Der Landesangelverband Schleswig-Holstein (LAV) untersucht jedes Jahr den Fischbestand des Elbe-Lübeck-Kanals (ELK). Das Hauptaugenmerk gilt dabei dem Aal und der Entwicklung des Aalbestandes. Und da gibt es Positives zu berichten!
Der LAV ist als Pächter des ELK nicht nur dazu berechtigt, Fische zu fangen, beziehungsweise dafür Erlaubnisscheine zu verkaufen, sondern ist im Rahmen der Hege auch dazu verpflichtet, die Entwicklung des Fischbestandes im Auge zu behalten.
Geförderte Untersuchungen
Ausgeführt werden die Untersuchungen von der Hegegemeinschaft Gewässersystem Nord- Ostsee-Kanal, die dem LAV angegliedert ist. Die Bestandsentwicklung des Aals ist von besonderem Interesse. Daher wird die Arbeit finanziell mit Mitteln aus der Fischereiabgabe des Landes Schleswig- Holstein und dem Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF) gefördert. Ziel der Befischung ist es, vor allem die im Uferbereich versteckt lebenden Aale zu erfassen. Der Großteil der Fische wird schonend bei der Elektrofischerei gefangen. Zudem soll ein parallel zum Ufer ausgelegtes dreiwandiges Netz (Spiegelnetz) die aus der Steinpackung flüchtenden, größeren Aale fangen. Auch dieses Fanggerät ist durch die besondere Netzform fischschonend. Die Aale können, sofern sie nicht für weitere wissenschaftliche Untersuchungen benötigt werden, nach dem Fang freigelassen werden.
Eine positive Entwicklung
Schon bei der Befischung hatten die LAV-Biologen den Eindruck, dass der Aalbestand auf einem hohen Niveau ist. Ähnlich wie im Vorjahr wurden auf einigen Strecken wenige, auf anderen dafür extrem viele Aale gefangen. Besonders interessant: Die beobachteten Aaldichten spiegeln gut die Besatzstrecken wider – der Aal wird am ELK jährlich durch Besatz unterstützt. Offensichtlich wandern ELK-Aale nach dem Besatz nicht zwangsläufig weit weg, sondern verbleiben möglicherweise die meiste Zeit ihres Lebens im Umkreis von wenigen Kilometern von der Besatzstelle – ein deutlich positives Zeichen für die Lebensraumqualität. Würden Nahrung und Versteckmöglichkeiten nicht passen, zögen die Aale weiter.
Guter Querschnitt – Aal in allen Größen
Auffällig war zudem die große Anzahl größerer Exemplare über 60 cm. Sogar einige, sich bereits zu Blankaalen verfärbende Fische waren im Fang. Sie werden noch in diesem Jahr ihre beeindruckende Reise in die Laichgewässer mitten im Atlantik antreten. Insgesamt konnte, wie in den Vorjahren, ein guter Querschnitt der Größenklassen nachgewiesen werden. Dies ist erfreulich, zeigt es doch, dass der kontinuierliche Aalbesatz im ELK erfolgreich ist. Fehlende Größenklassen würden darauf hindeuten, dass Fische bestimmten Alters nicht vorkommen. Das würde bedeuten, dass der Besatz in den betreffenden Jahren nicht erfolgreich gewesen wäre.
Ein erneutes Rekordjahr
Die erste Auswertung der Fänge ist eindeutig: 2024 war mit 1.430 Aalen wieder ein Rekordjahr! Noch nie wurden bei den standardisierten Befischungen so viele Aale gefangen. Dies ist ein großer Erfolg und freut insbesondere die Fischereibiologen Rüdiger Neukamm und Mattias Hempel. Deren Arbeit dreht sich seit vielen Jahren um den Aal und seine Bestandssicherung. „Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen der Fischbestandserhebung. Die Besatzmaßnahmen wirken. Über die Jahre ist es gelungen, einen Bestand aufzubauen, der sich hinsichtlich der Häufigkeit der Tiere und der Altersstruktur nach und nach dem natürlichen Zustand nähert“, so Rüdiger Neukamm.
Da die Befischungen auf die stets gleiche Art und Weise, auf den gleichen Strecken und zur gleichen Jahreszeit durchgeführt werden, sind die erhobenen Daten belastbar. Sie deuten klar auf eine nahezu konstant positive Entwicklung des Aalbestandes im Elbe-Lübeck-Kanal hin. Die Fänge waren dabei auf der Kanalstrecke sehr unterschiedlich verteilt: In der „schlechtesten“ Stauhaltung wurden etwa 1,5 Aale auf 100 Metern Uferstrecke gefangen, in der „besten“ waren es mehr als 20 Exemplare. Insgesamt konnten in der Spiegelhaltung (Donnerschleuse bis Witzeeze) mit 555 Exemplaren die meisten Aale nachgewiesen werden. An einigen Fangstationen fingen die Biologen rechnerisch fast auf jedem Meter einen Aal.
Aal-Besatz als Erfolgsmodell
Dass die positive Bestandsentwicklung auf den Besatz zurückzuführen ist, ist belegt: Durch ein Bad in einer Farblösung wurden bis 2020 die Gehörsteinchen der Aale vor dem Besatz markiert. Diese Markierung ist haltbar und auch nach Jahren sind gefangene Fische noch einwandfrei als Besatzfische zu identifizieren. So konnte LAV-Biologe Mattias Hempel in seinen Untersuchungen beispielsweise feststellen, dass im Jahr 2023 92% der untersuchten Aale (106 Individuen mit Längen von 25 bis 40 cm) aus dem Besatzprogramm stammten.
Eine Bestandssicherung im Elbe-Lübeck-Kanal dient bei Weitem nicht nur dazu, Fangmöglichkeiten für die Angler zu erhalten. Zunächst erfüllt der Aal als Raubfisch wichtige ökologische Funktionen. Er ist wie kein anderer Raubfisch in der Lage, im Lückenraum der Uferbefestigung auf die Jagd nach invasiven Arten wie Schwarzmundgrundel oder Kamberkrebs zu gehen. Zudem ist der ELK ein gutes Aufwuchsgewässer, in dem die Aale eine vergleichsweise geringe fischereiliche Sterblichkeit erfahren. Auch die Wanderwege in die Nordsee über die Elbe sind kurz und weitestgehend frei von Hindernissen. Das kann zu einer verbesserten Abwanderung laichbereiter Blankaale führen.
Das alles macht den ELK zu einem wertvollen Lebensraum für den Europäischen Aal. Dies gilt nicht zwangsläufig für die Ankunftsgewässer der Glasaale in Frankreich und in Spanien – dort erwarten die Aale viele Gefahren: Wasserkraftwerke, Atomkraftwerke mit Kühlwasserentnahmen, Belastung mit PCB, ein extrem angewachsener Welsbestand (der dort ein wichtiger Fressfeind ist) und eine teils extrem hohe natürliche Sterblichkeit in den ersten Lebenswochen. Rüdiger Neukamm bringt es auf den Punkt: „Wir sind optimistisch, dass ein Verbringen und Besetzen in besonders geeignete Lebensräume wie den ELK bei der Bestandssicherung helfen kann.“
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