Das Fischsterben in der Hamburger Elbe trifft das Gewässer härter als in den Jahren zuvor. Tausende Fische sind durch den Sauerstoffmangel verendet; der genaue Schaden lässt sich noch nicht absehen. Angelo Aykurt von Elbcoast-Guiding kennt das Gewässer genau und ist auch jetzt im Einsatz, um möglichst viele Fische zu retten. Sein Ausblick für die nächsten Jahre ist düster.
Blinker: Hallo Angelo, danke, dass du dir die Zeit für ein Gespräch nimmst. Wo bist du gerade?
Angelo Aykurt: „Ich bin mit Mitgliedern des Anglerverbands Hamburg auf der Bille. Wir messen den Sauerstoffgehalt im Wasser, um zu kontrollieren, bis wo sich der Schaden ausgebreitet hat. Hier ist der Zustand des Wassers noch gut.“
Fischsterben in der Elbe ist heftiger als sonst
Für Leser, die nicht in Hamburg leben: Was genau ist passiert?
„Dieses Fischsterben in der Elbe war abzusehen. Und nicht nur, weil es in den letzten Jahren immer wieder passiert ist. Als ich letzte Woche auf dem Wasser war, habe ich bereits Zander, Brassen und Rapfen gesehen, die sich an der Oberfläche versammelt haben. Die Zander haben teilweise sogar noch gebissen. Später haben sich die Fische aufgeteilt und sich in Richtung Ufer gezogen, wo es mehr Sauerstoff gibt. Und jetzt, Anfang der Woche, ist es passiert.
Wie gesagt, es kommt hier mittlerweile jedes Jahr zu einem mehr oder weniger großen Fischsterben. Dieses Jahr ist es aber viel zu früh, und es fiel heftiger aus als sonst. Das kann nicht allein an der Hitze liegen; es war ja nur ein paar Tage lang richtig warm. Die ganze Süder- und Norderelbe in Hamburg ist betroffen. Auf dem Echolot hat man hier zwischendurch nicht mal mehr Weißfisch gesehen. Das Gewässer ist völlig tot. Wirklich makaber.“
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Hitze, Landwirtschaft und Elbvertiefung töten Fische
Wo siehst du die Gründe für das Fischsterben?
„Neben der Hitze gibt es definitiv noch weitere Gründe, die bei diesem Fischsterben in der Elbe eine Rolle spielen. Zum Beispiel den Nährstoffeintrag durch die Landwirtschaft. Besonders kritisch sehe ich aber die Bauarbeiten zur Elbvertiefung. Durch die Umbaggerung ist viel wertvolle Fläche verloren gegangen. Statt der flachen Gewässer, in denen auch bei niedrigem Wasserstand zum Beispiel Jungfische einen Rückzugsort hatten, sind nur flache Schlick- und Sandfelder geblieben. Bei Ebbe heizen sie sich auf – da überlebt kein Fisch. Außerdem kommt und geht das Wasser schneller als in den Jahren zuvor. Der Schlick, den die Flut mit sich bringt, kann nicht wieder abfließen.“
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„Das Angeln an der Elbe ist erstmal tabu“
Wie reagierst du als Guide?
„Im Augenblick ist das Angeln an der Elbe natürlich vollkommen tabu. Aktuell bin ich mit meiner Frau auf der Bille unterwegs; sie ist Fischereibiologin beim Anglerverband Hamburg. Wir versuchen zu retten, was man noch retten kann. Wir haben einige Fische, die in der Elbe nach Luft geschnappt haben, mit einem Kescher abgefischt und so gut wie möglich in Gewässer überführt, in denen sie überleben können. In der Alster und der Dove-Elbe ist das Wasser zum Beispiel noch in Ordnung. Nur wenn man sich den Schleusen zur Elbe nähert, sinkt der Sauerstoffgehalt deutlich ab.“
Wie siehst du in die Zukunft? Was kann man tun?
„Eins ist klar: Es wird nicht das letzte Fischsterben in der Elbe sein. Schon gar nicht, wenn die Bauarbeiten so weitergehen. Seit der Elbvertiefung sind die Katastrophen immer schlimmer geworden, und wenn man keine langfristige Lösung findet, wird sich nichts ändern. Es ist wichtig, die eben schon erwähnten Flachwasserzonen wiederherzustellen. Wir brauchen sauerstoffreiche Gebiete, die auch bei Ebbe nicht leerlaufen. Ansonsten werden wir die Fischbestände auch in den nächsten Sommern nicht retten können.“