflagenstärkster Angelzeitschrift mit Lizenzausgaben u.a. in den Niederlanden, Frankreich und Russland war kein Zufall. Karl Koch verstand es, einen großen Kreis engagierter Mitarbeiter um sich zu scharen, unabhängig von Charakter, Alter, Herkunft und Beruf. Hauptsache, sie waren begeisterte Angler und konnten davon spannend erzählen. Erfuhr KK über einen von ihnen von einem neuen Köder oder einem kaum bekannten Gewässer, kam keiner davon, ohne sein Geheimnis preiszugeben. Das Beharrungsvermögen und den kämpferischen Einsatz unseres Chefredakteurs bekamen auch wir Kollegen beim Betriebssport zu spüren, wenn man versuchte, KK mit Fußball oder Basketball zu umdribbeln. Das endete schon mal mit blauen Flecken und dem resignierten Ausruf unseres Trainers: „Gelbe Karte, Karl!“
Karl Koch – Der gute Kumpel von nebenan
Ganz anders beim Angeln. Am Wasser wurde aus Karl, dem Kantigen, der gute Kumpel von nebenan. Er kannte keine Gegner oder vor allem keinen Fangneid. Jeder Fisch, egal wer ihn fing und egal wie gewöhnlich er war, begeisterte ihn aufs Neue. Hinzu kam ein ansteckender Optimismus. Ein zaghafter Zupfer an der Pose deutete auf einen Fischschwarm hin, ein ferner Platscher konnte nur von einem nahenden Räuber stammen. Ein abgekommener Fisch musste ein wahres Monster gewesen sein.
Angeln blieb für Karl Koch das zentrale (aber bei weitem nicht das einzige) Interessengebiet auch im Ruhestand. So fischte er für die Kollegen der Zeitschrift FliegenFischen Neuigkeiten aus dem Internet und fotografierte für ESOX und ANGELSEE aktuell die leckeren Gerichte, die seine Frau Inge aus den gefangenen Fischen zauberte. Dass er aus gesundheitlichen Gründen nach und nach auf das Bootsangeln und auf sein geliebtes Nachtangeln verzichten musste, war ein schwerer Schlag für ihn. Aber es gab bis zum Schluss kaum ein Gespräch in seinem letzten Domizil, in dem wir nicht auch auf Hechte, Aale und Angelzeitschriften zu sprechen kamen. Goodbye, KK! Möge Dein Himmel voller Hechtgewässer sein.