Fische landen: Wie nutze ich Kescher, Lip-Grip und Co.?

Bei der Landung besteht für Fische die Gefahr von unnötigen Verletzungen. Daher sollten wir Angler wissen, wie wir möglichst schonend mit unseren Fängen umgehen können. Wofür welche Landehilfe gut geeignet ist, erzählt euch Nick Bremer.

Angehakte Forelle kurz davor im Kescher zu landen.

Bild: N. Bremer

Engmaschige Kescher verhindern, dass die Flossen vom Netzmaterial eingeschnitten werden.

Das Singen der Rollenbremse verstummt. Ein guter Hecht hat sich meinen Gummifisch am Buhnenkopf geschnappt und lässt sich nach einigen Sprints zum Ufer dirigieren. Schnell stolpere ich über die glitschige Steinpackung zur Wasserkante, denn der Fisch ist nur knapp am Angstdrilling gehakt. Bleibt noch eine Frage: Wie befördere ich ihn aus dem Wasser? Handlandung, Kescher oder doch mit dem Lip-Grip? Wir Angler nutzen verschiedene Techniken und Hilfsmittel, um unsere gefangenen Fische zu landen.

Kescher: Das richtige Netz zum Fische landen

Das wohl häufigste genutzt Hilfsmittel, um Fische zu landen, ist der Kescher. Es gibt ihn in vielen unterschiedlichen Größen und Formen. Was allerdings den entscheidenden Einfluss auf das Wohlergehen der Tiere hat, ist vor allem das Netzmaterial. Hier geht es in erster Linie um die Schleimschicht und Schuppen, aber auch um mögliche Verletzungen der Flossen. In wissenschaftlichen Studien mit Blauen Sonnenbarschen und Barramundis haben Forscher den Einfluss von verschiedenen Netztypen untersucht. Sie konnten zeigen, dass prinzipiell jede Art von Netz die Schleimschicht beeinträchtigt, jedoch in unterschiedlich starkem Maße. Weiches, knotenloses Netzgewebe und gummierte Kescher verursachen den Studien nach die geringsten Schäden an Schleimschicht und Schuppenkleid. Im neuen Hamburger Fischereigesetz sind gummierte Kescher beispielsweise sogar schon vorgeschrieben (Stand 2021).

Ein solcher Schonkescher mit gummiertem Netz erlaubt eine sichere Landung und die Haken lassen sich leicht aus den Maschen lösen. Foto: BLINKER/J. Radtke

Ein solcher Schonkescher mit gummiertem Netz erlaubt eine sichere Landung und die Haken lassen sich leicht aus den Maschen lösen. Foto: BLINKER/J. Radtke

In Bezug auf Verletzungen an den Flossen ist das knotelose Material ebenfalls deutlich schonender als andere Netztypen. Hierbei spielt auch die Maschenweite eine wichtige Rolle. Ein engmaschiges Netz verhindert, dass die Fischflossen durch die Maschen hindurchrutschen können. So kann das Netzmaterial nicht in die Flossen einschneiden und die Flossenränder bleiben unversehrt.

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Neben der Art des Netzes sollte beim Kauf eines Keschers auch darauf geachtet werden, dass er groß genug ist und am besten einen flachen Netzboden hat. So kann ein gefangener Fisch gestreckt und waagerecht aus dem Wasser gehoben werden. In dieser Position verteilt sich sein Gewicht auf eine große Fläche, was Verletzungen wie zum Beispiel Quetschungen verhindert. Auch das Knicken der Flossen lässt sich so wirksam vermeiden.

Fische landen mit dem Lip-Grip: Keine dicke Lippe riskieren

Kompakte Abmessungen, geringes Gewicht und häufig auch eine integrierte Waage sind die Eigenschaften, die den Lip-Grip vor allem bei Spinnanglern so beliebt machen.

Angler zieht Hecht mit einem Lip-Grip aus dem Wasser

Bild: N. Bremer

Lip-Grips sind praktische Hilfen, um Fische zu landen, bergen aber für den Fisch ein erhöhtes Verletzungsrisiko.

Wer einen Lip-Grip verwenden möchte, sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass der Einsatz dieser Landehilfe ein sehr hohes Verletzungsrisiko für den Fisch birgt. In zwei wissenschaftlichen Studien mit Bonefish und Barramundis wurde untersucht, welche Folgen der Gebrauch von Lip-Grips haben kann. Die Ergebnisse sind eindeutig – und leider alles andere als erfreulich. Je nachdem, ob die Fische nur mit dem Lip-Grip im Wasser fixiert oder an ihm aus dem Wasser gehoben wurden, kam es bei 80 bis 100 Prozent der Fische zu Verletzungen am Unterkiefer.

Quetschungen und gespaltene Unterkiefer

Das Ausmaß der Verletzungen, die das Fische landen verursachte, reichte von Quetschungen bis hin zu abgetrennten Zungen und gänzlich gespaltenen Unterkiefern. Besonders wenn die Fische am Lip-Grip anfingen zu zappeln, verursachte der Lip-Grip ernsthafte Verletzungen im Maul. Bei Barramundis, die man senkrecht am Lip-Grip hängend aus dem Wasser hob, hatten sich sogar Wirbelknochen im Nackenbereich verschoben. Zwar starb in beiden Studien keines der Versuchstiere direkt an diesen Verletzungen, aber man kann sich leicht vorstellen, dass z.B. die Maulverletzungen ihre Nahrungsaufnahme beeinträchtigen. Das kann einen Fisch auf lange Sicht schwächen und unter Umständen auch zu seinem Tod führen.

Aufgrund dieser Erkenntnisse sollte man sich also gut überlegen, ob man einen Lip- Grip zur Landung eines Fisches einsetzt, den man wieder zurücksetzen muss oder möchte.

Abhakmatten: Ab auf die Matte!

Abhakmatten gehören für viele Karpfen- und Welsspezialisten zur Standardausrüstung. Bei den meisten anderen Anglern findet man sie jedoch eher selten im Gepäck. Dabei stellen Abhakmatten ein wirklich sinnvolles Hilfsmittel, vor allem für den schonenden Umgang mit größeren Fischen, dar. Häufig muss ein gelandeter Fisch am Ufer oder auch im Boot abgelegt werden, damit man ihn einfach und schnell vom Haken befreien kann. Doch die wenigsten Angelplätze bieten eine geeignete Unterlage, wie zum Beispiel feuchtes Gras, dafür. Eine Abhakmatte leistet in solchen Situationen gute Dienste. Alles, was man braucht, ist ein möglichst ebener Boden, auf dem die Matte ausgebreitet werden kann. Bevor aber der Fang auf ihr landet, muss sie nass gemacht werden, damit auch hier die Schleimschicht des Fisches möglichst wenig Schaden nimmt.

Natürlich muss man nicht gleich eine Abhakmatte in den Dimensionen eines Kinderplanschbeckens mit ans Wasser schleppen. Es gibt auch etliche Modelle mit kleinem Packmaß und geringem Gewicht, die selbst der mobile Spinnangler problemlos mit sich führen kann.

Karpfen wird auf einer Abhakmatte gelandet

Bild: O. Portrat

Eine Abhakmatte gehört inzwischen zur Standardausrüstung jedes ambitionierten Karpfenanglers.

 

Fische von Hand landen: Alles im Griff?

Die Handlandung in ihren unterschiedlichen Formen gilt als recht schonende Art der Fischlandung. Doch egal ob Kiemen-, Nacken-, Barsch- oder Schwanzwurzelgriff – bevor wir einen Fisch anfassen, müssen wir dafür sorgen, dass unsere Hände nass sind. Die äußere Schleimschicht und die Schuppen bilden einen Schutz gegen Parasiten und Krankheitserreger. Werden sie durch Berührung mit trockenen oder rauen Oberflächen verletzt, öffnet sich die Tür für Bakterien, Viren und andere Plagegeister.

Beim Friedfischangeln sollte darauf geachtet werden, dass keine Reste von Grundfutter an den Händen kleben, wenn nach dem Fang gegriffen wird. Sonst sehen Rotaugen und Co. nach der Landung aus wie ihre panierten Kollegen aus der Tiefkühlabteilung im Supermarkt.

Was ist mit Landehandschuhen?

Unter Raubfischanglern sind Landehandschuhe in Mode gekommen. Sie sollen die Hände vor Verletzungen durch Haken und Fischzähne schützen. Viele Modelle haben eine recht raue Oberfläche, was zwar das Festhalten eines Fisches erleichtert, aber auch Verletzungen der Schleimhaut verursacht. Zudem ist das Fingerspitzengefühl durch Handschuhe eingeschränkt. Speziell beim Kiemengriff kann das zum Problem werden, da man hier besonders aufpassen muss, um den Fisch nicht an seinen empfindlichen Kiemen zu verletzen. Daher sollte ein Landehandschuh nur dann eingesetzt werden, wenn die akute Gefahr besteht, dass sich der Angler beim Landen einen Haken in die Finger rammen könnte.

Ist eine sichere Handlandung möglich, sollte man dem Fisch zuliebe auf einen Landehandschuh verzichten. Auch normale Handschuhe sollten natürlich vorm Anfassen des Fisches ausgezogen werden, wenn er möglichst unversehrt wieder in sein Element entlassen werden soll. Alle Arten der Handlandung erfordern Übung. Die verschiedenen Griffe sollten am besten erst an einem waidgerecht getöteten Küchen-Fisch geprobt werden, damit man ein Gefühl für die ganze Sache bekommt.

Geglückter Nackengriff: Die verschiedenen Formen, Fische mit der Hand zu landen, erfordern etwas Übung.

Bild: G. Bradler

Geglückter Nackengriff: Die verschiedenen Formen, Fische mit der Hand zu landen, erfordern etwas Übung.

Wer seinen Fang per Kiemengriff landet, sollte darauf achten, ihn nicht senkrecht hängend aus dem Wasser zu heben. In dieser Position lastet sein gesamtes Gewicht auf den Halswirbeln. Das kann vor allem bei größeren und somit schwereren Exemplaren zu Schäden an der Wirbelsäule führen. Deshalb ist es ratsam, einen Fisch immer möglichst waagerecht mit beiden Händen anzuheben, damit sich sein Gewicht besser verteilt und seine Wirbelsäule weniger leidet.

Wie schnell muss ich einen Fisch zurücksetzen?

Müssen oder möchten wir einen Fisch wieder zurücksetzen, sollte die Dauer seines Aufenthalts an der Luft so kurz wie möglich sein, denn es drohen Sauerstoffmangel und das Austrocknen der Schleimhaut. Deshalb sollten Hakenlöser und ggf. Maßband, Waage, Wiegesack, Abhakmatte und Fotoapparat stets griff- und einsatzbereit sein, damit nicht erst lange in der Tasche danach herumgekramt werden muss.

Direkt im Wasser abhaken

Wer aufs Messen, Wiegen und Fotografieren seines Fangs verzichten kann, sollte ihn nach Möglichkeit direkt im Wasser abhaken. Bei untermaßigen oder während der Schonzeit gefangenen Fischen sollte das generell so geschehen.Wird ein gefangener Schuppenträger doch für ein Erinnerungsfoto präsentiert, besteht immer die Gefahr, dass er zappelt und dem Fänger aus den Händen rutscht. Damit im Fall eines Falles die Sturzhöhe des Fisches möglichst gering ist, sollte man sich für ein Foto vorsorglich hinhocken bzw. hinknien.

Eine weiche Abhakmatte ist auch hier von großem Nutzen, da sie im Notfall den Aufprall des Fisches dämpfen kann.Darf der Fisch wieder zurück in sein Element, sollte er vorsichtig zurückgesetzt und so lange unterstützend im Wasser festgehalten werden, bis er sich erholt hat und aus eigener Kraft davonschwimmt. Vor allem im Sommer ist das wichtig, da im warmen Wasser nur wenig Sauerstoff gelöst ist und die Fische nach Drill und Landgang nur langsam wieder „zu Puste“ kommen. Den Respekt vor der Natur und den sorgsamem Umgang mit den Fischen sollte jeder Angler beherzigen, damit wir auch zukünftig noch viele unvergessliche Stunden am Wasser verbringen können.

Dieser Artikel erschien zuerst in Blinker 10/2013. Hier geht es zur aktuellen Ausgabe!


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