Piemont lockt mit außergewöhnlichen Fangmöglichkeiten, denn die Palette an möglichen Zielfischen in der Region ist enorm und sucht in dieser Konstellation ihresgleichen. Durch die geografische Nähe unterschiedlichster Habitate lassen sich innerhalb von nur knapp 30 Autominuten der Italienische Hecht, die Marmorata und der Schwarzbarsch fangen. Ein Begriff, den ich womöglich selbst erfunden habe, ist der „Piemont- Grand-Slam“: Die oben genannten Arten an einem Tag zu angeln, ist ein durchaus realisierbares Unterfangen. Zusätzlich lassen sich noch verschiedene andere Salmoniden fangen wie beispielsweise die Mediterrane Forelle, der Saibling, die Cutthroat-Forelle und die Seeforelle. Aber nicht nur die Angelmöglichkeiten sind hervorragend.
Piemont: Einfache Anreise in die vielseitige Angelregion
Die Szenerie der Westalpen, die oft bis Anfang Juni mit Schnee bedeckt sind, macht diesen Ort zu einer ganz besonderen Angeldestination. Die Anreise ins Piemont von Deutschland aus, ist leicht mit dem Auto zu bewerkstelligen. Das gilt vor allem, wenn man im Süden Deutschlands wohnt. Ansonsten kann Turin von vielen Flughäfen Deutschlands aus angeflogen werden. Nachdem ich vergangenes Jahr im April zum ersten Mal dort war, zog es mich im Mai 2023 wieder in die wunderschönen Westalpen.
Damals fing ich von meinen auserkorenen Zielfischen lediglich den Italienischen Hecht (Esox cisalpinus). Eine etwa 70 cm lange Marmorata und einige stattliche Schwarzbarsche über 40 cm verlor ich im Drill. Für mich stand also schon damals fest, dass ich wiederkommen würde. Nach einer knapp über siebenstündigen Anreise aus Saarbrücken erreichten wir den kleinen Ort Cumiana und bezogen unser Airbnb. Auf der Liste für diesen Trip standen diesmal ganze fünf Zielfische: die Marmorata, der Schwarzbarsch, der Italienische Hecht, der Saibling und die Mediterrane Forelle.
Raubfischangeln im Piemont
Am ersten Tag widmeten wir uns beim Raubfischangeln dem Italienischen Hecht und dem Schwarzbarsch. Für die Schwarzbarsche ging es zu zwei kleineren Seen in Villar Dora, die ich bereits im Vorjahr befischt hatte. Angekommen, montierte ich zunächst ein Wacky-Rig. Die Fische befanden sich kurz vor dem Laichgeschäft und sind in dieser Phase besonders aggressiv und territorial. Am ersten See fing ich schnell einen ersten handlangen und dann einen etwa 30 cm langen Bass.
Persönlicher Schwarzbarschrekord gleich zu Beginn
Am größeren der beiden Seen sah ich drei stattliche Fische an der Oberfläche in der Nähe von im Wasser liegenden Felsvorsprüngen direkt am Ufer. Ich pirschte mich auf den Knien an die Fische heran und überwarf sie um einige Meter. Langsam zupfte ich den Wacky-Wurm knapp an ihnen vorbei und konnte beobachten, wie das größte Exemplar der Gruppe sich auf meinen Wurm zubewegte und ihn mit einem großen „Buff“ inhalierte. Der Anschlag folgte prompt und nach recht kurzem Drill mit einigen Sprungeinlagen hielt ich meinen Schwarzbarsch-PB von 46 cm in den Händen. Was für ein Start in diesen Trip!
Italien ist in Sachen Schwarzbarsch schon lange kein Geheimtipp mehr. Vor allem Padua gilt als hervorragender Spot für diese Fische. Aber auch im Piemont ist vorzügliches Angeln auf diese Art möglich. Schwarzbarsche kommen in einigen Seen der Region vor. In den kleineren Seen, wie beispielsweise die von mir befischten Seen in Villar Dora, ist der Besatz auf einen Spinnangelclub in Turin zurückzuführen. Einige weitere größere Gewässer mit Schwarzbarschbestand sind der Lago di Viverone und der Lago Grande di Avigliana.
Italienische Hechte im Visier
Nach der Morgensession auf Schwarzbarsch ging es zur Mittagszeit nach Avigliana, um auf Italienischen Hecht zu angeln. Im Vorjahr klappte dies dort hervorragend. Der Italienische Hecht unterscheidet sich in einigen Aspekten von seinem Cousin, dem Europäischen Hecht (Esox lucius). Die Maserung und Färbung halte ich persönlich für wunderschön und einzigartig. Zudem bleibt die Art etwas kleiner und ein Fisch von 80 cm gilt als stattlicher Fang. Die magische Metergrenze wird nur äußerst selten überschritten. Mein Guide Davide konnte in 15 Jahren lediglich zwei Fische von über 1 m fangen.
Der Bekanntheitsgrad der Art hält sich in Grenzen, was wahrscheinlich zum einen daran liegt, dass das Verbreitungsgebiet sehr begrenzt ist und zum anderen, dass der Italienische Hecht äußerst selten geworden ist. Zudem gilt Esox cisalpinus erst seit 2011 als eigenständige Art. Nach Gentests fiel nämlich auf, dass es sich nicht, wie bisher angenommen, um eine anders gemusterte Variante von Esox lucius handelt, sondern die genetischen Unterschiede groß genug waren, um als eigene Art eingestuft zu werden. Steigende Wassertemperaturen und die Hybridisierung mit dem gemeinen Hecht sorgen dafür, dass der Bestand stetig schrumpft.
Der Lago Piccolo in Avigliana gilt als einer der letzten Seen, in dem ausschließlich Esox cisalpinus vorkommt und es somit auch keine Hybriden mit Esox lucius gibt. Andere gute Gewässer außerhalb des Piemonts sind der Lago di Garda und der Lago Iseo. Auch der Po ist ein interessantes Gewässer, in dem Esox cisalpinus, aber eben auch Esox lucius vorkommen. So kann man beispielsweise mitten in Turin seine Hechte fangen.
Esox cisalpinus in den Maschen
In Avigliana angekommen, wateten wir den Schilfgürtel entlang und begannen, mit handlangen Gummis die Kante abzuwerfen. Nach einigen Stunden knallte es kurz vor meinen Füßen, jedoch verlor ich den Fisch direkt am Kescher. Der Kopf war mächtig und so schätzten wir den Räuber auf etwa 90 cm. Ich war am Boden zerstört angesichts dieses kapitalen, aber eben doch verlorenen Fisches… Aufgeben kam allerdings nicht in Frage und so ging es weiter. Knappe 30 Minuten später bekam ich erneut einen Biss – und diesmal konnte ich den Fisch auch landen. Knappe 80 cm war er lang und ich durfte einen wunderschönen Italienischen Hecht in die Kamera halten. Am ersten Tag konnte ich somit gleich zwei meiner Zielfische abhaken. Was für ein Start! Für den nächsten Tag hatte ich mir vorgenommen, mindestens eine Marmorata zu fangen.
Forellenangeln im Piemont
Marmoratas kommen lediglich im Norden Italiens, entlang der Alpen und in Slowenien vor. Im Piemont sind der Po und seine Zuflüsse das Gewässersystem, in dem Marmoratas hauptsächlich leben. Als die besten Gewässer gelten der erwähnte Po, der Pellice, der Chisone, der Orco, der Dora Riparia und der Dora Baltea.
Die Musterungen der Marmorata
Das Besondere an den einzelnen Gewässern ist, dass jeder Fluss ein eigenes Farbkleid in den Fischen hervorruft. Beispielsweise sind die Fische im Dora Riparia von der Zeichnung her gräulich, weil sie sich an den grauen sandigen Untergrund anpassen müssen, um erfolgreich jagen zu können. Auch bleiben die Köpfe der Dora Riparia-Fische kleiner, da sie sich in diesem Fluss hauptsächlich von Insekten ernähren. Im Fiume Po und im Torrente Pellice hingegen schimmern die Fische kräftig golden und weisen die wunderschöne, für Marmoratas typische Musterung auf. In diesen beiden Flüssen ernähren sie sich hauptsächlich von Fisch, was dafür sorgt, dass die Köpfe stärker ausgeprägt sind.
Die Marmorata ist der Fisch, der mich im Jahr zuvor zur Verzweiflung brachte. Unzählige Exemplare folgten meinen Ködern und etliche Fische verlor ich im Drill. Wir starteten am Torrente Pellice, einem Fluss, der einen sehr guten Bestand an Marmoratas hat. Die Fische bleiben hier allerdings etwas kleiner als die Fische im Oberlauf des Po, aber mit Fischen bis zu 70 cm kann man dennoch rechnen. Um 6 Uhr waren wir am Wasser und begannen, Pool für Pool abzuwerfen.
Der Marmorata-Bann ist endlich gebrochen!
In der ersten Stunde konnte ich drei Nachläufer verbuchen und eine kleine Bachforelle landen. Etwas weiter flussauf war es dann aber soweit – ich fing meine erste Marmorata! Sie war zwar nur knappe 40 cm lang, aber die erste ihrer Art für mich. Wenig später warf ich hinter einen dicken Stein in der Flussmitte und mein Wobbler wurde vehement attackiert. Es folgten zwei Kopfschüttler an der Oberfläche und der Köder kam mir wieder entgegengeflogen. Den dicken goldschimmernden Kopf konnten wir noch sehen und schätzten den Fisch auf über 60 cm.
Am Nachmittag fuhren wir einen wenige Minuten entfernten Bach inmitten eines Waldes an. Dort wollten wir Saiblinge fangen. Es entwickelte sich eine absolut abenteuerliche Angelei, da der Bachlauf malerisch mit Wasserfällen gesäumt war, ich teilweise unter den Pools stand und die Fische mir ins Netz fielen, wenn ich sie über den Wasserfall dirigierte. Groß waren sie an diesem Bach nicht, aber sie faszinierten mich mit ihrer wunderschönen Färbung.
Am nächsten Morgen stand ein Besuch des Fiume Po auf dem Plan, wo wir eine große Marmorata fangen wollten. Bereits früh machte ich Bekanntschaft mit einem sehr großen Fisch, der aus den Tiefen eines Pools unter einem Felsen hervorschoss und mich so überraschte, dass ich ihm den Wobbler aus dem Maul riss, bevor er ihn packen konnte. Ein blutiger Anfängerfehler. Ich war am Boden zerstört. Der Rest des Morgens blieb ohne weitere Sichtung eines Fisches und so entschieden wir, wieder an den Pellice zu fahren, da dort mit mehr Aktivität zu rechnen war. Im Laufe des Nachmittags konnte ich zwar noch eine kleine Bachforelle von knapp über 30 cm fangen, von einer Marmorata jedoch fehlte jede Spur.
Nach dem Sightseeing zum neuen Rekord
Die folgenden zwei Tage waren meiner Freundin gewidmet und wir besuchten Genua an der Mittelmeerküste und Mailand. Avigliana war das nächste Angelziel. Dort wollte ich meinen Italienischen Hecht-PB nochmal nach oben schrauben. Vorher ging es aber noch an den Schwarzbarsch-See. Sofort konnte ich einige große Bass im seichten Wasser unter überhängenden Bäumen sichten. Da wir in der Zwischenzeit zwei sonnige Tage hatten, befürchtete ich jedoch, dass die Fische mit dem Laichgeschäft begonnen haben könnten. Einen etwa 30 cm langen Fisch konnte ich zum Anbiss verleiten. Die großen Exemplare bekamen eine breite Auswahl an Ködern präsentiert, die sie jedoch allesamt gekonnt ignorierten. Ich wollte die Fische dann auch nicht weiter stören und widmete mich dem Hecht.
Italienischer Hecht im regnerischen Piemont
15 Minuten Autofahrt später stand ich erneut in Avigliana. Die ersten Stunden blieben ereignislos und nach dem Mittagessen wanderte ich auf die andere Seeseite, um eine Kante an einem Schilfgürtel abzufischen. Ich montierte einen Westin Swim und nach dem zweiten Wurf an der neuen Stelle war die Rute krumm. Nach einem kurzem, aber heftigen Drill konnte ich den Fisch keschern. 85 cm zeigte das Maßband – es war somit der größte Italienische Hecht, den ich bis dato fangen konnte. Überglücklich machte ich ein paar Bilder im strömenden Regen und entließ den Hecht zurück in sein Element.
Der letzte Akt gehört der Mediterranen Forelle
Am letzten Angeltag traf ich mich erneut mit Davide und wollte die letzte Fischart von der Liste streichen: Salmo ghigii – die Mediterrane Forelle. Zwar erreicht diese nicht die Ausmaße einer Marmorata, hat jedoch ebenfalls einen hohen Stellenwert für mich. Denn sie ist neben dem Italienischen Hecht und der Marmorata eine der wenigen ursprünglich einheimischen Arten des Piemonts. Für den ganzen Tag war Regen gemeldet und so ging es nicht wie vorgesehen höher in die Berge, da dort Schnee zu erwarten war. Auf etwa 1200 m gab es noch einen weiteren Bach, an dem wir unser Glück probieren konnten, ohne durchzufrieren.
Zunächst versuchten wir es mit kleinen Spinnern und arbeiteten uns von Pool zu Pool. Den größten Erfolg des Tages verbuchten wir jedoch in einem kleinen Zufluss des Chisone. Im Laufe des Tages fingen wir unzählige dieser wunderschönen Forellen mit einigen stattlichen Exemplaren bis knapp unter 40 cm. Für die Gewässergröße waren diese Fische wahrhafte Monster. Allgemein wird die Art, wie bereits erwähnt, nicht so groß wie ihre engen Verwandten. In winzigen Pools schwammen teilweise Fische von über 30 cm Länge. Wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, würde ich es kaum glauben können. So konnte uns auch der Regen die Stimmung nicht vermiesen und wir fischten bis spät in den Nachmittag. Abends trafen wir dann Davide und seine Freundin im Restaurant, um den Abend ausklingen und unsere Tour noch einmal Revue passieren zu lassen.
Revier kompakt: Piemont
- Fischvorkommen: Italienischer Hecht, Schwarzbarsch, Bachforelle, Marmorata, Cutthroat-Forelle, Saibling, Döbel, Renke, Schleie
- Bestimmungen: Die Schonzeit für Salmoniden geht vom ersten Sonntag im Oktober bis zum letzten Sonntag im Februar, die Hechtschonzeit vom 1. Februar bis 1. April. Das Schonmaß für Marmorata beträgt 38 cm, teilweise gibt es auch ein Entnahmeverbot. Der Italienische Hecht ist in der gesamten Provinz Turin ganzjährig geschont.
- Kartenausgabestellen: Fipsas erhältlich auf fipsas.it, die Erlaubnis für die Provinz Turin kann auf der Internetseite cittametropolitana.torino.it erworben werden.
- Übernachtungsmöglichkeiten: In der Region gibt es einige Campingplätze, Hotels und Airbnb-Wohnungen, die man alle auch online findet.
- Bootsverleih: Besonders an den großen Seen wie dem Lago Maggiore, gibt es vielerorts Boote zu mieten. Guide Davide Ruffino selbst besitzt ebenfalls zwei Boote, mit denen er auch Guidingtouren anbietet.
- Weitere touristische Möglichkeiten: Die gesamte Region bietet tolle Möglichkeiten zum Wandern, Fahrradfahren und einige sehr schöne Städte, die zum ausgiebigen Sightseeing einladen. Auch abseits des Angelns wird es also nie langweilig.
Guiding
Falls Ihr Interesse geweckt ist und Sie das Piemont und seine Fische besuchen wollen, empfiehlt Ihnen Christopher Kratz, die Dienste von Davide Ruffino von „Italian Fishing Guides“ in Anspruch zu nehmen. Der Autor rät davon ab, beim ersten Trip alleine loszuziehen, da die Gewässer ohne Vorkenntnisse teilweise nicht einfach zu befischen sind. Für eine Woche angeln würde er zwei bis drei Guiding-Tage empfehlen, um es dann an den restlichen Tagen auf eigene Faust zu probieren.
Der angenehme Nebeneffekt des Guidings ist, dass sich Davide um alle Genehmigungen kümmert. Der Angelschein für Touristen kostet 14 Euro und ist drei Monate gültig. Der Diritti Demaniali Esclusivi di Pesca (DDEP) kostet 12 Euro und ist ein Jahr gültig. Dasselbe gilt für den Fipsas, der 30 Euro kostet. Davide erreicht man am einfachsten über die Sozialen Medien:
- Facebook: Davide Ruffino
- Instagram: davide_italian_fishing_ guides
- WhatsApp: +39 349 682 8834
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