Wir Angler spielen beim Erhalt und Management der Fischbestände eine zentrale Rolle. Wir sind über Vereine und Verbände nicht nur zur Nutzung von Süßwasserfischen berechtigt, sondern als Eigentümer oder Pächter von Fischereirechten auch zu deren Hege und Pflege gesetzlich verpflichtet. Eine neuartige Hegemaßnahme stellen sogenannte Entnahmefenster oder Fenstermaße dar. Eine Diskussion ums Entnahmefenster konnte da natürlich nicht lange auf sich warten lassen. Wir geben einen kurzen Überblick zum Thema.
Hamburg ist einziges Bundesland mit Entnahmefenster
Hamburg ist bislang das einzige Bundesland, in dem dies per Fischereigesetz geregelt ist. Dort sind für diverse Fischarten nicht nur Mindest-, sondern auch Maximalmaße festgelegt worden. Der gewünschte Effekt: Größere Exemplare, die für den Fortbestand ihrer Art besonders wertvoll erscheinen, werden geschon.
Allerdings ergeben Entnahmefenster als Hegemaßnahme fischereibiologisch nur für solche Fischarten Sinn, die sich erfolgreich in dem jeweiligen Gewässer vermehren können und auch sollen. Für den Karpfen wäre ein Entnahmefenster beispielweise nicht sinnvoll, da die Naturverlaichung davon nicht angeregt wird. Der DAFV plädiert dafür, Fischereirechtsinhabern die Entscheidung zu überlassen, ein Entnahmefenster für bestimmte Fischarten festzulegen, anstatt es flächendeckend per Gesetz zu regeln.
Geteilte Meinungen bei der Diskussion ums Entnahmefenster
Die Meinungen sind geteilt, die Diskussion ums Entnahmefenster ist noch lange nicht beendet. Viele Angler sehen Entnahmefenster als sinnvolle Maßnahme an, andere betrachten sie als zusätzliche Einschränkung. Immer wieder wird auch die Kritik laut, dass dies als Vorwand missbraucht werden könnte, eine sogenannte Trophäenfischerei zu legalisieren, bei der es vor allem darum geht, große Fische zu fangen, wieder zurückzusetzen – und somit möglicherweise gegen das Tierschutzgesetz zu verstoßen. Bei der Diskussion ums Entnahmefenster geht es also auch darum, Trophäenfischerei „durch die Hintertür“ zu vermeiden.
Unsicherheit bei Vereinen und Pächtern
Bei vielen Vereinen und Pächtern herrscht eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf diese Hegemaßnahme vor. Wenn man der Auffassung des Verwaltungsrechtlers Raimund Müller folgt, wäre es in Deutschland nach geltender Rechtslage für Angelvereine als Hegetreibende rechtlich möglich, Entnahmefenster als Hegemaßnahme eigenverantwortlich festzusetzen, sofern es den lokalen Hegezielen dient. Auch aus fischereibiologischer Sicht gibt es diverse Studien, die dem Entnahmefenster positive Effekte auf die Hege der Fischbestände zuschreiben.
Arbeitskreis Angelfischerei thematisiert Diskussion ums EntnahmefensterWie aus dem Artikel des DAFV hervorgeht, wurde das Thema Entnahmefenster und Verantwortlichkeiten bei der Hege an dem Deutschen Fischereitag 2019 auf dem Arbeitskreis Angelfischerei thematisiert. Unter reger Beteiligung zahlreicher Vertreter der Fischereibehörden und der Verbände gab es zwei Fachvorträge. Prof. Dr. Robert Arlinghaus vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei und der Humboldt-Universität zu Berlin (www.ifishman.de) gab Auskunft über bewährte Hegemaßnahmen und über aktuelle Forschungsergebnisse neuer Ansätze, die in einer vor kurzem veröffentlichten Studie publiziert wurden. Verwaltungsrechtler Raimund Müller widmete sich dem Thema der Hegeverpflichtung und den Verantwortlichkeiten im Sinne der Ordnungsrechtlichen Regelung. Insbesondere der Frage, ob Entnahmefenster im Rahmen der „guten fachlichen Praxis“ in Deutschland zulässig sind und von lokalen Fischereiberechtigten im Rahmen der Hege eigenmächtig eingesetzt werden können. Die Hege begründet sich in Deutschland unter anderem auf den unbestimmten Rechtsbegriff der so genannten „gute fachliche Praxis“ (GfP) und wird nach Maßgabe der jeweiligen landesfischereilichen Gesetze praktisch umgesetzt. Ob neue Ansätze wie das Fenstermaß in der Hege im Sinne der GfP rechtlich zulässig sind und nach welcher Maßgabe dieses Entnahmefenster Einzug in die GfP erhält, ist nach wie vor umstritten. Müller erklärt in seinem Vortrag, welche Hegemaßnahmen der GfP entsprechen. Diese Maßnahmen müssten laut Müller unter anderem „als Basisstrategien der in der Wissenschaft allgemein anerkannt sein“ um der GfP zu entsprechen. Daher müsste die GfP als dynamisch verstanden werden und sich auf Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und Notwendigkeiten ständig weiterentwickeln. Dies bedeute, dass die aktuellen Beschränkungen des Gesetzes (wie Mindestmaß und Schonzeit) keine abschließenden Regelungen seien und damit im Rahmen der GfP inhaltlich verändert und erweitert werden könnten. |