Geisternetze im Meer: Jedes Jahr kommen 78.000 Quadratkilometer dazu

Geisternetze töten Millionen von Tieren, jedes Jahr kommt eine Fläche der Größe Bayerns hinzu. Verlorene Leinen reichen bis zum Mond und zurück.

Jedes Jahr gelangen neue Geisternetze ins Meer. Die verlorene Ausrüstung der Fischer richtet enorme Schäden an. Foto: Rawpixel

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Jedes Jahr gelangen neue Geisternetze ins Meer. Die verlorene Ausrüstung der Fischer richtet enorme Schäden an.

In den Weltmeeren gibt es eine Gefahr, die tödlicher ist als jedes Raubtier, das die Natur hervorgebracht hat: Geisternetze. Der Name, mit dem man verlorene Fischernetze bezeichnet, täuscht über die Tatsachen hinweg. Anders als Geister sind sie nämlich sehr real, und sie töten jedes Jahr Millionen von Fischen und anderen Meereslebewesen. Eine neue Studie liefert Zahlen dazu, wie viel herrenloses Fischereigerät in dem Meeren treibt.

Geisternetze: Genug, um jedes Jahr die Fläche von Bayern zu bedecken

In jedem Jahr gelangen Geisternetze mit einer Fläche von 78.000 Quadratkilometern ins Meer. Das ist genug, um ganz Bayern (und die Hälfte von Thüringen dazu) mit Netzen zu bedecken. Würde man alle Arten von Leinen und Schnüren aneinander knüpfen, die zusätzlich verloren gehen, wäre diese Strecke 700.000 Kilometer lang. Das wäre einmal zum Mond und zurück – oder 18-mal um den Erdball.

Diese Zahlen seien unmöglich zu ignorieren, sagte Dr. Denise Hardesty von CSIRO, der australischen Behörde für Wissenschaft und Forschung. Hardesty ist eine der Co-Autoren der Studie. „Es zieht unvorstellbare viele Todesfälle nach sich, die ganze Bestände marinen Lebens auslöschen können.“

Wissenschaftler befragten Fischer aus sieben Staaten

Die Zahlen der Studie kommen von niemand anderem als den Berufsfischern selbst. Forscher des CSIRO und die Universität von Tasmanien interviewten 451 Fischer aus sieben Ländern. Dazu gehören USA, Marokko, Indonesien, Belize, Peru, Island und Neuseeland. Diese Auswahl wurde befragt, weil die Staaten eine Fischerei-Industrie mit den meisten genutzten Methoden beschäftigen.

Die Wissenschaftler fragten in einem einheitlichen Interview nach verlorener Ausrüstung. Die Aussagen der Fischer verglichen sie mit globalen Schätzungen. Daraus ergaben sich folgende, erschreckende Zahlen.

  • 78.000 Quadratkilometer an Ringwaben- und Stellnetzen (der Großteil der Geisternetze)
  • 215 Quadratkilometer an Grundschleppnetzen
  • 740.000 Kilometer an Langleinen (Hauptschnüre)
  • 15,5 Millionen Kilometer an Seitenarmen
  • 13 Milliarden Haken
  • 25 Millionen Fallen

Die Studie zeigte außerdem auf, dass kleine Boote im Schnitt mehr Ausrüstung verloren als große Trawler. Grund für den Verlust waren meist schlechte Wetterbedingungen. Die Ausrüstung sei unzureichend gesichert, oder die Netze verfingen sich im Equipment anderer Schiffe, die am selben Platz fischten.

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Geisternetze werden auch weiterhin Tiere töten

Fischernetze sind dazu entworfen, um Tiere zu töten – das ist ein Fakt. Man muss daher davon ausgehen, dass sie auch als Geisternetze weiterhin alle möglichen Lebewesen töten werden. „Wir werden von Vögeln, Schildkröten, Walen, Haien, Delfinen und Dugongs“, sagte Hardesty. Sie wies ebenfalls auf den Faktor Ernährung hin. „Man fängt damit auch eine enorme Menge an Fischen, die aber nicht gegessen werden. Das führt zu einem Problem der Ernährungssicherheit, denn das sind Proteine, mit denen keine Menschen versorgt werden.“

Kelsey Richardson von der Universität von Tasmanien betonte, dass diese detaillierte Auswertung der Fischerei und Umweltschützern helfen soll, Lösungen zu finden. Zudem trügen die Geisternetze zur Verschmutzung der Meere durch Plastik bei. Das macht es umso wichtiger, diese stille Katastrophe zu stoppen.

Erste Lösungsansätze für das Problem

In der Studie schlagen die Forscher bereits einige Lösungsansätze vor. So könnten Regierungen dafür sorgen, dass alte Fischernetze zurückgekauft werden, ehe sie als Abfall ins Meer gelangen. Tags an den Netzen sollen dafür sorgen, dass sie ihren Schiffen zugeordnet werden können. Fischer könnten außerdem alte, besonders anfällige Netze kostenfrei an den Häfen abgeben, bevor sie Geisternetze werden.

Richard Leck vom WWF Australien zeigte sich angesichts der Studie schockiert. „Diese Zahlen sind atemberaubend“, sagte er im Gespräch mit dem Guardian. „Sie geben uns einen Eindruck davon, wie schrecklich die Reichweite des Problems ist, und wie dringend wir uns darum kümmern müssen.“

Geisternetze sind ein globales Problem, daher muss man sie auf internationaler Ebene behandeln. Es müsse möglich sein, Staaten für ihre Verluste verantwortlich zu machen. „Das betrifft alle Länder – nicht nur die Orte, an denen die Netze verloren werden“, fügte er hinzu. „Diese Ausrüstung kann durch die Ozeane treiben und weiterhin Fische und bedrohte Arten fangen.“


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