Dietmar Isaiasch ist einer der bekanntesten Raubfischangler überhaupt. Blinker-Redakteur André Pawlitzki konnte den Experten ausführlich befragen.
Beginn der Angelkarriere von Dietmar Isaiasch
Blinker: Dietmar, Du angelst inzwischen seit mehr als 50 Jahren. Wie verliefen Deine anglerischen Anfänge?
Dietmar Isaiasch: Mit 4 oder 5 Jahren entdeckte ich die Freude am Angeln. Meine Eltern machten meistens Urlaub im ehemaligen Jugoslawien und in den Masuren in Polen. Hier habe ich auch meine ersten Fische gefangen.
Seit wann hast Du Dich ganz auf das Raubfischangeln verlegt?
In meinen Anfangsjahren war ich zuerst ein begeisterter Stipper und habe schon als junger Angler an nationalen und internationalen Wettbewerben teilgenommen. In den Monaten April bis Ende September angelte ich auf Weißfische, in den Wintermonaten dann auf Räuber. Fische mit Zähnen wie Hecht und Zander habe ich immer schon gemocht.
Dietmar Isaiasch: Köderentwickler, Herausgeber und Weltmeister
Mit Deinem Namen verbindet man auch tolle Köder. Damals hast Du die Köder der US-Marke Mann’s Bait nach Europa gebracht. Wie kam es dazu?
Das war eigentlich ein glücklicher Zufall. Während meines BWL-Studiums in Bochum besuchte ich auch internationale Angelmessen. Hier traf ich Frank Oelerich, den Eigentümer von Mann’s Bait und er lud mich in die USA ein. Gemeinsam überlegten wir, welche Köder für den deutschen Markt geeignet seien. Weil kaum ein Ami-Köder geeignet war, entwickelte ich den „Action Shad“, den ersten Gummifisch mit Twisterschwanz, außerdem den „Loudmouth II“ und arbeitete an vielen weiteren Produkten, wie beispielsweise dem „Little George Spin-Jig“. Das alles geschah von 1990 bis 1994.
Was viele nicht wissen: Du warst sogar mal Herausgeber und Mitentwickler von „Der Raubfisch“. Warum hast Du diese Schiene nicht weiter verfolgt?
Als Journalist habe ich seit 1992 für bis zu zwölf internationale Angelmagazine geschrieben. Und so kam es auch zu der Idee, ein eigenes Magazin zu gründen. Allerdings währte diese Periode als Herausgeber und Chefredakteur nur wenige Jahre, weil der Paul Parey Verlag das Blatt aufkaufte. Die Zeit an sich war aber toll, zumal ich neben dem deutschen „Raubfisch“ auch die niederländische Version „De Roofvis“ mit meinem Freund Steef Meijers auf den Markt brachte. Zusammen mit Achim Seiters, dem Grafiker der „Karpfenszene“, brachten wir im Zwei-Monats-Wechsel die beiden Magazine heraus.
Damals hast Du mit Deiner Frau Carmen oft in den Niederlanden geangelt. Begleitet sie Dich auch heute noch zum Angeln?
Auf jeden Fall ist Carmen immer noch dabei. Mittlerweile agiert sie als meine Kamerafrau. Sie sammelt das ganze Material, was dann von einem externen Dienstleister gesichtet und geschnitten wird.
Als Duo habt ihr in Frankreich den ersten Weltmeister-Titel im Raubfischangeln vom Boot geholt. Wie kam es dazu?
Carmen und ich nahmen an einem dreitägigen internationalen Raubfisch-Wettangeln teil. Vor Ort waren rund 70 Boote aus 13 Nationen. Geangelt wurde auf Hecht, Zander und Barsch. Am Ende wurden die Zentimeter aller gefangenen Fische zusammengezählt. Es war der Vorläufer aller danach folgenden Raubfisch-Meisterschaften. Carmen und ich fingen zwar Hechte und Zander, aber leider keinen Barsch. Allerdings hatten wir die meisten und mit Abstand größten Fische, was viele Punkte gab. Schlussendlich waren es so viele, dass wir als Team die allererste Raubfisch-WM gewannen.
Stationen des Produktentwicklers Dietmar Isaiasch
Langeweile kommt bei Dir nicht auf, denn Du bist quasi ein Mann für alle Fälle und hast häufig gleich mehrere Projekte am Start. Gehen wir Deine beruflichen Stationen einmal durch.
Angefangen habe ich bei Silstar als Junior-Produktentwickler. Dann wurde die Firma zusammen mit D.A.M an den niederländischen Investor Freetime verkauft. Deshalb bin ich 1997 nach Holland gezogen. Für Freetime habe ich das Zubehörprogramm und weitere Marken betreut. Danach habe ich mich dann entschlossen, meinen eigenen kleinen Großhandel zu starten, zusammen mit Mann’s Bait. Dann hat die Firma Ultimate Hengelsport mein Geschäft übernommen und ich habe dort zusammen mit Bertus Rozemeijer seine Rozemeijer-Range aufgebaut und promotet.
Wie ging es dann für Dich weiter?
Als Ultimate Konkurs anmelden musste, kam Cliff Fox auf mich zu, der einen Produktentwickler für die neue Marke „Fox Rage“ suchte. Und so entwickelte ich so bekannte Raubfischköder wie den „Zander Pro“ und den „Pro Shad“, aber auch die Terminator-Ruten und unzählige weitere coole Produkte. Überhaupt konnte ich mich bei Fox Rage voll entfalten. Dann wurde die Firma verkauft, und ich wanderte weiter.
Anschließend kam Deine Zeit bei Zebco, wo Du die „Mr. Pike“-Range, „Freak of Nature“-Swimbaits und das „4Street“-Programm entwickelt und zur Serienreife gebracht hast. Bist Du der Meinung, dass Streetfishing immer noch ein großer Trend ist?
Streetfishing wird es immer geben, weil es immer Angler geben wird, die vom Ufer fischen. 80 Prozent aller Angler besitzen kein Boot. Auch der UL-Bereich, also das Angeln mit kleinsten Ködern, hat immer noch nichts an Popularität verloren. Und dass man das Streetfishing auch in urbanen Zentren und nicht nur auf dem Land ausüben kann, steigert den Reiz ungemein.
Dann ging es zu Westin. Welche Unterschiede konntest Du zwischen einem amerikanischen Unternehmen wie Mann’s Bait und Zebco und einer skandinavischen Firma wie Westin feststellen?
Die Amerikaner sind extrem profitorientiert. Der Mensch als Mitarbeiter zählt da eher weniger. Die viel beschworene „Hire and Fire“-Mentalität ist in den meisten US-Firmen stark ausgeprägt. Bei den Skandinaviern dreht sich alles um die Familie. Entsprechend familiär geht es bei Westin zu. Außerdem werden Vorschläge von Mitarbeitern angehört und diskutiert, auch wenn diese nicht sogleich umgesetzt werden können.
Während all dieser Jahre hast Du auch privat Gummifische gebaut oder getunt. Wie kommst Du auf die Ideen für neue Köder?
Neben Gummifischen habe ich auch Ruten gebaut, und es gibt kaum eine Fabrik in Fernost, die ich nicht von innen gesehen habe. Bei den Ideen für Köder und Ruten bin ich immer auf der Suche nach dem Optimalen. Ich suche immer noch nach dem ultimativen Köder und komme stets dichter dran – dank der vielen Jahre Erfahrung und Stunden am Wasser. Aber solange ich nicht mit den Hechten und Zandern drüber gesprochen habe, wird es den wohl nie geben.
Viele Jahre Deines Berufslebens hast Du in den Niederlanden gelebt. Was begeistert Dich an den Angelmöglichkeiten in den Niederlanden im Vergleich zu Deutschland?
Ganz klar: Catch & Release! In den Niederlanden werden Angler viel mehr akzeptiert als in Deutschland. Das Image der Angler ist dort ganz klar positiver und die Bestände sind aufgrund von Catch & Release deutlich besser.
Während Deiner Jahre als Entwickler warst Du ja auch schon mehrfach in China. Wie hat sich die Zusammenarbeit mit den Chinesen in der Produktion seit Corona verändert?
Bei Corona hatte ich Glück und konnte mit dem letzten meiner 100 Flüge China wieder verlassen, bevor einen Tag später der Lockdown kam. Seither ist es schwierig, nach China einzureisen. Deshalb ist es aktuell langwieriger geworden, neue Produkte zu entwickeln, weil man sich nicht mehr so häufig begegnet und kleine Ideen und Änderungen nicht mal eben so umsetzen kann. Außerdem kommt es in China immer mal wieder zu Lieferengpässen.
Heute arbeitest Du als Vertriebsleiter und Produktentwickler von Fairpoint in den Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz. Wie unterscheidet sich die Angelei in Österreich und der Schweiz vom Angeln in Deutschland?
Der deutsche Angler ist neuen Methoden gegenüber meist offener als der Schweizer oder Österreicher. Viele neue Rigs und Finesse-Methoden sind bei unseren südlichen Nachbarn nicht so angesagt. Während in Österreich und der Schweiz traditionell geangelt wird, probieren deutsche Angler auch schon mal ein Tokyo– oder Jika-Rig aus.
Dietmar Isaiasch, der Angel-Experte
Zurück zur Praxis: Was waren Deine größten Exemplare bei Hecht, Barsch und Zander?
Mein größter Zander hatte eine Länge von 107 cm und wog geschätzt 15 kg. Meine größte Barschmurmel war 55 cm lang und mein längster Hecht 138 cm. Alle diese Fische habe ich während meiner 25 Jahre, die ich in Holland gelebt habe, gefangen.
Was betrachtest Du als die wichtigste Erfindung für das Angeln in den letzten Jahren?
Das Einbringen von Hochleistungsfasern in viele unserer Materialen, zum Beispiel die geflochtenen Schnüre aus Dyneema-Fasern, die extrem gut einen Biss übertragen. Ich denke aber auch an andere Kunst- und Grafitfasern, die im Ruten- und Rollenbau verwendet werden, um das Gerät noch leichter und robuster zu machen.
Hast Du eine bestimmte Angeltechnik, die Du gegenüber allen anderen bevorzugst?
Das Vertikalangeln habe ich mit populär gemacht und damit auch dicke Zander gefangen. Allerdings ist meine Lieblingsmethode das Jiggen. Dabei fühle ich am besten, wie der Köder eingesaugt wird. Ich fische dabei für jeden Biss. An manchen Tagen funktioniert auch das Dropshotten sehr gut, was ich seit Anfang an mache.
Gibt es für Dich überhaupt ein Leben neben dem Angeln? Hast Du noch andere Hobbys?
Klar! Ich liebe es, zu zeichnen und zu fotografieren. Außerdem ist da noch meine kleine Familie mit meiner Frau Carmen, Hund Charlie und Katze Oleg.