Furchtbar, was grüner Strom verursacht

Bernd Würzler fischt seit Jahren nahe des Edersees gelegenen Affolderner Sees. Dieses
Gewässer wird von der E.ON langsam aber sicher zugrunde gerichtet und schildert hier die Sicht
am See.
Lesen Sie selbst.

Ein Top-Gewässer geht zugrunde   Der Affolderner See Heimat kapitaler Regenbogen mit einem Hauch von Kanada. So wurde vor Jahren über diesen See mitten in Hessen berichtet. Und viele Fliegen-fischer kamen und hatten ihre Freude an der anspruchsvollen Fischerei. Wie auch der Edersee ist der Affolderner See Betriebsgewässer der E.ON. Das Wasser wird in den See hinein und heraus gepumpt, durch Turbinen geleitet und dadurch Strom erzeugt. Im Laufe der Zeit wurde diese Technik immer ausgereifter und die Betreiber nutzen sie immer radikaler. Der See wird von Ederseewasser gespeist und hat damit eine sehr gute Wasser-qualität. Das Nahrungsangebot ist hervorragend und die Fische wuchsen entsprechend ab. Es ist allerdings nicht so einfach dort zu fischen. Man weiß nie, wie hoch der Wasserstand ist, ob es gerade fließt oder still daliegt. Echte Herausforderungen, aber wenn man sich darauf eingestellt hat, wurde der Fischer mit Topfischen belohnt. Die Fliegenfischer kamen von weit her. Der Affolderner See war bekannt und beliebt. Wie sieht es heute aus? Heute werden Sie kaum noch Fliegenfischer am See antreffen. Ein paar geben zwar nie die Hoffnung auf aber selbst die werden immer weniger. Dann gibt es noch eine Gruppe von Ansitzanglern, die immer dann anwesend sind, wenn gerade besetzt wurde. Sind diese Fische gefangen, ist kaum noch jemand zum Fischen am See. Was sind die Gründe für den Niedergang?

  1. Die E.ON fährt, was den Wasserstand betrifft, einen immer radikaleren Kurs. In den frühen Morgenstunden ist es häufig so, dass man bei sehr niedrigem Wasserstand durch den See waten kann. Der alte Ederflußlauf, von der Sperrmauer bis zur Brücke in Affoldern, liegt fast trocken. Es gibt ein paar Löcher und Rinnen, da räumen dann die reichlich vorhandenen Kormorane und Reiher auf. Auf meine Frage an die E.ON, warum nicht wenigstens ein, für die Fische ausreichender Wasserstand eingehalten wird, antwortete man mir: Dies ist im Rahmen des Betriebes des Pumpspeicherkraftwerkes Waldeck leider unumgänglich und im Einklang mit dem Genehmigungsbescheid. Na toll, und warum ging das früher??Wo wir gerade bei der E.ON sind: Regelmäßig kommt es zum Jahresende an der Staumauer des Edersees zum großen Gemetzel. Wenn der Wasserstand des Edersees zum Winter sinkt, um Platz für die Frühjahrsschmelze zu schaffen, geschieht etwas Fatales. Die Fische suchen zum Winter hin tiefe Stellen auf und stehen dann häufig eben auch tief vor der Staumauer. Wenn die Turbinen zum Wasserablassen angeworfen werden, werden viele Fische angesogen und gehäckselt. Das Ergebnis kann dann jedermann im alten Flusslauf der Eder direkt nach der Staumauer besichtigen. Tonnen von zerfetzten Fischen, vorwiegend Zander, Hechte und Aale. Der E.ON ist dieses Trauerspiel bekannt, bis heute hat das Unternehmen keine wirksamen Maßnahmen getroffen. Und so wird im wahrsten Sinne des Wortes echter Naturstrom produziert. Eine Farce!
  1. Die Besatzpolitik des Fischereirechtinhabers passiert zufällig und hat keine Strategie. Das Fischereirecht im Affolderner See hat die Waldeckische Domanialverwaltung in Bad Arolsen. Früher wurden aufgrund der interessanten Fischerei viele Jahres- und Tagesscheine verkauft. Es durfte nur mit Kunstködern und mit einer Rute gefischt werden. Heute sind zwei Ruten erlaubt und fast alles darf an den Haken. Der alte Flusslauf der Eder ist zwar den Fliegenfischern vorbehalten, aber dort sind ja mangels Wasser keine Fische mehr. Wo besetzt wird bestimmen in erster Linie die vier nebenamtlichen Fischerei-aufseher der Domanialverwaltung. In früheren Zeiten wurde auch im Flusslauf regelmäßig besetzt. In diesem Jahr bis heute nur im See, weil im Flusslauf morgens zu wenig Wasser ist. Und wenn später am Tag vom Edersee abgelassen wird geht es auch nicht, weil dann das Wasser zu kalt ist. So wird entsprechend des immer geringer werdenden finanziellen Rahmens ein paar Mal im See besetzt. Das spricht sich schnell rum und entsprechend schnell hat die Forelli-Fraktion den Besatz herausgefischt. Dazu wird wenig und sehr lasch kontrolliert. Häufiger sind die Taschen mit mehr als den erlaubten drei Fischen pro Tag gefüllt. Immer wieder ist auch das nicht genehmigte Anfüttern zu beobachten.Ein weiteres Thema ist die Größe und Qualität des Besatzes. Meistens werden Regenbogenforellen besetzt, selten auch mal Bachforellen. Wobei mit dem kalten Wasser des Edersees die Bachforellen besser zurecht kommen als die Rainbows. Sind die Fische beim Besatz zu klein, sind sie ideale Nahrung für die große Anzahl von Kormoranen und Fischreihern. Ein Besatz mit größeren Fischen ist im Endeffekt teurer, das gibt die stetig zurückgehende Zahl der Jahreskarten nicht mehr her. Und damit sinkt die Attraktivität des Sees immer weiter.

So geht der Affolderner See im wahrsten Sinne des Wortes den Bach runter. Der Besitzer hat kein Interesse, der Fischereirechtsinhaber keine Strategie und Ideen. Es kommen weniger Touristen, die Region spürt das und nicht zuletzt leidet still die geschundene Natur. Ein Hauch von Kanada der leise verblasst..


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