Seit Jahrhunderten beschäftigen sich Naturforscher mit dem Rätsel, wie sich Aale fortpflanzen. Dass die Sargassosee vor der Westküste der USA für die Aale eine große Rolle spielt, ist seit längerer Zeit bekannt. Doch nun ist es Wissenschaftlern erstmals gelungen, die Reise der Fische zu ihrem Laichgebiet zu verfolgen.
Werden Aale einfach aus Schlamm geboren?
Seit der Antike ist der Aal ein unbekanntes Wesen. Schon im antiken Griechenland philosophierte Aristoteles darüber, woher diese schlangenartigen Fische wohl kommen. Er glaubte zum Beispiel, dass sie sich überhaupt nicht fortpflanzen, sondern einfach aus Schlamm geboren werden. Und fast 2.000 Jahre später war man noch kein bisschen schlauer. Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, verbrachte im Jahr 1876 als junger Student viel Zeit damit, die Sexualität der Aale zu erforschen (auch wenn er später nicht mehr darüber sprechen wollte).
Aale wandern zum Laichen in die Sargassosee
Die erste „richtige“ Spur auf das Laichgebiet der Aale lieferte der dänische Biologe Johannes Schmidt. Auf seinen Forschungsreisen im Atlantik und Mittelmeer fand er so gut wie überall die kleinen Weidenblattlarven des Aals, und es gelang ihm, ihren Ursprung einzugrenzen. Die Larven wurden kleiner, je näher Schmidt der Sargassosee vor der südöstlichen Küste Nordamerikas kam. Dort mussten sie ihren Ursprung haben, und dorthin mussten erwachsene Aale zum Laichen wandern. Da war jedoch erst einmal Schluss. Es waren „Jahre der Forschung voller Aufregung und Spannung“, schrieb Schmidt über seine Entdeckung im Jahr 1923. „Enttäuschung, die sich mit ermutigenden Entdeckungen abwechselte. Es gab Zeiten mit schnellem Fortschritt, während die Lösung des Problems zu anderen Zeiten in mehr Dunkelheit denn je gehüllt zu sein schien.“
Es ist Forschern nie gelungen, die Fortpflanzung der Aale zu dokumentieren. Sie fanden keine Eier, keine laichenden Elterntiere. Eine neue Studie, die mehrere Forscher aus ganz Europa gemeinsam erarbeitet haben, bringt jedoch Licht ins Dunkel der Sargassosee.
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Forscher verfolgten den Weg der Aale in die Sargassosee
Das Forscherteam markierte insgesamt 26 weibliche Aale, die sie in vorherigen Jahren gefangen hatten, mit Sendern. Sie setzten sie in verschiedenen Entfernungen von ihrem Ziel aus, so konnten sie ihren Weg quer durch den Atlantik verfolgen. Interessant ist dabei schon die Reise selbst. Die Aale bewegten sich mit Geschwindigkeiten von 3 bis 12 km pro Tag durchs Meer und erreichten ihr Ziel teils nach einem Jahr. Manche Aale mussten etwa 270 km zurücklegen, andere sogar ganze 2275 km. Ihr Weg markiert die längste Wanderung aller Aal-Arten weltweit.
Allerdings konnte die Studie nicht aufzeigen, wie genau die Aale ihren Weg zu ihren Laichgründen finden; ob sie sich zum Beispiel an der Strömung orientieren. Dennoch stellten die Forscher fest, dass fast alle Aale ihr Ziel erreichten. Nur 2 Sender gingen auf dem Weg verloren, vielleicht durch Raubfische, vielleicht aber auch aus anderen Gründen. Nach spätestens einem Jahr hörte der letzte Sender auf, Signale zu übermitteln.
Eine wichtige Entdeckung zum Schutz des Aals
Zwar konnten die Forscher nicht live beobachten, wie sich Aale in der Sargassosee fortpflanzen – das wäre natürlich eine vollkommene Sensation gewesen. Doch die Arbeit der Wissenschaftler ist trotzdem nicht weniger bahnbrechend! Das erste Mal ist es gelungen, den Weg der Aale von Europa bis zu ihren Laichgründen zu dokumentieren. Johannes Schmidt und Aristoteles wären stolz. Und selbst Sigmund Freud wäre froh, endlich dem Rätsel auf seines „Phallus-Fisches“ einen Schritt näher gekommen zu sein (auch wenn er es nicht zugeben würde).
Je besser wir den Europäischen Aal verstehen, desto besser können wir ihn schützen. Und Schutz, das ist vor allem uns Anglern klar, hat der Aal dringend nötig. Er ist nicht nur akut von Überfischung bedroht – Stichwort Glasaal-Schmuggel. Viele Aale sterben auch durch verbaute Flüsse, insbesondere durch Wasserkraftanlagen. Verglichen mit den Beständen, die es hierzulande bis in die 1980er Jahre noch gab, ist die Population heute zu 95% zurückgegangen.
Quelle: nature.com
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