Am Freitag, den 14. Juli, kam es zu einem massiven Fischsterben in der Lippingau, nahe der Geltinger Bucht in Schleswig-Holstein. Grund dafür war vermutlich eine Einleitung verunreinigten Wassers. Die ersten Begehungen des Landesportfischerverbands Schleswig-Holstein (LSFV-SH) deuten darauf hin, dass auf weiten Bereichen unterhalb der vermutlichen Einleitung die gesamte Au „tot ist“.
Nicht das erste Fischsterben in der Lippingau
Es ist nicht das erste Mal, dass es an der Lippingau im Kreis Schleswig-Flensburg nahe Gelting zu einem massiven Fischsterben kommt. Schon in den vergangenen Jahren gab es dort immer wieder ähnliche Vorfälle, deren Ursprung kein natürlicher war. Die bereits analysierten Wasserproben zeigen deutlich: Wie die Male zuvor ist auch nun wieder von einer massiven Einleitung stark verunreinigten Wassers auszugehen. Die festgestellten Ammoniumwerte liegen weit jenseits natürlich vorkommender Konzentrationen.
Ammonium entsteht beim Abbau von Eiweißverbindungen, hohe Werte deuten auf die Einleitung ungeklärter häuslicher und landwirtschaftlicher Abwässer hin. Dieser Stoff wird deshalb zum Problem, weil er, einmal in Gewässer gelangt, sofort von Bakterien zu Nitrit und Nitrat abgebaut wird und dabei große Mengen Sauerstoff verbraucht. So war es nicht verwunderlich, dass bei Sauerstoffmessungen an der Lippingau unterhalb der vermuteten Einleitung bis zu Null Milligramm Sauerstoff je Liter gemessen wurden – normal wären hier mindestens 6 ml/l.
Todesstöße für Biodiversität
In der Folge starb die gesamte Au auf diesen Strecken. Zuerst erstickten die jungen Meerforellen, die hier eigentlich ein, zwei Jahre lang ihre Kinderstube haben, bevor sie in die Ostsee wandern. Weniger sauerstoffempfindliche Fische wie Stichlinge, Aale und sämtliche andere Fische sterben kurz darauf. Später krabbelten Wasserinsekten und Krebstierchen wie die Bachflohkrebse an Land. Die Lippingau ist aufgrund ihres einzigartigen, oft völlig unveränderten Bachlaufs eigentlich eine echte Besonderheit für Schleswig-Holstein und ein extrem wertvoller Lebensraum. Im überwiegend kiesigem Grund könnten viele seltene Insektenlarven wie die der Steinfliege leben, doch die immer wieder vorkommenden Einleitungen sind Todesstöße für die Biodiversität. Das seltsame Fehlen fast aller Indikator-Insektenarten ließ auch schon den Biologen Kai Lehmann grübeln, was an diesem Gewässer passiert. Die Antwort liegt nun auf der Hand …
Die Lippingau könnte eines der artenreichsten und wertvollsten Fließgewässer des Landes sein, würden diese unverantwortlichen „Unfälle“ nicht alle paar Jahre wieder das System zerstören. Der Fischotter lebt hier schon seit Jahren und freut sich jeden Herbst über die in großen Mengen aufsteigenden Meerforellen. Für diese Fischart ist das Gewässer eines der wichtigsten des ganzen Landes. Hunderte laichbereite Fische kommen jeden Herbst hierher, um ihre Eier in die Kiesbetten des Baches zu legen.
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Sorge um Meerforellen in der Lippingau
Im vergangenen Herbst fehlte allerdings so viel Wasser, dass den Forellen der Weg zu den meisten Laichplätzen versperrt blieb. Kilian Lauff von der Fischbrutanstalt Alt-Mühlendorf (seit Juli vom LSFV übernommen) fischte etliche der Elterntiere im Unterlauf ab und vermehrte sie künstlich in seiner Anlage. Im Frühjahr dieses Jahres setzte er im oberen Bereich mehr als 30.000 Jungfische aus, die den Fortbestand der Meerforelle in diesem wichtigen Gewässer sicherstellen sollten. Nun ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Großteil dieser nächsten Generation verloren.
Kilian Lauff ist schockiert: „Es kann doch nicht sein, dass sowas heute noch möglich ist. Nachdem es das in der Vergangenheit immer wieder vorkam, müsste man doch denken, dass die Behörden hier endlich mal die Verursacher festgestellt haben und dem einen Riegel vorschieben. Leider muss man von solchen Desastern ja fast schon ausgehen – und so hatten wir fast die Hälfte der Jungforellen oberhalb der vermuteten Einleitung besetzt. Wir hoffen jetzt, dass wenigsten die Fische dort oben überleben – wenn nicht, ist das ein Totalausfall zwei ganzer Jahrgänge. Es würde Jahre dauern, diesen Verlust zu kompensieren.“
Der Vorfall wurde umgehend der zuständigen Naturschutzbehörde und der Polizei gemeldet. Der LSFV war selbst vor Ort, um Wasserproben und tote Fische zur Beweissicherung zu entnehmen. Der Biologe Kai Lehmann, der hier eigentlich das Vorkommen des Fischotters dokumentiert, unterstützte den Verband freundlicherweise tatkräftig und scheute keine Mühen, um den Ort der Einleitung möglichst präzise einzugrenzen. Der LSFV behält sich vor, bei entsprechender Datenlage und einem Ausbleiben von Reaktionen aus der Naturschutzbehörde, rechtlich gegen den Verursacher vorzugehen.