Angeln vom Hausboot: Abenteuerfahrt auf dem Fisch-Floß

Ein Haus direkt am Hotspot, der Traum eines jeden Anglers – dank moderner Flöße rückt diese Wunschvorstellung schnell in greifbare Nähe. Bevor Sie direkt buchen: Redakteur Florian Pippardt teilt seine Erfahrungen zum Hausbooturlaub mit Ihnen.

Angeln vom Hausboot

Bild: F. Pippardt

Viele Hausboote sind 5 m lang. Einen solchen Dampfer zu manövrieren, ist problemlos möglich, bedarf dennoch Übung.

„Claas! Claas! Claas! Mensch, wach auf jetzt!“, raune ich quer durch die Innenkabine, während ich mir den Pullover überstreife und die Kopflampe aufsetze. Es ist stockdunkel. In weiter Ferne höre ich einen Uhu und in naher Ferne die Sounderbox meines Bissanzeigers. Die ist deutlich lauter als der Uhu. Trotz der Geräuschkulisse will Claas einfach nicht aufwachen. Egal! So leise ich kann, öffne ich den Reißverschluss der Plane und schlüpfe in die kalte Nacht. Viel wärmer als 10 Grad kann es nicht sein, es ist eine der ersten kalten Nächte des Jahres nach dem langen Sommer.

Hausboot im Nebel

Bild: F. Pippardt

Mystischer Morgennebel: Sieht nach Schweden aus, ist aber Meck-Pomm. Besonders in der Müritzregion gibt es viele Hausboot-Anbieter.

Ich knipse die Kopflampe an, verdecke den Lichtkegel aber mit der Hand, sodass er nicht aufs Wasser fällt. Nur ein schwaches Licht bestrahlt die nassen Holzdielen des Vorderdecks. Meine Rolle glitzert, sie ist mit feinen Wassertröpfchen des aufkommenden Nebels überzogen. Immer wieder wird sie von der roten Bissanzeigerdiode angestrahlt. Ich sehe, wie die Schnur langsam von der offenen Spule gezogen wird. Ein bilderbuchreifer Biss auf Köderfisch. Man bin ich aufgeregt!

„Beruhig Dich. Einmal bis 60 zählen, dann anhauen“, murmele ich zu mir selbst. Hoffentlich lässt der jetzt nicht los. Köfi-Angeln ist spannender als jeder Krimi und bringt das Blut mindestens genauso sehr in Wallungen wie jeder „Tock“ beim Angeln mit Gummiköder. Bügel zu. Anhieb – leichte Kopfschläge, dann fehlt die Gegenwehr, aber ich spüre trotzdem leichten Widerstand. Das ist beim Zander aber nicht untypisch, große Kämpfer sind sie nicht. Und ich behalte Recht: Kurz darauf darf ich einen schönen, etwa 60 cm langen Zander ins Boot heben. Hinter mir raschelt es, die Plane schwenkt nach außen, ein Kopf schaut mich an. Claas: „Is’ was … ?“

Angler mit Stirnlampe und Zander

Bild: C. Grube

Der Autor mit stacheligem Wecker, der ihn aus der Tiefschlafphase riss.

Eine Hausboot-Tour ohne Angeln ist undenkbar

Wer Plane und Vorderdeck zusammenzählt, hat schnell errechnet, dass ich hier von einer Angelnacht auf dem Hausboot spreche. Genauer gesagt meine allererste. Anfang Oktober fuhr ich, begleitet von Kollege Claas Grube, vier Tage lang über die Mecklenburger Seenplatte bei Priepert. Wieso ein Angelurlaub vom Hausboot eine wunderbare Idee ist, brauche ich kaum ausschweifend argumentieren. Die Vorteile ganz schnell ausmalen: Man kann fast überall und immer angeln! Während sich tagsüber Touren mit der Spinnrute anbieten, so können nachts die Köderfischruten ausgeworfen werden.

Das haben viele erkannt – und weil Nachfrage Angebot schafft, sind kleinere und größere Hausboot-Charterunternehmen aus dem Boden gesprossen wie Pilze. Besonders in der touristisch beliebten Müritzregion, an der Brandenburger Havel oder auch in Holland. Unter den Mietern sind natürlich längst nicht nur spezialisierte Angler, sondern auch nicht angelnde Familien. Aber selbst bei Menschen, die ansonsten keine Berührungspunkte mit unserem schönen Hobby haben, lehnt oft genug Opas alte Stipprute oder das LIDL-Angelset an der Reling. Der Touristenfischereischein in Meckpomm ermöglicht das zum Beispiel. Eine Hausboottour ohne Angeln ist kaum möglich.

Angeln vom Hausboot aus

Bild: F. Pippardt

Angelurlaub Non-Stop: Eine Hausboottour ist eine echte Empfehlung!

Zum Angeln vom Hausboot Nebensaison buchen

Wer einen Hausbootausflug primär aus familiären Gründen anstrebt, frische Seeluft schnuppern und sich erholen möchte, oder einfach mal Kapitän sein will, der sollte seine Tour in die Sommermonate legen. Boot fahren, baden, grillen, chillen und vielleicht abends die Aalruten auswerfen. Die perfekte Kombi für einen erholsamen Sommerurlaub mit Freunden oder der Familie.

Für alle, deren erklärtes Ziel der Fangerfolg und nicht die reine Erholung ist – wozu ich mich zähle –, ist die Nebensaison deutlich interessanter. Im Sommer erwarten uns nicht nur warme Wassertemperaturen, Algenblüte und massives Krautwachstum; sondern auch ein Touristenansturm und schwimmende Hindernisse in der Wurfbahn. Die machen unschöne Geräusche, wenn man sie mit dem Gummifisch erwischt … Kleiner Scherz – dennoch stimmt der Kern.

  1. Hausboote sind in der Nebensaison ab Ende September immer günstiger, teilweise sogar deutlich.
  2.  Der Wassersporttourismus nimmt rapide ab, damit einhergehend auch der Angeltourismus aller Urlaubsangler. Mehr Platz für uns Vollblutangler.
  3. Die Bedingungen sind besonders für beliebte Raubfische wie Barsch, Hecht und Zander um Welten besser als im warmen Sommer.

Und auch wärmeliebende Arten wie Aal, Wels, Schleie und Karpfen sind weiterhin fangbar. Das Wasser wälzt sich durch erste Herbstwinde um, die Sprungschicht löst sich auf. Ebenso verschwinden Algenblüten und auch das Bodenkraut schrumpft auf eine beangelbare Höhe zurück. Anglerisch betrachtet sticht die Nebensaison die Hauptsaison in jeder Hinsicht aus.

Blick aus dem Hausboot durch verregnete Scheibe

Bild: F. Pippardt

Der Nachteil der Nebensaison ist das wechselhafte Wetter, aber eine Regenpause ist im Hausboot kein Problem.

Angeln vom Hausboot: Lernen Sie Ihr Gefährt kennen

Ein Hausboot zu steuern ist zwar keine wirkliche Hürde, dennoch eine Herausforderung für jeden, der noch keine Erfahrung mit Bootstypen jenseits der 4-m-Längengrenze hat. Die meisten (bezahlbaren) Hausboote sind zwischen 6 und 10 m lang. Selbst erfahrene Norwegenfahrer oder Sportbootkapitäne, die ähnliche Bootslängen bereits gesteuert haben, werden merken, wie träge sich ein Floß im Vergleich verhält. Die extreme Breite und niedrige Motorisierung (in der Regel führerscheinfrei 15 PS) sorgen dafür.

Unseres war satte 9 m lang und ich musste erst einige Runden fahren, ehe mein Gehirn speicherte, wie behäbig das Boot reagiert. Merken Sie sich einfach: Keine Hürde, aber gewöhnungsbedürftig. Viel mehr umstellen muss man sich, was die Stellenwahl generell angeht. Rangieren auf kleinem Raum ist kein Spaß und so rate ich auch davon ab, kleinere Spots anzufischen, also zum Beispiel einzelne Stege und Totholz.

Spotwahl beim Angeln vom Hausboot

Besonders heikel sind Sportboothäfen – ehe man ein treibendes Floß mit 15 PS aufgestoppt hat, ist man gegen das Heck eines Wasserliegers gedonnert. Überlassen Sie solche Bereiche besser den Anglern mit dem 4 m langen Angelkahn und 5 PS-Außenborder oder dem Bellybootangler. Die können sich schön auf der Stelle halten und werden auch nicht von jeder Böe machtlos gegen die Steganlage gedrückt.

Wir Hausbootkapitäne sind eher an größere Strukturen gebunden: Plateaus, ausgedehnte Flachwasserbereiche und die gute alte Uferkante, an der sich immer Fische aufhalten. Diese Stellen sind es wert, sie einige Zeit ausgiebig zu beangeln.

Hausboot-Angler mit Barsch

Bild: F. Pippardt

Claas Grube mit Uferkanten-Barsch. Große Strukturen (wie Kanten, Landzungen und Berge) sind ideal fürs Hausboot; kleinere Strukturen (Bootstege) eher nicht.

Ankern wie Schwarzenegger

Außerdem sind unzählige Stellenwechsel am Tag eh nicht drin: Sie müssen sich mit einem Bug- und einem Heckanker doppelt fixieren, um sich nicht ständig zu drehen. Jeder Anker wiegt zwischen 10 und 25 kg. Nach einer Woche Hotspot-Hopping im Minutentakt würde Ihr Ankerboy also aussehen wie ein Powerlifter. Das macht kein normaler Mensch mit …

Angler beim Angeln vom Hausboot

Bild: F. Pippardt

Vom Vorderdeck ist mehr als genügend Platz zum Werfen.

Augen auf im Wasserstraßenverkehr!

Mir wurde während unserer Tour wieder schmerzlich bewusst, wie wichtig ein gesundes Maß an Vorsicht im Verkehr ist. Das gilt für jede Art des Verkehrs – auch auf dem Wasser. Gedankenverloren beobachtete ich einen Graureiher auf einem umgestürzten Baum an der Uferkante, als ich mit einem ohrenbetäubenden Krach aus meinem Tagtraum gerissen wurde.

Direkt hinter uns befand sich eine Landspitze, die weit ins Wasser hinausragte, gut gekennzeichnet durch ein Schifffahrtszeichen. Zwei Touristen entschieden sich aber gegen den Durchfahrthinweis und beschlossen, mit ihrem Hausboot über die 50 cm flache Sandbank zu donnern. Und da steckten sie dann und scheuerten sich die Schraube wund. Ich gehe auch davon aus, dass jeder Bootsvermieter bei der Einweisung auf genau diese Schifffahrtszeichen hinweist, weil er seine Region gut kennt. Also tun Sie sich selbst den Gefallen und hören Sie genau zu, machen Sie gegebenenfalls Notizen.

Oder hören Sie einfach nicht zu und googeln Sie stattdessen, was so eine Schraube kostet – geht auch, macht aber weniger Spaß. Neben Durchfahrtshinweisen sind besonders auch Begegnungsverbote für schmale Kanäle, Ankerverbote und Motorbootverbote äußerst wichtig. Hier finden Sie einen Link zum Download aller wichtigen Schifffahrtszeichen per PDF aufs Handy.

Ansitzangeln vom Hausboot: Kabelbinder nicht vergessen!

Selbst der, der seinem Bootsvermieter keine nagelneue Schraube spendieren will und dem Sandbankaufenthalt lieber eine ausgiebige Spinnangeltour vorzieht, kommt irgendwann zum Stehen. Und zwar abends – und nun beginnt ein weiteres Highlight unserer Abenteuertour auf dem Fisch-Floß: Der gemütliche Ansitz.

Köderfisch, Aal und Zander

Bild: F. Pippardt

Während man schläft, fängt der Köfi Aal und Zander – quasi direkt neben dem Wohnzimmer.

Ich bin ein großer Fan eines gepflegten Köderfischansitzes auf Aal und Zander, aber wer Lust auf Friedfisch hat, kann seine Grundrute natürlich auch mit Mais oder Boilie bestücken. Verankern Sie sich am besten an einer zügig abfallenden Uferkante. Viele Fischarten, die tagsüber eine Etage tiefer stehen, kommen ins Flachwasser, sobald es dunkel wird. Und dann treffen sie auf unsere Köder. Die Ruten legten wir auf einzelne Rutenständer mit Bissanzeiger, die Ständer verbanden wir durch große Kabelbinder mit der Reling. Das ist eine saubere und sichere Sache, die sich rückstandsfrei rückgängig machen lässt.

Die Bissanzeiger stellten wir auf stumm, nur die Sounderbox, die wir mit in den Innenraum nahmen, gab einen Laut von sich. So verschreckt man keinen Fisch während des Bisses – denn die Montagen werden nur wenige Meter neben das Hausboot gependelt, man parkt ja quasi auf dem Hotspot. Und dann kommt er, der Moment, wenn die Sounderbox ertönt, man vorsichtig den Reißverschluss der Plane öffnet und in die kalte Herbstnacht schlüpft. Genießen Sie Ihre Abenteuerfahrt auf dem Fisch-Floß – am besten in der Nebensaison.

Mann kocht in einem Hausboot

Bild: F. Pippardt

Noch ein letzter Tipp: Kartoffeln sollten als Beilage immer an Bord sein – die Wahrscheinlichkeit, dass es Fischfilet zum Abendbrot gibt, ist hoch …


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