„Angler sind Naturschützer“. Dieser Werbespruch eines bekannten Angelgeräteherstellers war lange Zeit als Aufkleber auf vielen Autos zu sehen.
Viele organisierte Natur- und Tierschützer kritisieren die Angler jedoch immer wieder und es gibt zum Teil erhebliche Diskussionen um das Thema „Angeln und Naturschutz“. Wie gut sich der Schutz der Natur mit der Angelfischerei verbinden lässt, ist am Beispiel der Sechs-Seen-Platte in Duisburg zu erkennen. Hier wurde in den letzten Jahren ein vorbildliches Konzept zum Schutz der Natur und zum Wohl der Angler realisiert, das die Interessen aller Beteiligten berücksichtigte und als sehr erfolgreich zu bezeichnen ist. Doch zunächst zum Gewässer: Die Sechs-Seen-Platte – Ein Stück Natur mitten in Duisburg In Nordrhein-Westfalen gibt es geschichtlich bedingt keine natürlichen Seen. Somit ist auch die Sechs-Seen-Platte kein natürlich entstandenes Gewässer – sie ist ein riesiger Baggerseekomplex mit einer Gesamtfläche von 160 ha. Wer jetzt aber an steile Ufer, glasklares, fischarmes Wasser und mangelnde Ufervegetation denkt, liegt in diesem Fall falsch. Das Gewässer liegt mitten in einem riesigen Waldgebiet, das die Städte Düsseldorf, Mülheim und Duisburg verbindet. Bedingt durch den sehr frühen Beginn der Auskiesungen im Jahre 1912 sind die älteren Teile der Sechs-Seen-Platte (Wambach-, Masuren- und Wolfsee) bereits als gewachsene Gewässer zu bezeichnen. Ein artenreicher Baum- und Strauchbestand (Haselnuss, Schwarzerle, Pappeln, Weiden, Faulbaum, Birken, Ebereschen, Eichen etc.) säumt die Ufer und es existiert eine ausgeprägte Unterwasservegetation aus den verschiedensten Laichkräutern. Der Grund der Seen ist bedingt durch die damaligen technischen Vorraussetzungen unterschiedlich tief ausgekiest, d.h. es existiert in allen drei Seen eine Fülle von Sandbänken und Barschbergen, die das ganze Gewässer durchziehen und den Fischen einen hervorragenden Lebensraum bieten. Karpfen- und Hecht- aber vor allem Zanderangler wissen das zu schätzen. Karpfen bis 33 Pfund, Hechte bis 30 Pfund und Zander bis 20 Pfund werden hier jedes Jahr gefangen. Mit Beginn der Auskiesung des sechsten Sees Ende der 80er Jahre kamen massiv kritische Stimmen von Seiten des Naturschutzes und der Angler auf, die die für die Auskiesung notwendigen Abholzungen von größeren Waldflächen und die Folgen der Kiesbaggerei für das Gewässer kritisierten. Daraufhin setzten sich alle Beteiligten an einen Tisch und sprachen über ihre Bedenken. Das Ergebnis war die Erstellung eines genialen Konzeptes, das die Belange der Erholungssuchenden, des Naturschutzes und der Angler perfekt in Einklang brachte: Für die Sechs-Seen-Platte wurde ein Nord-Süd-Konzept aufgestellt, d.h. man hat versucht, die Erholungssuchenden im nördlichen Bereich der Seen zu konzentrieren und den südlichen Teil mehr der Natur zu überlassen. Da im nördlichen Teil die Infrastruktur für Erholungssuchende besonders gut ausgebaut ist (Park- und Spielplätze, Bushaltestellen, Freibad, Gastronomie, Angel-, Surf-, und Segelvereine, Bademöglichkeiten usw.), funktioniert diese Zonierung bis heute hervorragend. Der südliche Teil des Gewässers liegt tief in den Duisburger Wald eingebettet. Hier wurden Wanderwege zurückgebaut und Maßnahmen zum Schutz der Natur vorgenommen. Besonders hervorzuheben ist die vorbildliche Ausweisung von drei Laichschonbezirken und einer Vogel-schutzinsel, die durch eine lange, geschwungene Uferlinie, die Einbringung von Totholz und große Flachwasserbereiche hervorragend von den Fischen angenommen werden. Außerdem finden sich hier vermehrt Graureiher, verschiedene Entenarten, Gänse, Haubentaucher und Eisvögel ein. Vor allem die Eisvögel haben von den Umbaumaßnahmen massiv profitiert und der Bestand ist erfreulicherweise stark zunehmend. Im Frühjahr und im Herbst gehen hier sogar Fischadler als Durchzugsgäste auf ihrem Weg in den Süden auf Jagd. Die Ausweisung der Laichschonbezirke ist aus fischereibiologischen Gründen von größter Bedeutung für das Gewässer, da die Kiesbagger die drei neueren Seen unter wirtschaftlichen Aspekten ausgekiest haben, d.h. hier leider keine Sandbänke und Barschberge existieren und die Fische ohne diese Laichzonen Schwierigkeiten hätten, sich in den drei neueren Seen zu vermehren. Das Paradestück aus Naturschutzsicht ist jedoch der See 6. Für die Gestaltungsmaßnahmen des Uferbereiches erhielt die Kiesbaggerei Hülskens den Umweltpreis des Europäischen Sand- und Kiesverbandes, den die Renaturierung des gesamten Ufers mit einer bewusst langen Uferlinie, großen Flachwasserbereichen, kleinen Inselchen, einem Bachdelta und einer enorm aufwändigen Pflanzung von heimischen Uferpflanzen voll überzeugte. Angeln an der Sechs-Seen-Platte Aber was wären solche Maßnahmen ohne die Angler, die die weitere Entwicklung der naturnahen Flächen beobachten, im Rahmen der Fischereiaufsicht das Gewässer kontrollieren und durch gezielte Besatzmaßnahmen die biologische Entwicklung des Gewässers unterstützen? Aus diesem Grund wurde von der gängigen Fischbesatzpraxis abgewichen und ein komplett neues Besatzkonzept aufgestellt: Fischbesatz: Weißfische und Barsch: Aufgrund der naturnahen Ufergestaltung kann sich ein Großteil der Fischarten selbst so stark vermehren, dass Besatzmaßnahmen für viele Arten nicht mehr notwendig sind. So kann sich vor allem der Weißfisch- und Barschbestand komplett selber reproduzieren, d.h. dass sich die Angler viel Geld und Mühe sparen. Schleie und Aal: Da diese beiden Arten zum natürlichen Artenspektrum in NRW gehören und sich im Gewässer nicht (Aal) oder nur sehr selten (Schleie) fortpflanzen, wird das Gewässer mit einer angemessenen Menge dieser Arten besetzt, um diese zu erhalten. Auf Überbesatz wird bewusst verzichtet, da Aal und Schleie sich in der Konkurrenz zu den anderen Fischen behaupten müssen. Hecht: Die Sechs-Seen-Platte ist ein hervorragendes Raubfischgewässer. Jedes Jahr werden dutzende von Hechten über einen Meter gefangen, die in den weitläufigen Unterwasserpflanzenbereichen, den Barschbergen und auf den Sandbänken ihre Standplätze haben. Aufgrund der für Hechte perfekten Uferstruktur kann seit einigen Jahren komplett auf Hechtbesatz verzichtet werden, da sich der hervorragende Hechtbestand selbst erhält. Karpfen: In jüngerer Zeit wurde der Karpfenbesatz von Zucht- auf Wildkarpfen umgestellt. Für die Angler hat das zum einen den Vorteil, dass hier kampfstarke Wildlinge an den Haken gehen und zum anderen wird gehofft, dass sich die Wildkarpfen aufgrund ihrer besseren Anpassung an unser heimisches Klima in warmen Jahren im Gewässer vermehren und somit langfristig die Besatzmaßnahmen für diese Fischart gedrosselt werden können. Der Versuch verläuft über mehrere Jahre. Die Anfänge sind bis jetzt Erfolg versprechend. Zander: Auf den Sandbänken und im Freiwasser ist das Reich des Zanders, der in der Sechs-Seen-Platte besonders gut abwächst. Das Gewässer mit seinen vielen Sandbänken, Barschbergen und großen Freiwasserbereichen bietet die seltene Situation, dass Hecht und Zander in etwa gleich großen Beständen nebeneinander existieren, ohne dass eine Art irgendwann die Oberhand gewinnt. Dies ist wiederum auf die abwechslungsreiche Gewässerstruktur zurück zu führen. Die Sechs-Seen-Platte gehört mittlerweile zu den besten Zandergewässern in NRW. Fazit Die oben genannten Maßnahmen der Stadt Duisburg, der Kiesbaggerei Hülskens, der Naturschutzverbände und der Angler zeigt, dass aktiver Natur- und Biotopschutz in Verbindung mit der Angelfischerei durchaus möglich ist und sogar noch gefördert wird. Die Erfahrungen zeigen, dass die Sechs-Seen-Platte an Attraktivität für den Angler in dem Maße zunimmt, indem sich die Verhältnisse im und am Gewässer verbessern. Für die Öffentlichkeit und die Naturschutzverbände soll in Duisburg in Zukunft das gelten, was ein bekannter Angelgerätehersteller seit langem auf Aufklebern propagiert, die auf den Autos der Angler durch die Straßen fahren: Angler sind Naturschützer! Kontakt: Stadtverband der Sportfischer 1954 e.V. Jens Debuck, Gewässerwart www.fischereiverband-duisburg.de.vu e-mail: [email protected] Tel. 0203-726432 Fax 0203-9353715 Stadtverband der Sportfischer 1954 e.V. Jens Debuck, Gewässerwart www.fischereiverband-duisburg.de.vu vor Mai 2009