Mein Finger, geschützt von einem Wurfhandschuh, hält die Schnur. Mit der Rute in Position peile ich mit meinen Augen den Spot an. Die Gewichtsverlagerung vom hinteren auf den vorderen Fuß überträgt sich in die fast vollständig aufgeladene Rute und beschleunigt eines meiner Weitwurf-Rigs gen Horizont.
Etliche Sekunden später, kurz vor dem Auftreffen des Systems auf die Wasseroberfläche, streckt sich die Schnur. Der Clip ist perfekt getroffen und an gestreckter Schnur führe ich die Montage zum Grund, bis ich ein leichtes „Tock“ verspüre. Geschafft.
Weitwurf-Rigs – aller Anfang ist schwer
Das Thema Weitwurf-Rigs betrifft mich und meinen Stil zu angeln fast in jeder Session. In meiner Heimat Thüringen werfe ich fast ausschließlich, da die Benutzung von Booten zum Füttern oder Ruten ablegen vielerorts leider strikt untersagt ist und stark kontrolliert wird.
Das ist zwar nervig, aber nicht zu ändern. Ich muss mich also anpassen. Über die Jahre habe ich viel Lehrgeld bezahlt. Teilweise kurbelte ich morgens die Montage ein, wunderte mich über drei, vier Piepser in der Nacht und den ausgebliebenen Fisch. Warum? Na ja, alles war verwickelt. Ich muss gestehen, dass auch ich dem einen oder anderen Trend gefolgt bin, bis ich mich schließlich auf nur wenige, effiziente Weitwurf-Rigs fokussierte.
Weitwurf-Rigs unbedingt strecken!
Doch beginnen wir bei den Basics. Die besten und sichersten Weitwurf-Rigs sind letztlich nicht verwicklungsfrei, wenn ich den Schnurclip nicht benutze. Das Strecken des Systems ist essentiell für eine optimale Sinkphase durch die Wassersäule bis zum Gewässerboden. Es empfiehlt sich daher, immer mit Distance Sticks und Clip zu arbeiten.
Es sei denn, Du präferierst das Single-Hookbaitfishing, bei dem Du ja keinen Futterplatz exakt treffen musst, weil es keinen gibt. Dann reicht es auch, die Montage kurz vor dem Auftreffen auf die Wasseroberfläche mit dem Zeigefinger abzustoppen.
Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Aspekt: Der Zeitaufwand, der zur Konstruktion der Montage nötig ist! Rigs sollten schnell zu binden sein und aus möglichst wenigen Komponenten bestehen.
Oberstes Credo ist: Die Montage muss sicher für den Fisch sein, das Blei (bei Safety Clip-Montagen mit Leader) oder das Rig (bei Heli-Systemen) muss sich lösen können. Denn bei großen Wurfweiten entstehen extreme Kräfte und das Material wird stark beansprucht.
Hin und wieder reißt doch mal ein System ab und fliegt davon. Das kann passieren. Von daher ist das Kontrollieren der Schlagschnüre vor jedem Wurf unausweichlich. Ich will Dir jetzt die Montagen vorstellen, die sich recht schnell binden lassen, sicher für den Fisch sind und natürlich verhedderungsfrei am Spot ankommen.
Drei Weitwurf-Rigs
Das Chod-Rig ist das wohl bekannteste der Weitwurf-Rigs für Pop Ups. Verwicklungen fast ausgeschlossen!
Doch nicht immer möchte ich mit Pop-Ups angeln – somit kommt das Heli-System als zweites in Frage. Durch das Blei am unteren Ende des Leaders, wird eine perfekte Flugbahn ermöglicht.
Das Rig wird mittels eines Wirbels auf dem Leader angebracht und von einer Perle gehalten. Im Flug rotiert es 360 Grad um das Leader und ist extrem flexibel.
Für schlammige Situationen ist diese Variante meine erste Wahl, da das Blei zwar in den Schlamm sinkt, das Rig sich aber (solange die Perle weit genug nach oben geschoben wurde) oben auf legt.
Das Blei löst sich nicht – oft wird in diesem Zusammenhang von vielen Aussteigern gesprochen. Ich kann diese Erfahrung aber nicht teilen. Immer, wenn das Rig optimal in der Unterlippe saß, konnte ich den Fisch landen.
Für harten Grund eignet sich ein simples, selbstgebautes Leader in 0,60 Millimeter Stärke und etwa 100 Zentimeter Länge sowie ein Lead Clip mit einem Quick Change-Wirbel. Dieser bietet meiner Erfahrung nach noch mehr Sicherheit vor Verwicklungen, wenn das Vorfach eingehängt und mit einem Anti Tangle Sleeve versehen wird.
Bei diesem System achte ich darauf, dass das Blei in hängerreichen Gewässern freigegeben wird und ich den Fisch sicher drillen kann.
Die letzten Zentimeter
Bei allen drei Systemen achte ich zunächst auf messerscharfe Haken – ich bin diesbezüglich ein echter Pedant! Beim Chod Rig kommen logischerweise Chod-Haken zum Einsatz, gebunden an ein kurzes Stück Fluorocarbon.
Für den „Seitenarm“ am Heli und auch als Rig im Quick Chance Swivel des letzten Systems (für harte Böden), nutze ich ummanteltes Geflecht. Ich empfehle das MAD Lizard Skin in 30lbs, es lässt sich unter heißem Wasserdampf vernünftig strecken.
Ans Ende kommt ein 4er Long Shank – bei mir ebenfalls von MAD, denn ich war in die Auswahl der Haken in das MAD-Programm primär eingebunden. Ich binde die Hakensektion mit einem Loop und verwende zum Anbringen des Boilies einen kleinen Wirbel, an den ich Zahnseide knote.
Ein kleiner Aligner schützt final den Knoten. Der Loop kann sich bei kräftigsten Würfen einfach nicht verwickeln, und nach dem Einsaugen kann der Karpfen problemlos den Köder ausblasen – den Haken aber nicht. Er hakt sich in der Regel fast immer in der Unterlippe.
Verwende ich kein gecoatetes Material, dann greife ich auf eine kräftige Mono in 0,55 Millimeter Stärke zurück und fertige ein Kombi-Rig mit weichem Geflecht kurz vor dem Haken. Damit lassen sich auch Pop Ups effektiv anbieten, denn das weiche Material steigt schön auf. Von mit Klemmhülsen bearbeiteten Materialien bin ich nicht 100% überzeugt.
Ausprobiert habe ich diese Varianten, doch zu viele Bauteile beschränken mein Vertrauen. Wer kein Freund von Kombi-Rigs ist, dem empfehle ich, zunächst mit einem simplen D-Rig oder gar einem durchgebundenen Mono-Rig zu experimentieren.
Auch ein steifes Haar hat durchaus positive Eigenschaften: Krebse und Weißfische haben keine Chance, es zu verwickeln. Allerdings bevorzuge ich eine ganz minimale Beweglichkeit des Hakens, um ein noch effektiveres Eindrehen in die Unterlippe zu gewährleisten. Ich habe festgestellt, dass größere Köder ab 24 Millimeter wie ein Kontergewicht wirken und beim Abstoppen zusätzlich einer Verwicklung vorbeugen.