Ein Hechtansitz ist keine Pike-Session! – Englisch beim Angeln

Wer einen Angelladen betritt, sollte vorher Englisch studieren: Ob Kunstköder, Teig oder Ruten – fast alle Produktnamen kommen aus Amerika. Blinker-Kolumnist Martin Wehrle findet Englisch beim Angeln lächerlich und fordert: Sprecht wieder Deutsch am Angelwasser!

Manchmal hat man den Eindruck, erst Englisch lernen zu müssen, um überhaupt mit dem Angeln anfangen zu können. Doch es gibt gute deutsche Übersetzungen. Bild: BLINKER

Bild: BLINKER

Manchmal hat man den Eindruck, erst Englisch lernen zu müssen, um überhaupt mit dem Angeln anfangen zu können. Doch es gibt gute deutsche Übersetzungen.

Heutzutage ist Englisch beim Angeln nicht nur allgegenwärtig, sondern meiner Meinung nach zu einer regelrechten Krankheit geworden. Glauben Sie nicht? Wie wär’s hiermit:

Neulich habe ich einen Killer bestellt. Das ging einfacher, als Sie denken: Eine E-Mail, schon kam er ins Haus. Begleitet von einem Totengräber, einem Terminator und einem Sensenmann. Noch einen Moment, bevor Sie mich verpfeifen: Vielleicht beherbergen Sie die gleichen Gangster! Sie meinen, das kann nicht sein? Ganz sicher? Mein Quartett des Grauens reiste in einem Postpaket an, verschickt von einem Gerätehändler. Schauen Sie mal nach, wie Ihre Kunstköder heißen – und übersetzen Sie die englischen Namen! Ich wette, dass mindestens ein „Killer“ unter dem Dach Ihrer Köderkiste haust.

Im schlimmsten Fall werden Sie noch dazu einen „Ghost“ (Geist), einen Grave-Digger („Totengräber“) oder einen Grim Reaper Lure („Sensenmann-Köder“) ans Licht fördern. Aber nicht nur die Kunstköder, sondern das komplette Angelzubehör wird mittlerweile mit englischen Begriffen bezeichnet.

Braucht man Dolmetscher für Angelzeitschriften?

Dank dem Englisch beim Angeln weiß ich endlich, was ein „Anglist“ ist: Das ist jemand, der Englisch studiert, bevor er sich zum Angeln traut. Damit er sich nicht mit seiner deutschen Sprache im Geräteladen blamiert. Und damit er seine Angelzeitschrift noch ohne Simultan-Dolmetscher lesen kann.

Method Feeder mit Hair-Rigs zum Anködern von Baits wie Pellets oder kleinen Boilies - Bitte was?!

Bild: A. Pawlitzki

Method Feeder mit Hair-Rigs zum Anködern von Baits wie Pellets oder kleinen Boilies – bitte was?!

Englisch beim Angeln: Wer versteht diesen Käse noch?

Der Nicht-Anglist ist arm dran! Woher soll er wissen, dass ein „1 Man Dome Bivvy“ einfach nur ein Karpfenzelt ist? Dass eine „Paddle and Curl Tail Combo Pack“ nichts weiter als zwei Gummifische mit wackelnder Flosse sind? Oder dass es sich bei „Braided Loops“ einfach nur um Schlaufenverbinder zwischen Fliegenschnur und Vorfach handelt? Verzweifelt eilte der Nicht-Anglist zur nächsten Ecke des Fachgeschäftes. Dort steht er vor einem „Twisting Tail“, daneben wartet ein „Duckfin Bug“, flankiert von einer „Hiroshi Crab“ – merkwürdige Gummiköder, natürlich bestens fürs „Dropshot-Rig“ geeignet.

Tja, was tut man da ohne Englisch-Studium? Eine Möglichkeit wäre, diesen ganzen Käse so lange liegen zu lassen, bis er endlich mit deutschen Begriffen bezeichnet wird. Aber dann bleibt der Einkaufskorb womöglich leer, da sich das Englisch beim Angeln mittlerweile etabliert hat. Denn sogar in der bodenständigsten Ecke des Geräteladens, beim Zubehör für den Forellenteich, dominiert die englische Sprache: Auftreibende Eier werden hochstilisiert zu „Floating Eggs“, ein auftreibender Wurmersatz nennt sich „Fat Floting Trout Worm“, und angeblich süße Plastikwürmer trumpfen auf als „Honey Worms“.

„Aber eine Angelrute ist doch immer noch eine Angelrute!“, hofft der Nicht-Anglist – bis er vorm Rutenständer steht. Auch dort stößt er auf Englisch beim Angeln, denn die Karpfenrute nennt sich „Carp Rod“, die Länge wird oft in Feet angegeben, und das Wurfgewicht in englischen Pfund, also lbs. Der moderne Angler sollte in der TV-Show „Wer wird Angelmillionär?“ auf Anhieb wissen, dass zwei lbs einem empfohlenen Wurfgewicht von 45,40 Gramm entsprechen – und wehe, die Kommastelle stimmt nicht!

Spontane Pike-Session auf dem Belly-Boat mit einer Baitcaster-Combi als Tackle zum Angeln mit Jerkbaits – ah ja … Foto: J. Radtke

Bild: J. Radtke

Spontane Pike-Session auf dem Belly-Boat mit einer Baitcaster-Combi als Tackle zum Angeln mit Jerkbaits – ah ja …

Löschtaste für das Englisch beim Angeln

Wehmütig denke ich an meine beiden journalistischen Lehrmeister zurück: Karl Koch, den Henri Nannen des Angeljournalismus, und Richard Lütticken, den besten Sprachkenner weit und breit. Beide beherrschten ausgezeichnet Englisch. Aber wer als Redakteur den BLINKER-Chefs einen Anglizismus in sein Manuskript schrieb, lernte Karl Kochs legendären Rotstift oder Richard Lüttickens flinke Löschtaste kennen.

Ein Hechtansitz ist eben keine „Pike Session“. Wer eine Angeltasche als „Stalking Bag“ bezeichnet, könnte völlig missverstanden werden (und von der Polizei verfolgt). Und dass ein schwimmender Reifen als „Bellyboat Outcast Fish Cat“ daherkommt, hängt womöglich damit zusammen, dass sich ein so einfaches Konstrukt unter diesem wichtigtuerischen Begriff für mehr Kohle verkaufen lässt. Muss man Angelgeräte so bezeichnen? Nein. Muss man solche Begriffe aus dem Englisch beim Angeln nachplappern? Erst recht nicht.

Schwemme von Anglizismen

Aber woher kommt die Anglizismen-Schwemme? Seit Jahren beobachte ich, wer die Sprachumwelt mit englischen Begriffen verschmutzt: vor allem jene Zeitgenossen, die selbst nur sehr bescheiden Englisch können. Manchmal habe ich den Eindruck, sie kommen sich einfach weltmännischer vor, wenn sie nicht zum Karpfenangeln an den Graben fahren, sondern zu einer „Freshwater-Carphunting-Session“ aufbrechen.

Und vielleicht denken Angelfirmen: Was englisch klingt, kommt bei Käufern besser an. Ich aber bin sicher: je verständlicher, desto besser. Nichts berührt Menschen so tief wie ihre Muttersprache,  in der sie ihr erstes Wort gebrabbelt, ihr erstes Buch gelesen und ihre erste Liebeserklärung gehaucht haben.

Und falls Sie selbst als „Product Manager“ in einer „Tackle-Company“ beschäftigt sind und mir ein kritisches „Feedback“ zu meinem frechen Artikel geben wollen: Eine „Rückmeldung“ reicht völlig. Und Sie dürfen als „Produktchef einer Gerätefirma“ unterzeichnen. Dann verstehen wir uns.

Englisch beim Angeln: Wir bringen Licht ins Dunkel!

  • Action-Shad – Gummifisch mit sehr ausgeprägter Bewegung
  • Anti-Reverse-System – unendliche Rücklaufsperre von Stationärrollen
  • Anti-Tangle-Boom – Kunststoffröhrchen, das Verwicklungen und Drall der Montage verhindert
  • Backlash – verwickelte Schnur
  • Backlead – Absenkblei
  • Bait – Köder
  • Baitball – Köderfischschwarm
  • Baitband – Gummiband zur Köderbefestigung
  • Bait-Booster – Lockstoff, meist flüssig, den man auf Boilies oder Partikel gibt
  • Baitcaster – kleine Multi­rolle zum Spinnfischen
  • Baitdropper – Anfütter­hilfe, die sich bei Kontakt am Gewässergrund öffnet
  • Baitrunner – Stationärrolle mit Freilauffunktion
  • Ball Bearing – Kugellager
  • Bankstick – einzelner Rutenhalter mit Gewinde
  • Bedchair – Liege zum Ansitz­angeln
  • Bivvy – Karpfenzelt
  • Boilie – hart gekochter Köder aus Eiweiß- und Fischmehlen
  • Boilie Crusher – Spezialwerkzeug zum Zerkleinern von Boilies
  • Braid – geflochtene Schnur
  • Breadpunch – Werkzeug zum Ausstechen von Brot­flocken
  • Buzzer Bar – breite Rutenablage, für zwei oder mehr Ruten
  • Carolina-Rig – Montage zum Spinnangeln mit einem Geschossblei (Bullet) und Kunststoffperle mit langem Vorfach
  • Carp Hunter – spezialisierter Karpfenangler
  • Carryall – große Tasche für Angelgerät
  • Catch & Release – Fangen & Zurücksetzten
  • Chatterbait – Bleikopfhaken mit Fransen, an dem am vorderen Teil ein Metallblättchen befestigt ist – wir in der Regel mit  einem Trailer versehen
  • Centrepin – Achsrolle
  • Crankbait – voluminöser Wobbler mit Tauchschaufel
  • Crimp – Quetschhülse
  • Circle Hook – Kreishaken
  • Curl Tail – Gummifisch (Action-Shad) mit Sichelschwanz
  • Deadbaiting – Angeln mit totem Köderfisch
  • Down Imaging – fotorealistische Darstellung der Unterwasserwelt auf dem Echolot
  • Downrigger – Vorrichtung, um Schleppmontagen auf Tiefe zu bringen
  • Dropshot – Montage mit Blei am Ende des Vorfachs
  • Fast Action –  schnelle Rutenaktion
  • Feedern – Angeln mit einem Futterkorb
  • Fishfinder – Echolot
  • Flavour – Aromastoff
  • Floater – Schwimmanzug

„Mit dem Jerkbait alle Hotspots abgesucht!“

  • Groundbait – Grundfutter zum Anfüttern
  • Guide – Angelführer
  • Hair – Haarvorfach
  • Hardbait – Kunstköder aus Plastik oder Holz
  • Hooklink – Vorfach
  • Hotspot – erfolgversprechende Angelstelle
  • Impact Shield – Hakenhalter beim Brandungsangeln
  • Inline-Rute – Rute mit Schnur­innenführung
  • Jerkbait – Wobbler ohne Tauchschaufel, der in Zickzack-Bewegungen läuft
  • Jerken – gleichmäßiges Schlagen der Rutenspitze beim Einholen
  • Jig – Haken mit Bleikopf
  • Karten-Plotter – Naviga­tionsgerät mit elektronischer Seekarte
  • Leadcore – Geflechtschnur mit Bleikern
  • Leader – Vorfach
  • Ledger Bead – Lochperle
  • Lip-Grip / Boga-Grip – Landezange, Landehilfe
  • Lipless Crank – Wobbler ohne Tauchschaufel
  • Location – Lage, Standort oder Position
  • Longcast – Weitwurf
  • Mashed Bread – aufgeweichtes Brot zum Anfüttern
  • Match-Rute – leichte Rute mit feinen Ringen
  • Method-Feeder – spezieller Futterkorb für feine Selbsthak-Montage
  • Minnow – kleiner, schlanker Wobbler
  • No-Action-Shad – Gummifisch mit geringfügiger Bewegung
  • No Knot – knotenlose Verbindung zwischen Haken und Vorfach
  • Paddle Tail – Gummifisch (Action-Shad) mit großem Schwanzteller
  • Pin Tail – Gummifisch (No-Action-Shad) mit nadelförmigem Schwanz
  • Pole – Kopfrute
  • Pole Cup – Becher zum präzisen Anfüttern beim Stippangeln, der auf die Rute gesteckt wird
  • Pop-Up – Boilie mit Auftrieb
  • Rig – Montage
  • Rig-Board – Aufbewahrungssystem für Vorfächer
  • Rod Pod – zusammenklappbarer, mobiler Rutenständer
  • Run – Flucht des Fisches nach dem Biss

„Ich bin kein Angler, sondern Specimen Hunter!“

  • Safety Clip – Kunststoffclip, in den das Blei eingehängt wird
  • Safety Rig – fischschonende Karpfenmontage mit Sollbruchstelle für das Blei
  • Shad – Gummifisch
  • Side Imaging – Echolot­ansicht, zeigt den Grund links/rechts vom Boot
  • Sideplaner – Scherbrett zum Schleppangeln
  • Snag-Ears – verhindern das Herunterreißen der Rute vom Bissanzeiger
  • Snap – Einhänger, Karabiner
  • Softbait – Gummifisch
  • Specimen Hunter – Spezialist für kapitale Fische einer Art
  • Speed Jigging – schnelle Köderführung
  • Spinnerbait – Jigkopf mit Fransen und Spinnerblättern am Drahtarm – wir in der Regel mit einem Trailer versehen
  • Spot – Angelstelle
  • Stalking – Pirschangeln
  • Stickbait – zigarrenförmiger Oberflächenköder
  • Subfloat – Unterwasser-Pose
  • Suspender – im Wasser schwebender Wobbler
  • Swimbait mehrteiliger Wobbler oder ein natürlich wirkender Gummifisch mit Schlängelbewegungen
  • Swivel – Wirbel
  • Swinger – Hängebissanzeiger
  • Tackle – Gerät
  • Tackle-Box – Gerätekiste
  • Texas-Rig – Montage zum Spinnangeln mit Geschossblei (Bullet) und Kunststoffperle ohne Vorfach
  • Tight Lines – „Stramme Leinen“, Anglergruß wie „Petri Heil“
  • Trailer – Gummiköder, welcher als Zusatzreiz auf den Haken gezogen wird (bspw. beim Chatter- oder Spinnbaits)
  • Trolling – Schleppangeln
  • Trotting – Angeln mit treibender Pose in Fließgewässern
  • Tube – Schlauch
  • TungstenWolfram (Metall)
  • Tungsten Putty – schwere Knetmasse zum Austarieren der Montage
  • Twister – Gummiwurm mit Sichelschwanz
  • Twitchbait – Kunstköder, der mit Bewegung der Rute gezupft wird
  • V-Tail – Gummifisch (No-Action-Shad) mit V-förmigem Schwanz
  • Wakebait – oberflächennah laufender Wobbler
  • Wormshaft – Schneckengetriebe bei Angelrollen

Haben Sie noch Anglerlatein (oder eher „Anglisch“), das in der Liste fehlt? Schreiben Sie Ihr Kauderwelsch gerne in die Kommentare!

 


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