Mari Attendorn/Kreisgebiet

In einem Halbkreis sitzen 19 Männer zusammen. Vor ihnen sind verschiedene Angelgeräte und entsprechendes Zubehör aufgebaut. „Welche Aufgaben erfüllen After- und Rückenflossen heimischer…

…Fische“, will Erich Clemens von der Sportfischerschule Clemensin Wenden wissen. „Sie dienen der Stabilisation“, antwortet einer der Teilnehmer. Korrekte Antwort. Sie kann eine der 60 Antworten sein, die bei der Fischerprü-fung aus einem Katalog mit 362 Aufgaben abgefragt werden. Da ist Büffeln angesagt. Und Büffeln kostet Zeit. Für die 19 Männer des neuen Kurses von Erich Clemens kein Problem. Als Inhaftierte der Justizvollzugsanstalt Attendorn haben sie Zeit und sind froh, eine sinnreiche Beschäftigung zu haben. Bereits vor zwei Jahren führte Gefängnispfarrer Werner Schrage erste Gespräche mit Erich Clemens. Den Kurs zur Fischereiausübung mit Prüfung sah er als sinnvolle Beschäftigung für seine Zöglinge. „Da werden sie gefordert und müssen Verantwortung für Natur und Fi-sche übernehmen.“ Nach langen Vorbereitungen war es jetzt endlich soweit, der erste Kurs konnte starten. „Erich Clemens und sein Kollege Marc Hanelt machen das ehrenamtlich und die Sparkassen im Kreis Olpe haben die Prüfungsgebühr von 450 Euro für alle Teilnehmer gesponsert“, freute sich Werner Schrage, dass seine Bemühungen nun Früchte tragen. Früchte vor allem auch dahingehend, dass gleich ein reges Interesse bei den Häftlingen geweckt wurde. „Ich esse gerne Fisch und finde es gut, dass ich den Fisch, den ich später ver-zehren werden selber angeln und zerlegen kann“, sagt ein Teilnehmer. „Und das ganz legal“, scherzt ein anderer zur allgemeinen Erheiterung der Runde. Eigentlich ist es ein sehr trockener Unterricht, doch Erich Clemens und sein Kollege verstehen es, diesen sehr lebendig zu gestalten. Die Begeisterung der Teilnehmer macht ihnen das leicht. Der theoretische Teil umfasst 20 Stunden. Erich Clemens hat sich fest vorgenommen, alle Teilnehmer bei der Prüfung Anfang November durchzubringen. „Die Inhaftierten hier sind Freigänger und sie können ihr Hobby gleich nach der Prüfung ausüben“, sieht Clemens das Angeln als Bereicherung für die oft stupide Zeit im offenen Vollzug. Allerdings ist dazu noch der Erwerb eines Fischereischeins erforderlich. Für sein ehrenamtliches Engagement ver-zichten er und sein Kollege auf eine schöne Summe Geld. Normalerweise kostet ein Angelschein mehr als 100 Euro. In Zusammenarbeit mit der Unteren Fischereibehörde konnten sie erreichen, dass alle Teilnehmer in Olpe geprüft werden. Normalerweise muss die Prüfung am Meldungsort abgelegt werden. Neben den Antworten auf 362 Fragen lernen die Teilnehmer das Zusammenbauen und Zu-sammenstellen von Angelgeräten mit Zubehör. Nach der am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Verordnung werden auch Belange des Natur- und Artenschutzes stärker berücksichtigt. Als erstes Bundesland überprüfen die Unteren Fischereibehörden in NRW auch die Fischarten-kenntnis anhand von Bildtafeln. Auf mindestens vier von sechs nach dem Zufallsprinzip ge-zogenen Bildtafeln müssen die Prüflinge die abgebildete Art richtig erkennen. Werner Schrage freut sich, dass seine Idee so gut eingeschlagen ist. Der Diakon ist ständig bemüht, seinen Zöglingen Abwechslung vom Gefängnisalltag zu bieten. Bereits zweimal or-ganisierte er Rockkonzerte mit „Wishless“ und „Seven ab“, die sehr gut ankamen. Das nächste Event hat er auch schon im Auge: Am 25. Oktober startet hinter Gittern ab 19 Uhr ein „Kölscher Abend“ mit Diakon und Büttenclown Willibald Pauls, der als „Rheinischer Jung“ stets die Lacher auf seiner Seite hat. Mit von der Partie ist Klimpermännchen Thomas Cüp-per mit seiner Quetsche, die perfekte Imitation von Willi Ostermann. Foto angel: Diakon Werner Schrage (li.) und Erich Clemens und Marc Handelt von der Sport-fischerschule Wenden mit einigen der Teilnehmern des Angelkurses an der Justizvollzugsanstalt Attendorn.


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