Fischschonendes Aalangeln: Begleiten Sie mich heute zu einem kleinen Perspektivenwechsel. In meiner Heimat England hat das Aalangeln einen anderen Stellenwert als anderswo in Europa. Während die Fische zum Beispiel auch in Deutschland als Delikatesse gelten und somit vornehmlich zum Verzehr geangelt werden, wandern Aale in Großbritannien nach dem Fang zurück ins Gewässer. Bei uns auf der Insel ist – ähnlich wie beim Karpfenangeln – „Catch and Release“ angesagt.
Um die Fische schonend und möglichst unversehrt zurücksetzen zu können, bedarf es spezieller Montagen, die es den Aalen unmöglich machen, den Köder tief schlucken zu können. Wieso das für Sie auch interessant ist, obwohl Sie ihre gefangenen Aale vielleicht größtenteils entnehmen? Jeder Aalangler hasst den Ringkampf mit der Lösezange nach dem Landen, oder? Abschneiden ist oft die einzige Option – doch mit meinen Montagen sparen Sie sich das.
Ein kleines Ästchen reicht: Schlucksperre für fischschonendes Aalangeln
In England wird das Twig Rig (dt. „Ast-Montage“) von den meisten Aalspezialisten verwendet, gefolgt vom Bolt Rig (Festblei-Montage). Letztere wird bekanntlich nicht nur auf Aale, sondern auch auf andere Fischarten (Karpfen, Schleie) eingesetzt. Das Wichtigste beim Aalangeln mit dem Festblei ist ein extrem kurzes Vorfach von nur 5 cm Länge, kürzer als beim Karpfenangeln.
Meine Montage ist denkbar einfach: ein 75 g schweres Inlineblei, welches am Ende der Hauptschnur über den Wirbel geschoben wird. Die Hakengröße richtet sich nach der Ködergröße. Meistens komme ich mit 8er Haken ohne Widerhaken zurecht. Wenn man einen widerhakenlosen Haken beködert, schiebt man ein Stück Plastik auf den Haken, das den Köder gegen ein mögliches Abfallen sichert. Kommen wir nun zur Montage mit dem Ast.
Fischschonendes Aalangeln mit dem Twig Rig
Das Twig Rig sieht abenteuerlich aus: Ein kleiner Zweig wird nah vor dem Haken ins Vorfach eingebaut. Das ist irgendwie witzig, eigentlich will man ja, dass das Vorfach möglichst unauffällig und dünn ist – doch wir passen uns mit dem Stock auch dem Gewässergrund an. Der ist ja selten so sauber wie ein OP-Tisch, oder? Der Aal schöpft definitiv keinen Verdacht wegen des Stöckens. Um den Stock auf dem Vorfach zu fixieren, fädelt man zwei Silikonschläuche auf. In diese wird der Zweig oben und unten eingeschoben.
Ich selber verwende meistens Schrumpfschlauch statt Silikon, den ich über heißem Wasserdampf schrumpfe, damit der Ast fest auf dem Vorfach sitzt. Das Astende befindet sich nur einen Zentimeter vor dem Hakenöhr. Der Grund dafür, dass sich der Ast so nah vor dem Haken befindet, ist, dass sich die lebensnotwendigen Organe des Aals ungefähr eineinhalb Zentimeter hinter seiner Maulöffnung befinden. Nimmt ein Aal den Köder auf, verhindert der Ast, dass er den Köder tief schlucken kann.
Chancen auf eine fette Schleie „To go“
In den zurückliegenden Jahren habe ich mit beiden Montagen geangelt – und beide haben sich darin bewährt, dass Aale im vorderen Maulbereich gehakt werden und den Köder nicht schlucken. Ob ich sie in der Unter- oder Oberlippe hake, ist mir nicht so wichtig. Hauptsache, der Fisch landet im Kescher. Auf Aale angle ich in den meisten Fällen mit Würmern und Köderfischen, hier in England sind aber auch Garnelen sehr beliebt und fängig. Vielleicht ein Geheimtipp für Deutschland?
Wenn ich mit Würmern und Maden angle, bevorzuge ich das Bolt Rig, weil ich die Köder am Haar anbiete. Würde ich die Würmer oder Maden auf den Haken ziehen, kann es sein, dass die Hakenspitze von ihnen leicht verdeckt wird, da sie sich unter Wasser bewegen. Dann reicht das Festblei eventuell nicht aus, um den Fisch zu haken. Am Haar hingegen bleibt der Haken immer frei.
So erhöhe ich meine Chancen, auch (große) Brassen und Schleien als Beifänge haken zu können. Diese Fischarten mag ich nämlich genauso gern wie den Aal. Logischerweise angele ich mit Würmern und Maden nur an Gewässern mit niedriger Weißfischdichte ein, sonst wäre mein Hakenköder ständig in Gefahr und ich müsste häufig einholen.
Festbleimontage: Kreischende Bisse beim fischschonenden Aalangeln
Bei der Ast-Montage angle ich mit einem abriebfesten, geflochtenen Vorfach. Das ist schön geschmeidig und immer meine allererste Wahl – doch am Festblei kann ich es nicht benutzen, da die Gefahr von Verwicklungen besteht. Deshalb verwende ich bei diesem lieber ein steifes Fluorocarbon. Das hat mir bislang kein Aal durchgebissen. Zur Sicherheit überprüfe ich das Fluorocarbon aber nach jedem Fang auf Bissspuren.
Was mir beim Angeln mit dem Festblei besonders gefällt, ist, dass ich meine Montage wie ein Karpfenangler aufbauen kann. Die Bissanzeiger werden scharf gestellt, die Bobbins hängen in der Schnur, und wenn ein Biss kommt, dann ist es ein entschiedener. Der Bissanzeiger kreischt!
Das T-Bar-Rig: Die Mono-Maulsperre für Aale!
Eine weitere Montage, die beim Aalangeln ein zu tiefes Schlucken des Köders verhindert, ist die T-Bar-Montage. Bei dieser wird wieder kurz vor dem Hakenöhr ein Stück Schrumpfschlauch durchstochen und quer aufgefädelt, dann von zwei Posenstoppern gestoppt. In den Schrumpfschlauch stecke ich links und rechts zwei Stück ganz dicke Monofile (1 bis 1,5 mm) und schrumpfe ihn. So entsteht eine Art Querbalken vor dem Rig – eine echte Maulsperre. Dank dieser drei Montagen hake ich fast alle meine Aale ganz vorn. Probieren Sie es aus – auch, wenn die Rigs etwas merkwürdig anmuten – Sie werden erstaunt sein, wie gut „unsere“ englischen Tüfteleien funktionieren!