Im Schwarm oder Einzelgänger: Wie sozial sind Fische?

Viele Fischarten bilden Schwärme aus, andere ziehen allein durchs Wasser. Welche Fische sind besonders sozial, und was heißt das für Angler?

Rotfedern sind typische Schwarmfische. Die Gruppe bietet Schutz vor Räubern. Foto: A. Pawlitzki

Bild: A. Pawlitzki

Rotfedern sind typische Schwarmfische. Die Gruppe bietet Schutz vor Räubern.

Fische haben nicht gerade den Ruf, dass sie besonders helle wären. Sie schwimmen doch nur den ganzen Tag vor sich hin, fressen, was ihnen vors Maul treibt, und bekommen kaum etwas von ihrer Umwelt mit. Doch das stimmt nicht – sogar im Gegenteil! Fische sind sogar sehr aufmerksame Tiere, denen nur wenig in ihrer Umgebung entgeht. Vor allem ihre eigenen Artgenossen spielen für sie eine wichtige Rolle. Aber welche Fische sind besonders sozial, und welche eher nicht?

Der Schwarm: Sicherheit in der Menge

Vor allem Friedfische sind besonders häufig in Schwärmen zu finden. Brassen und Rotfedern kommen selten allein an den Angelplatz, sondern schwimmen in großen Gruppen umher. Warum sie das tun, ist schnell erklärt: Sicherheit.

Wer allein schwimmt, ist leichte Beute für Raubfische. Für einen Hecht oder Zander ist es viel schwerer, ein einzelnes Fischlein aus einem großen Schwarm herauszupicken. Außerdem sehen mehr Augenpaare auch deutlich besser, was vor sich geht. Ist ein Raubfisch in der Nähe, raufen sich die Schwarmfische enger zusammen, um besser geschützt zu sein. Einige Arten, wie zum Beispiel die Elritze, können sogar einen Schreckstoff abgeben, um anderen im Schwarm zu signalisieren, dass Gefahr besteht.

Elritzen warnen ihre Artgenossen durch einen Schreckstoff, wenn sie einen Raubfisch bemerken. Foto: Archiv

Bild: Archiv

Elritzen warnen ihre Artgenossen durch einen Schreckstoff, wenn sie einen Raubfisch bemerken.

Bei den genannten Friedfischen lassen sich auch andere Zeichen von Sozialverhalten beobachten. So sieht man in klarem Wasser gelegentlich, wie Rotaugen und Rotfedern einander jagen – sie scheinen zu spielen. Brassen und Schleien „rollen“ dagegen am Futterplatz, um Artgenossen zu sagen: Hier gibt’s was zu holen!

Manche Fische sprechen miteinander

Neben dem Seh- und Geruchssinn „sprechen“ einige Fischarten sogar miteinander. Sie erzeugen Geräusche, zum Beispiel mit den Schlundzähnen oder ihrer Schwimmblase, um zu kommunizieren. Bekanntestes Beispiel dafür ist wohl der Knurrhahn, der besonders während der Paarungszeit, aber auch bei Gefahr „knurren“ kann, indem er seine Schwimmblase zum Vibrieren bringt.

Zander sind hingebungsvolle Eltern

Apropos Paarung: Von Zandern weiß man, dass sie ihre Elternrolle sehr ernst nehmen. Während andere Fische ihren Laich ablegen und dann sich selbst überlassen, pflegen Zander ihr Gelege, bis die ersten Brütlinge schlüpfen. Dabei nehmen sich sowohl Weibchen als auch Männchen „Elternzeit“, in der sie alles und jeden attackieren, der sich dem Nest nähert. Selbst Taucher sind vor ihnem Beschützerinstinkt nicht sicher! Wer’s nicht glaubt: Im Blinker 06/2022 berichtete Peter Rieger von seinen Tauch-Erlebnissen mit den Räubern.

Größere Zander bleiben zwar lieber für sich, doch bei der Brutpflege sind sie extrem soziale Fische. Foto: O. Portrat

Bild: O. Portrat

Größere Zander bleiben zwar lieber für sich, doch bei der Brutpflege sind sie extrem soziale Fische.

Haben Fische eine soziale „Hackordnung“?

Nicht alle Fische verhalten sich besonders sozial ihren Artgenossen gegenüber. Bei einigen äußert sich das vor allem in einer Hackordnung. In Angelseen beispielsweise kämpfen Forellen untereinander um die besten Futterplätze, und die kleineren Fische haben meist das Nachsehen. Barsche gehen sogar noch weiter: Große Fische werden zu Kannibalen und fressen ihre kleineren Artgenossen manchmal direkt auf. Der aggressivste Räuber gewinnt.

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Große Fische meiden den Schwarm

Anders sieht es bei Friedfischen wie Brassen und Karpfen aus. Sie werden meist eher vorsichtig, wenn sie ein gewisses Alter erreicht haben. Während die jüngeren Fische sich in der Mitte des Schwarms und direkt am Futterplatz aufhalten, bleiben die älteren eher am Rand. Wer zum Beispiel eine Gruppe von Brassen gefunden hat, sollte seine Feeder-Montage am Rand des Schwarms ausbringen – dort könnte sich ein kapitales Exemplar aufhalten.

Woran das liegt, lässt sich ebenfalls erklären: Kleine Fische können es sich nicht leisten, vorsichtig zu sein. Sie müssen sehen, dass sie satt werden, während alte Karpfen schon schmerzhafte Erfahrungen (zum Beispiel mit Haken) gemacht haben.

Barsche sind nur bedingt soziale Fische. Während kleine Barsche den Schwarm suchen, jagen sie mit steigendem Alter eher allein. Foto: O. Portrat

Bild: O. Portrat

Während kleine Barsche den Schwarm suchen, jagen sie mit steigendem Alter eher allein.

Das Sozialverhalten einiger Fische ändert sich

Während also einige Fischarten ein bemerkenswertes Gruppenverhalten aufweisen, sind längst nicht alle Fische sozial. Einige sind eher als Einzelgänger unterwegs, und auch das mit gutem Grund. Barsche sind als Kleinfische vor allem im Schwarm unterwegs. Sie jagen ihre kleinen Beutetiere gemeinsam, und gleichzeitig bietet ihnen der Schwarm Schutz vor größeren Räubern.

Mit steigendem Alter ändert sich ihr Verhalten jedoch. Je größer sie werden, desto mehr werden Barsche zu Einzelgängern. Das hat auch damit zu tun, dass kaum einer der Fische so alt wird. Von 50 Barschen lebt mit Glück vielleicht jeder zehnte lang genug, dass er die 40 cm knackt. Sie haben den Schutz eines Schwarms nicht nötig, und im Gegenteil werden sie sogar zur Gefahr für kleinere Barsche.

Hechte sind typische Einzelgänger

Dasselbe gilt für Hechte. Diese großen, räuberischen Fische werden (wenn überhaupt) nur zur Laichzeit sozial und bleiben sonst Einzelgänger. Das erklärt sich vor allem durch ihr Jagdverhalten: Hechte jagen, indem sie sich aus der Deckung auf Beute stürzen. Ein „Team“ wäre hier eher hinderlich – entweder bekommt einer alles, oder beide gehen leer aus. Hechte sind so vorsichtig und zielstrebig, dass sie auf der Jagd sogar ihren eigenen Kot zurückhalten. Ihre Ausscheidungen enthalten nämlich ein Pheromon, dass andere Fische in der Nähe in Alarmbereitschaft versetzt.

Dass sie allein jagen, heißt allerdings nicht, dass Hechte sich gegenseitig aus dem Weg gehen. Wo ein Hecht auf der Lauer liegt, kann sich auch ein zweiter aufhalten. Und auch hier gilt: Auch die eigene Art wird gefressen! Nicht umsonst gibt es Gummifische und Hardbaits in Hecht-Optik – der große Räuber schnappt sich den kleinen.

Wie ist das Sozialverhalten unterschiedlicher Fische?

Nicht nur innerhalb derselben Art lassen sich interessante Verhaltensmuster beobachten. Auch Fische, die zu unterschiedlichen Spezies gehören, interagieren sozial miteinander. Zwar nicht in dem Sinne, dass sie sich unterhalten, doch sie beobachten zum Beispiel sehr genau, wie die Nachbarn an etwas Essbares kommen. Auch Opportunismus ist Sozialverhalten!

Ein gutes Beispiel dafür sind Rotaugen, die sich einer Gruppe größerer Brassen anschließen. Die „Dicken“ wühlen auf Nahrungssuche den Boden auf, während die kleineren Rotaugen zwischen ihnen umherschwimmen und nach aufgewirbelten Partikeln schnappen.

Ganz ähnlich verhalten sich Barsche. Die klugen Fische sind schon dabei beobachtet worden, wie sie Aalen auf ihrem Weg über den Gewässerboden folgen. Während der schlangenartige Aal den Grund durchkämmt, scheucht er kleinere Beutetiere auf, die den Barschen zum Opfer fallen. Das spart den Räubern wertvolle Energie.

Man weiß längst nicht alles über das Sozialverhalten von Fischen. Es gibt noch vieles, was der Mensch über sie lernen kann. Dumme und stumpfsinnige Lebewesen, wie man lange Zeit glaubte, sind sie aber auf keinen Fall.

Die neuesten Kommentare

10.03.2023 02:09:58
Moin,wer ein Aquarium sein Eigen nennt kann bei verschiedenen Zusammenstellungen genau so etwas "im kleinen Rahmen" beobachten. Bei z.B. Sumatrabarben zählt der Schwarm - bei der Fütterung ist sich jeder Fisch selbst der Nächste. Bei Malawi-Barschen ist es anders - Revier ist Revier - bei der Fütterung ist es egal.
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