Mit rund fünf Knoten zieht die zwar betagte, aber top ausgestattete Hochsee-Angelyacht „Tina“ ihre Bahnen einige Meilen vor der Küste Malindis. Der kenianische Touristenort ist seit Jahrzehnten ein Wallfahrtsort gestresster Mitteleuropäer, die hier während der Wintermonate Sonne und Wärme tanken und dabei ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen: angeln!
Angeln vor Kenia – ein Big-Game-Paradies
Schon der Schriftsteller Ernest Hemingway fischte hier, und für viele Deutsche ist Kenia nach wie vor das Big Game-Ziel überhaupt. Zurecht: Die Fischdichte ist enorm. Neben Segelfisch gehen Blauer und Schwarzer Marlin, Goldmakrele, verschiedene Thunarten, Königsmakrele, Giant Trevally (Dickkopf-Stachelmakrele), Zackenbarsch, Amberjack und viele weitere Spezies an die Haken der Urlauber.
Dazu kommen eine verlässliche Organisation, top ausgebildete und sehr freundliche Crews sowie reizvolle Hotels und komfortable Ferienvillen. Viele reisen mit ihren Ehepartnern hierher, um neben dem Fischen ein paar Strandtage einzulegen und eine Safari zu erleben. Ein weiterer Pluspunkt für Kenia: Mit neun Stunden Flugzeit von Deutschland aus ist dieses politisch recht stabile Land an der Ostküste Afrikas schnell erreicht.
Mit der Spinnrute auf Segelfische
Die „Tina“ stampft durch die niedrigen Wellen. An den Outriggern, die die Schnüre seitlich vom Boot wie einen Fächer ausbringen, sind verschiedene Lockköder angebracht, die hinterm Boot in der Hecksee auf- und abspringen. Weitere Ruten stecken in den Rutenhaltern, auch sie alle mit hakenlosen Lockködern ausgestattet.
Am Heck lehnen zwei schwere Spinnruten mit Wurfgewichten um 200 Gramm und 5000er-Stationärrollen, bespult mit 20 kg tragender Geflochtener. An den Circle Hooks (Kreishaken) baumeln 20 cm lange Makrelen als Köder, die mit nassen Tüchern gegen Austrocknen geschützt sind. Die Rollenbremsen sind komplett offen. Wir stehen gespannt im Boot und suchen mit Polbrillen auf den Nasen die Wasseroberfläche ab.
Auch unsere Crew beobachtet konzentriert das Wasser hinterm Boot. Dann geht alles sehr schnell: „Sail, Sail!“ Die Rufe hallen laut über Deck. Ich springe nach hinten, greife meine Spinnrute und halte den Köderfisch am Vorfach. Hinter einem der Lockköder taucht es dann endlich auf, das markante Segel, die große Fächerrückenflosse eines Segelfisches. Sein Schwert hämmert auf den Fransenköder.
Ich werfe die Makrele ins Wasser, lasse den Rollenbügel geöffnet und die Makrele dorthin treiben, wo sich der Sail befindet. Kaum ist mein Fisch neben dem hakenlosen Lockköder angelangt, schwenkt der Sail ein und nimmt ihn ins Visier. Das Schwert zeigt nach oben, ich spüre den Kontakt mit diesem faszinierenden Fisch. Ich gebe Schnur frei, wie rasend sprintet der Sail nun davon. Ich drehe die Bremse zu. Der Kreishaken soll sich auf diese Weise in den Maulwinkel des Sails drehen und ihn haken.
Segelfisch? Eher ein Düsenjäger!
Er sitzt! Die Rute halte ich waagerecht, der Fisch donnert los wie ein Düsenjäger. 100 Meter, 200 Meter, dazwischen wilde Sprünge, bei denen er im Sonnenlicht aufleuchtet. Ich versuche Kontrolle über den Fisch zu bekommen. Nicht gerade einfach mit diesem leichten Gerät. Und wieder sind 50 weitere Meter von der Rolle. Was für ein Kämpfer! Mit leichtem Unbehagen registriere ich, wie das Ende meiner Schnur immer näher rückt. 35 kg dürfte mein Gegner am anderen Ende der Leine auf die Waage bringen. Kapitän Abudi legt den Rückwärtsgang ein und fährt dem Sail entgegen.
Meter für Meter ringe ich dem Fisch wieder ab, bis ich erleichtert feststelle, dass meine Spule wieder satt gefüllt ist. Nach einer Viertelstunde taucht der Sail vor dem Boot auf. Direkt vor uns schraubt er sich noch einige Male in die Höhe – welch gewaltiger Anblick. Die Kamera klickt im Sekundentakt. Dann greift Crewmitglied Mohammed in das monofile Vorfach.
Sein Kollege markiert den Fisch. Für ein Foto heben wir ihn kurz heraus, dann darf der edle Kämpfer wieder schwimmen. Seine Daten werden später an die African Billfish Organisation gesendet, die die Infos aller zurückgesetzten, markierten Schwertträger zentral sammelt und für wissenschaftliche Zwecke auswertet.
Ich bin total geschafft. Die ganze Anspannung beim Warten auf die Attacke, der spektakuläre Anbiss und der nervenaufreibende Drill haben für einen ganzen Kübel Adrenalin in meinem Blut gesorgt. Doch schon nach kurzer Zeit tauchen gleich fünf weitere Sails hinter unseren Lockködern auf. Nun beginnt sein heißer Tanz mit Spinnrute auf Segelfische – den schnellsten Fischen der Welt …
Bunte Angelvielfalt
Sicherlich bietet das Fischen mit Spinnrute auf Segelfische spannende Momente, die man sie nur selten als Angler erleben kann. In den Monaten November bis Anfang März stehen die Chancen dabei sehr gut, gleich mehrere Bisse zu bekommen. Natürlich gibt es auch vor Kenia Tage, wie überall auf der Welt, an denen partout nichts zu gehen scheint. Doch diese sind zum Glück sehr selten. Neben dem klassischen Trollingangeln und dem Fischen mit Spinnrute auf Segelfische bietet auch das Tiefseeangeln mit Naturködern oder schnell geführten Pilkern eine abwechslungsreiche und sehr spannende Angelei.
Zackenbarsche bis über 50 kg, Thune, Amberjacks (Bernsteinmakrelen) und viele weitere sehr kampfstarke Arten zeigen Anglern und Tackle hier schnell ihre Grenzen auf. Diese Vielfalt macht auch einen großen Teil des Reizes aus, den Kenia dem passionierten Meeresangler auf dem Silbertablett präsentiert.Herkömmliches Trollinggerät in den Klassen 30, 50 und 80 Pfund (lb) sowie alle dafür erforderlichen Köder sind reichlich an Bord der Schiffe vorhanden. Spezielles Gerät wie Spinnausrüstung oder Material fürs Speedjigging sollten dagegen mitgebracht werden.