Wer meint, dass wir jede Tierart auf unserem schönen Planeten kennen und es nichts mehr zu entdecken gibt, der irrt sich. Jedes Jahr entdecken Forscher zahlreiche neue Spezies. Auch viele neue Fischarten sind dabei. Im Jahr 2022 waren es über 200 Arten aus dem Süßwasser, die das erste Mal wissenschaftlich bestimmt wurden. Das Artenschutzprojekt SHOAL sammelt alle neuen Entdeckungen in einem jährlichen Bericht. Unter den neuen Arten sind auch einige besondere „Highlights“. Kennen Sie zum Beispiel den Vampir-Wels, der sich nur von Blut ernährt?
Vampir-Welse, die das Blut anderer Fische saugen
Diese neue Fischarten, die 2022 das erste Mal bestimmt wurden, gehören zur Gattung Paracanthopoma und sind in Südamerika beheimatet. Alle Welse aus dieser Gruppe ernähren sich vom Blut anderer Lebewesen – vor allem natürlich von Fischen. Sie haben in der Region aber auch den Ruf, dass sie selbst Menschen „aussaugen“. Dazu schwimmen die nur wenige Zentimeter großen Vampire die Harnröhre hinauf und setzen sich dort fest, so jedenfalls die Erzählung. In Wirklichkeit ist das jedoch nur einmal im Jahr 1997 passiert – muss aber so schmerzhaft gewesen sein, dass die Geschichte sich schnell verbreitete …
Einen ähnlichen Mythos gibt es über die Vampirfledermaus, die für den Menschen aber auch ungefährlich ist. Die neu entdeckten „Unterwasser-Draculas“ haben aber noch eine weitere Gemeinsamkeit mit ihr: Sie sind die einzig bekannten Arten von Tieren mit Kiefern, die sich von Blut ernähren. Passend dazu tragen die Vampir-Welse auch besonders „blutrünstige“ wissenschaftliche Namen. Bei „Daemon“, „Satanica“ und „Vampyra“ bekommt man es doch gleich mit der Angst zu tun. Außerdem wären es klasse Namen für Metal-Bands.
Neue Fischarten: Ein Wels, der Luft atmen kann
Eine andere neue Fischart, die im Jahr 2022 entdeckt worden ist, gehört ebenfalls zu den Welsen. Der Monsembula-Wels hat allerdings eine andere besondere Eigenschaft: Er kann Luft atmen und sich damit längere Zeit außerhalb des Wassers aufhalten. Er lebt in Gebieten im Kongo, die oft trocken fallen. Luft atmen zu können, wenn auch nur für eine begrenzte Zeit, ist hier also sehr praktisch.
Aus der Familie dieser Fische „Clarias“ haben mehrere Welse diese Fähigkeit. Allerdings ist Clarias monsembulai die erste neue Entdeckung seit 42 Jahren! Benannt ist der Neuzugang nach seinem Entdecker Raoul Monsembula, einem Professor für Biologie an der Universität von Kinshasa. Er selbst nannte die Namenswahl eine „schöne Überraschung in seinem Leben.“ Allerdings wies er auch darauf hin, dass der Lebensraum dieses Fisches, der Salonga-Nationalpark, rasend schnell vom Menschen zerstört wird.
Dieser Fisch springt aus dem Wasser und überlebt
Eine weitere bemerkenswerte Entdeckung ist der „Juan Deriba Killifisch“, den Forscher in Bolivien entdeckten. Um Fressfeinden zu entkommen, springt dieser Fisch aus dem Wasser. Doch dabei bleibt es nicht: Er hüpft nämlich ganz gezielt auf große Blätter, auf denen er liegen bleibt, bis die Gefahr vorüber ist. Bisweilen halten sie es mehrere Stunden in ihrem trockenen Versteck aus.
Viele weitere neue Fischarten im Jahr 2022
Neben diesen Kandidaten entdeckten Forscher auf der ganzen Welt im Jahr 2022 insgesamt 201 neue Fischarten. Forscher beschrieben 88 neue Arten aus Südamerika, 68 aus Asien, 25 aus Afrika, 9 aus Ozeanien, 8 aus Europa und immerhin noch 3 neue Fischarten aus Nordamerika.
Der Bericht „New Species 2022“ zeigt nicht nur neue Fischarten, sondern auch, welche Mühen die Forscher auf sich nehmen, um sie zu entdecken und sie zu schützen.
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Menschen müssen empfindliche Lebensräume schützen
„Es ist vielleicht überraschend, dass jedes Jahr hunderte von Süßwasserfischen entdeckt werden“, sagte Kathy Hughes, Spezialistin für Süßwasserfische beim IUCN. „Aber es zeigt, wie viel es für uns darüber zu lernen gibt, was unter den Oberflächen der Süßgewässer unseres Planeten liegt.“
Mehr als die Hälfte aller Fischarten lebt im Süßwasser, obwohl diese Gewässer nur ein Prozent des Wassers weltweit ausmachen. Die restlichen 99 Prozent sind Meerwasser. Dieses eine Prozent ist demnach ein unschätzbar wertvoller Lebensraum. „Trotzdem sind Menschen in der Vergangenheit nachlässig mit dem Lebensraum Süßwasser umgegangen“, so Hughes, „was bedeutet, dass viele der neu entdeckten Fischarten bereits bedroht sind.“
Aus genau diesem Grund sei die Arbeit von SHOAL für neue Fischarten so wichtig. Je mehr Aufmerksamkeit sie erhalten, desto wahrscheinlicher sei es, dass sie vor dem Aussterben bewahrt werden können. Auch im letzten Jahr veröffentlichten die Forscher einen Bericht über neue Fischarten. Dazu gehörten zum Beispiel ein Aal ohne Augen und ein Fisch mit einem „offenen Kopf“.