Robert Arlinghaus, Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), ist einer der beiden diesjährigen Träger des Wissenschaftspreises „Forschung in Verantwortung“. Der Preis ehrt herausragende Forschungsarbeiten, die einen praktischen Nutzen für Wirtschaft, Politik oder Gesellschaft haben. Die Auszeichnung, die mit 40.000 Euro dotiert ist, wird am 26. November 2024 auf der Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft verliehen.
Fokus auf nachhaltige Freizeitfischerei
Arlinghaus’ Forschung hat in den letzten Jahren entscheidend dazu beigetragen, die oft unterschätzte Bedeutung der Freizeitfischerei in den Blickpunkt der Wissenschaft und Öffentlichkeit zu rücken. Weltweit gehen über 220 Millionen Menschen diesem Hobby nach, in Deutschland sind es mehr als drei Millionen Anglerinnen und Angler. Bemerkenswert: Freizeitfischerinnen und -fischer fangen hierzulande jährlich rund zehnmal mehr Fischbiomasse als die kommerzielle Binnenfischerei. Darüber hinaus sichert die Angelfischerei in Deutschland mehr als 52.000 Arbeitsplätze in der Angelbedarfs- und Tourismusbranche.
Arlinghaus untersucht mit einem sozial-ökologischen Ansatz die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt im Kontext der Freizeitfischerei. Seine Forschung legt besonderes Augenmerk darauf, wie diese Form der Fischerei Fischbestände und aquatische Ökosysteme beeinflusst und wie sie gleichzeitig nachhaltiger gestaltet werden kann.
Neue Ansätze für die Fischereiwissenschaft
Arlinghaus konnte in seiner Arbeit zeigen, dass viele traditionelle Methoden der Fischerei, wie der Besatz gezüchteter Fische, nicht die gewünschten Ergebnisse bringen. Stattdessen ist ein ökosystembasiertes Fischereimanagement, das sich auf die Verbesserung von Lebensräumen konzentriert, deutlich effektiver. Lebensräume mit naturnahen Strukturen bieten Fischen und anderen Wasserlebewesen Schutz, fördern ihre Reproduktionsfähigkeit und unterstützen so stabile Bestände.
Ein weiterer zentraler Forschungsbeitrag von Arlinghaus ist der Nachweis, dass der Schutz großer Fische entscheidend für die Gesundheit von Fischpopulationen ist. Große Fische besitzen eine höhere Reproduktionsfähigkeit, was positiv zur Erhaltung des Bestands beiträgt. Daher plädiert Arlinghaus dafür, eher mittelgroße Fische zu entnehmen und Jungfische sowie große Exemplare zu schonen – entgegen der in der Freizeitfischerei oft angewandten Praxis.
Forschung mit Anglern
Ein besonderes Merkmal seiner Forschungsarbeit ist die enge Zusammenarbeit mit Anglerinnen und Anglern sowie Angelvereinen. Durch diese partizipative Herangehensweise schafft Arlinghaus einen direkten Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis, der sowohl die Akzeptanz seiner Forschung als auch deren praktische Umsetzbarkeit erhöht. Projekte wie das Programm „Fischer schaffen Lebensraum“ binden Anglerinnen und Angler aktiv ein und zeigen, wie gezielte Maßnahmen zur Revitalisierung von Gewässern erfolgreich umgesetzt werden können.
Der Wissenschaftspreis und seine Bedeutung
Der Wissenschaftspreis „Forschung in Verantwortung“ wird vom Stifterverband in Zusammenarbeit mit der Leibniz-Gemeinschaft verliehen und honoriert herausragende wissenschaftliche Arbeiten, die innovative Ansätze für Wirtschaft, Politik oder Gesellschaft entwickeln. Neben der wissenschaftlichen Qualität der Forschung stehen deren gesellschaftliche Relevanz und praktischer Nutzen im Vordergrund.
Mit diesem Preis werden Arbeiten ausgezeichnet, die nicht nur Grundlagen für eine nachhaltigere Zukunft legen, sondern auch konkrete Handlungsempfehlungen bieten. Robert Arlinghaus verkörpert mit seiner Arbeit diese Verbindung von wissenschaftlicher Exzellenz und gesellschaftlichem Engagement.
Werdegang von Robert Arlinghaus
Robert Arlinghaus studierte Fischereiwissenschaften und Aquatisches Ökosystemmanagement an der Humboldt-Universität zu Berlin, wo er 2004 promoviert wurde. Bereits seine Dissertation, die sich mit menschlichen Dimensionen eines nachhaltigen Freizeitfischereimanagements befasste, brachte ihm den Nachwuchspreis der Leibniz-Gemeinschaft ein. Nach Postdoc-Aufenthalten und einer Juniorprofessur übernahm er 2013 die Professur für Integratives Fischereimanagement an der Humboldt-Universität. 2020 wurde er zudem mit dem Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Stifterverbands für seine herausragenden Leistungen in der Wissenschaftskommunikation ausgezeichnet.
Mit seiner Forschung hat Robert Arlinghaus einen bedeutenden Beitrag zum nachhaltigen Umgang mit unseren aquatischen Ressourcen geleistet. Seine Arbeit zeigt, dass die Freizeitfischerei – oft als bloßes Hobby betrachtet – ein zentrales Thema im Spannungsfeld zwischen Mensch und Natur darstellt.
Quelle: IGB