Die Störe sind wieder zurück! In diesem Jahr gab es die ersten Sichtungen von Stören in der Elbe, die vor Jahren von Forschern des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) besetzt worden sind. Der letzte Stör wurde in der Elbe im Jahr 1985 gefangen – und in der Zwischenzeit hat sich beim Besatz viel getan.
Seit 1995 setzen sich die Forscher des IGB dafür ein, den Stör wieder in deutschen und französischen Gewässern anzusiedeln. Sie brachten Fische aus einem kanadischen Bestand nach Deutschland und züchteten Jungfische in Kanada, die sie in deutschen Flüssen aussetzten. Waren es anfangs nur wenige „Testfische“, entließen die Forscher im letzten Jahr ganze 450.000 Jungstöre in der Oder und ihren Nebenflüssen. Die ersten Fische, die damals in die Ostsee abwanderten, sind nun zurückgekehrt.
Störe wachsen langsam – „Man braucht einen langen Atem“
Jörn Geßner, Forscher am IGB, zieht in einem Interview eine positive Bilanz. Dass es eine Weile dauern würde, bis seine Arbeit Früchte trage, war ihm von Anfang an klar. Man brauche „einen langen Atem“, um die Erfolge zu sehen. Männliche Störe sind erst nach 12 Jahren geschlechtsreif und ziehen wieder in die Flüsse zurück, Weibchen brauchen noch etwas länger. In den ersten zwei Lebensjahren liegt ihre Sterblichkeit bei 90 Prozent, danach nimmt sie stark ab. Geßner schätzt, dass aus dem Programm etwa 500 bis 1000 ältere Fische übrig sind, von denen noch nicht alle geschlechtsreif sein dürften.
Stör in Elbe und Oder: Sind die Gewässer wieder lebenswert?
Obwohl sich die Tiere noch nicht selbst vermehrt haben, ist Geßner der Ansicht, dass die Elbe wieder ein geeigneter Lebensraum für den Stör ist. Dennoch sieht er große Problemfelder, allen voran in der Fischerei, der Durchwanderbarkeit und beim Ausbau der Flüsse. Tiere gehen als Beifänge verloren, und durch Wehre und Stauhaltungen können sie nur schwer aufsteigen. Saale und Havel sind für den Stör zum Beispiel unerreichbar. Anders sieht es in der Unterelbe aus: Störe können die Fischtreppe Geesthacht überwinden und weiter hinaufziehen.
Für den Stör in der Elbe ist auch die Gewässerverschmutzung ein entscheidender Faktor. Laut Geßner ist die Elbe heute deutlich sauberer als früher, als man noch ungeklärtes Abwasser einleitete. Da Störe Kieslaicher sind, ist sauberes Fließwasser für sie besonders wichtig.
Ausbaupläne an Elbe und Oder gefährden den Stör
Sorgen bereiten die Ausbaupläne, die für den Flüsse Elbe und Oder angedacht sind. So soll die Elbe das ganze Jahr mindestens 1,40 Meter Tauchtiefe für Schiffe bieten, die Oder sogar 1,80 Meter. Das erfordert große Eingriffe ins Ökosystem der Flüsse, die sich auch auf die Fischbestände auswirken werden.
Unser Nachbar Polen plant für die Oder außerdem 20 neue Stauhaltungen, wodurch der Fluss deutlich weniger durchgängig sein wird. Widerstand gibt es sowohl aus Polen selbst als auch aus Brandenburg. Einen Teilerfolg feierten die Naturschützer an der Weichsel: Hier ist ein neuer Damm geplant, dessen Bau sie für zwei Jahre herauszögern konnten.
Störe stark von Fischerei betroffen
Die Störe, die durch das Programm ausgesetzt werden und in die Ostsee abwandern, sind dort starkem Fischereidruck ausgesetzt. Am Stettiner Haff, wo die Oder in die Ostsee mündet, gibt es insgesamt 300 Kilometer an Stellnetzen, in denen die Störe sich verfangen können. Vorschläge, den die Bedingungen für die Fische zu verbessern, sind unter anderem die Verwendung anderer Netze und kürzere Stellzeiten. Ein vollständiges Verbot der Fischerei hält Geßner für eine schlechte Alternative; er möchte lieber gemeinsam mit den Fischern nach einer Lösung für das Problem suchen.
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Trotz allem ist der IGB-Forscher zuversichtlich. Der Europäische Stör könnte „eine Erfolgsstory“ werden. Die Ausgangslage für seine Wiederansiedelung sei gut. Neben Deutschland und Frankreich wollen sich außerdem auch England, die Niederlande und Italien am Programm beteiligen. Schweden, Finnland und Russland bereiten außerdem eigene Projekte vor.
Das vollständige Interview mit Jörn Geßner ist auf der Website des IGB zu finden.