Vom Barbenangeln hatte ich schon viel gehört und gelesen. Aber gefangen hatte ich bis dato noch keine, da es in meiner Heimat schlichtweg keine Gewässer mit guten Aussichten auf ihren Fang gibt. Was sollte ich tun? Wo konnte auch ich endlich einen dieser faszinierenden Fische an den Haken bekommen? Schließlich berichtete mir nahezu jeder Barbenangler von unvergesslichen Drills, in denen die Fische unglaubliche Kräfte entwickeln und einem jede Menge anglerisches Geschick abverlangen.
Barbenangeln in England: Wo sonst?
Mir kam der Gedanke, die Fische dort zu beangeln, wo sie regelmäßig und in stattlichen Größen gefangen werden – in England, quasi dem „Home of Barbel Fishing“. Kurzerhand kontaktierte ich meine beiden Kollegen Oli Davies und Alan Blair, verabredete mich mit ihnen und nutzte ein paar freie Tage für einen Kurztrip auf die Insel. Ich kann es vorwegnehmen, mein Ausflug entwickelte sich zu einem vollen Erfolg: An der Seite von Oli Davies fing ich meine erste Barbe in Südengland in einem innerstädtischen, urbanen Verbindungskanal vom Parkplatz aus. Später folgten weitere unter fachkundiger Anleitung von Alan Blair, mit dem ich vor allem an den winzigen Flüssen Englands den Barben und auch Döbeln nachstellte.
Faszinierende Leichtigkeit beim Angeln auf Barben an der freien Leine
Auf meiner Reise wollte ich aus erster Hand möglichst viel über das Barbenangeln wissen und lernen – und schaute den beiden Briten fortwährend neugierig über die Schulter. Ihr Angelstil war einzigartig. Euphorisch wie kleine Kinder gingen sie auf die Barbenpirsch. Ihre Ausrüstung war recht spartanisch: Eine Kopflampe, eine Abhakmatte, ein Futtereimerchen nebst Angelrute und etwas Schrotblei – mehr hatten sie nicht dabei. Ich fühlte mich sofort in die Zeit meiner Jugend zurückversetzt. Das Angeln in seiner Einfachheit so intensiv zu genießen und obendrein noch erfolgreich zu sein, ist eine Kombination, die mich bis heute in ihren Bann zieht.
Gerät für die Barbenpirsch
Für das mobile Angeln am Fluss sind leichte Teleskop- oder Steckruten in 3 lbs ideal. Zu unserem Tackle gehören außerdem ein Rucksack für Köder und Proviant, ein Kescher und eine Abhakmatte, die als Sitzkissen in der eigentlich kurzen Angelzeit zweckentfremdet wird. Wir ziehen grundsätzlich ohne Stuhl los, weil wir mehr laufen, füttern und angeln, anstatt zu sitzen. Beim Angeln mit der freien Leine wird der Haken ohne Wirbel direkt an die Hauptschnur angeknotet. Im Prinzip gibt es gar keine Montage. Das daumengroße Stück Frühstücksfleisch dient als Wurfgewicht.
Reicht das Eigengewicht nicht aus, wird das Fleisch gedippt und mit Stick Mix ummantelt, gedippt und erneut ummantelt. Alternativ dazu kommt etwas Schrotblei auf die Hauptschnur. Bei zu starker Strömung wird der Hakenbogen mit etwas Bleidraht (Lead Wire) umwickelt. Dadurch wird der Hakenköder deutlich schwerer und driftet weniger schnell ab.
Angelhaken für Barben an der freien Leine
Als Haken haben sich stabile, nicht zu dünndrahtige Modelle mit einem weiten Hakenbogen bewährt. Der weite Bogen ist wichtig, um ausreichend Halt im Köder zu finden. Nach dem Biss ist Stabilität gefragt. Haken in der Größe 6 bis 8 müssten dem wehrhaften Kampf einer Barbe in der Strömung vor Hindernissen standhalten können. Mein Lieblingsmodell ist der „Claw“ von Nash. Bei diesem Haken ist die Spitze leicht nach innen gebogen, dadurch bleibt sie bei Strömung und Kiesboden länger scharf.
Barben an der freien Leine: Suche bei Tag und Nacht
Vor dem Angeln wird ein großer Flussabschnitt abgelaufen. An jeder vermeintlichen Barbenstelle werden ein bis zwei Hände Futter verteilt. Aus diesem Grund braucht man 2 bis 3 kg Grundfutter, einen guten Schluck Dip oder Liquid, Boiliebruch, Maden und ein paar wenige Stücke Frühstücksfleisch. Mit dieser Mischung legen wir stark aromatische Duftspuren, die die Barben in Wallung bringen.
Das Futter verteilen wir an überhängendem Buschwerk, Strömungskanten, scharfen Außen- und Innenkurven, Brücken und Kiesbänken. Es gibt nie einen Bereich, in dem es immer läuft. Die Standorte der Barben sind abhängig von der Tageszeit und dem Wetter. Warten ist für uns keine Option, wir suchen die Barben beim zweiten Rundgang nach der Futterrunde. Auf leisen Sohlen – mit Polbrille oder in der Nacht mit der Kopflampe – schleichen wir durchs Gras, halten ausreichend Abstand zum Ufer und machen unsere Hälse lang. Wir halten Ausschau nach Wassereintrübungen, aufsteigende Blasen oder eben direkt nach den Barben.
In der Nacht lassen sie sich vom Schein der Kopflampe kaum beirren. Schreckhaft reagieren sie nur auf einen Fehltritt, also auf deutlich wahrnehmbare Erschütterungen am Ufer. Die Stellen kontrollieren wir so lange, bis wir Barben oder Anzeichen von Barben gefunden haben. Manchmal laufen wir die halbe Nacht und füttern gegebenenfalls nach, manchmal laufen wir nur zwei Minuten und werden umgehend fündig.
Schnurschwimmer oder doch ein Biss?
Geangelt wird meist nur mit einer Rute. Den Köder platzieren wir möglichst unauffällig und leise per Pendelwurf an dem vermeintlichen Hotspot. Die Fische sollen schließlich nicht verschreckt werden. Der ins „heiße Areal“ geschlenzte Köder sinkt bedingt durch die Strömung an lockerer Schnur langsam, fast schon wie in Zeitlupe zu Boden. In aller Regel sinkt er so langsam, dass er erst dort zum Erliegen kommt, wo sich die natürliche Nahrung oder auch unser zuvor eingebrachtes Futter angesammelt hat. Dies sind für uns Angler meist unsichtbare Stellen, winzige Bodenwellen oder kleine Kanten im Flussbett.
Mit einem Festblei würde der Köder immer dort liegenbleiben, wo das Blei absinkt. An der freien Leine bleibt der Köder beweglich, wir geben ihm nicht dauerhaft vor, wo er exakt liegen soll. Er sucht sich ein Stück weit den Weg selbst. Der Anhieb verlangt Geduld und ein gutes Timing, denn er wird erst gesetzt, wenn die Rutenspitze deutlich ausschlägt. Barben schwimmen oft in die Schnur. Was dann wie ein kurzer Biss aussieht, entpuppt sich häufig lediglich als heftiger Schnurschwimmer. In diesem Moment ist jede Menge Körperbeherrschung gefragt. Nicht bewegen! Nach dem Fang der ersten Barbe heißt es nachfüttern und weiterziehen. Nur selten fingen wir an den kleinen Flüssen unmittelbar nach der ersten Barbe noch eine zweite. Kleine Flüsse sind spannend, aber auch hellhörig.
Köder für Barben an der freien Leine
Einer der besten Barbenköder ist Frühstücksfleisch. Ich muss aber gestehen, dass es mir mindestens genauso gut schmeckt wie den Fischen. In der Konserve ist es ewig haltbar und immer ein Hochgenuss, als Hakenköder bei Barben dank seines tollen Aromas und der idealen Konsistenz nahezu unschlagbar. Optimal ist es, wenn der Haken komplett im Fleisch versenkt wird. Die Hakenspitze kann sich so nicht in Ästen verfangen oder mit Laub füllen – der Köder liegt zu 100 Prozent fangfähig am Boden.
Wichtig ist es, dass Sie den Biss mit einem beherzten Anhieb quittieren. Das Fleisch ist so weich, dass es den Haken sofort verlässt und der Greifer hoffentlich sicher im Fischmaul fasst. Wenn auch Sie nun Lust auf das Barbenangeln mit dieser faszinierenden Methode bekommen haben, wünsche ich Ihnen viel Erfolg. Ein Versuch lohnt in jedem Fall!
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