Magnetfischen: Angeln mit Anziehungskraft

Auf der Suche nach Schätzen bekommt man es beim Magnetfischen vor allem mit Metallschrott zu tun. Was gibt es über diesen Trend zu wissen?

Auf der Suche nach Schätzen bleibt beim Magnetfischen vor allem jede Menge Schrott hängen.

Bild: Couperfield / Adobe Stock

Auf der Suche nach Schätzen bleibt beim Magnetfischen vor allem jede Menge Schrott hängen.

Videos über das Magnetfischen werden im Internet hunderttausendfach geklickt. Doch was genau ziehen die „etwas anderen Angler“ mit ihrem schweren Geschirr eigentlich aus dem Wasser? Heiner Siefken hat sich für den BLINKER näher mit dem Phänomen beschäftigt.

Magnetfischen hat Sensationspotenzial

Die Macher des YouTube-­Kanals „Gebrüder Lange MagnetFischen“ mögen Superlative – und Großschreibung. „Das ist ein UNFASSBAR krasser FUND.“ Oder: „Mit dieser TAKTIK finden wir UNGLAUBLICHE Dinge!“ Außerdem reichlich Zuschauer und Follower, ließe sich hinzufügen. Mehr als 190 Videos, mehr als 100.000 Abonnenten – die Taktik scheint aufzugehen.

Viele der Videos folgen einer bewährten Dramaturgie: Nils Lange schmeißt immer wieder einen großen Magneten an einem Seil in Kanäle und Flüsse. Die ersten „Fänge“, die er an Land zieht, sind eher kläglich. Verrotte Alltagsgegenstände, Fahrradteile, Schrott von Schiffen und Booten: „Zeugs, Zeugs, Zeugs.“ Es fallen Sätze wie: „Ich hoffe, dass zwischendurch noch etwas Spannendes dabei sein wird.“ Der Zuschauer hofft mit. Da ist ja noch das Versprechen aus der Überschrift.

Die Spree in Berlin gehört zu den beliebten Revieren der Magnetfischer. Unweit der Gotzkows­kybrücke drehten die Gebrüder Lange ihr „UNFASSBAR“-Video.

Bild: Holger.L.Berlin / Adobe Stock

Die Spree in Berlin gehört zu den beliebten Revieren der Magnetfischer. Unweit der Gotzkows­kybrücke drehten die Gebrüder Lange ihr „UNFASSBAR“-Video.

Freude kommt nach 20 Minuten auf. Eine Patrone, relativ großes Kaliber, guter Zustand: „Leider, das muss tatsächlich zur Polizei.“ Doch das kann nicht alles sein, Magnetangler sind hartnäckig. Sie schwitzen für das Spektakel, so ein ­Magnet ist schwer, die Würfe sind anstrengend. Die Fans der Brüder sind geduldige Menschen, denn bis zum „UNFASSBAR“ krassen Fund vergehen weitere drei Minuten: eine Pistole mit einem auffällig langen Lauf. Heureka, der Tag am Wasser hat sich gelohnt.

Im UNFASSBAR-Video steht Nils Lange in der Nähe der Gotzkowskybrücke an der Spree, überhaupt sind die Magnetangler vor allem in der Bundeshauptstadt aktiv: „Wir haben schon so ziemlich jede Brücke in Berlin abgefischt.“

Unterschiedliche Bestimmungen zum Magnetfischen

Die Bestimmungen zum Magnetangeln variieren von Bundesland zu Bundesland. In Bremen sei das Hobby „untersagt“ und in Hamburg „größtenteils verboten“, schreiben die Rechtsjournalisten der Webseite bussgeldkatalog.org. Während es in einigen Bundesländern notwendig sei, eine Genehmigung einzuholen, gebe es beispielsweise in Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern „keine besonderen Regelungen“. Generelle Aussagen sind schwierig, da die Rechtslage auch innerhalb der Bundesländer durch Denkmalvorschriften unterschiedlich ausfallen kann.

Insgesamt gilt: Wer mit Magneten fischen will, sollte sich über die Regelungen in seiner Region informieren. Der Bußgeldkatalog listet für einige Bundesländer auf, dass die Strafen „in schweren Fällen bis zu 500.000 Euro“ betragen können.

Ein verrostetes Fahrrad gehört zwar zu den größeren, aber trotzdem eher unspektakuläreren Fängen der Magnetangler.

Bild: Farantsa / Adobe Stock

Ein verrostetes Fahrrad gehört zwar zu den größeren, aber trotzdem eher unspektakuläreren Fängen der Magnetangler.

Heikle Fänge und große Reichweite

„Oh, die WaPo.“ Als die Wasserschutzpolizei eine YouTube-Szene der Magnetfischer entert, wird es „richtig anstrengend“. Und überhaupt: Die Landespolizei sei „nicht im Ansatz so anstrengend“ wie die Beamten auf den Schiffen. „Die machen nämlich Ärger wegen Magnetfischen. Wir haben zwar die Genehmigung dabei, aber das wird dann wieder dauern und dauern.“ Das Magnetfischen sei ein „heikles Thema“.

„FEUERWEHR-Einsatz wegen UNGLAUBLICHEM Fund!!“ Wenn auch die Ausbeute heikel ist, werden Telefone gezückt und Behörden verständigt. Die Kamera läuft weiter. Frage an die Zuschauer: „Könnt ihr es erkennen?“ Die Wasseroberfläche kommt ins Bild, dort ist vor allem zu sehen, dass Benzin ausläuft: „Scheiße, wir müssen die Feuerwehr holen.“ Die Magnetangler haben an der ­Caprivibrücke in Charlottenburg einen E-Roller und einen Motorroller entdeckt. Lohn der Aufregung: mehr als 300.000 Aufrufe auf YouTube, mehr als 10.000 Daumen zeigen für das Video nach oben.

Nils Lange in Aktion: Was hängt dieses Mal an dem großen Magneten?

Bild: Gebrüder Lange Magnetfischen (via YouTube)

Nils Lange in Aktion: Was hängt dieses Mal an dem großen Magneten?

Gefährliche Sprengkörper

Dass sie die Laich- und Schonzeiten der Unterwasserwelt bei ihren Dreharbeiten beachten, antwortet Max Lange auf ­Blinker-Nachfrage. Aber leiden die Gewässer nicht darunter, wenn die schweren Magnete über die Böden gezogen werden? Im Verhältnis zur Entsorgung der gefährlichen Akkus der E-Scooter oder öliger Motoren kompletter Motorräder sei die „vermeintliche Zerstörung“ zu vernachlässigen. Die Kanäle, die befischt werden, seien meistens flach und von Schiffen befahren: „Da ist nicht mehr viel übrig vom natürlichen Gewässerboden.“

Und wie schützen sich die Gebrüder Lange bei möglichen Funden von Bomben und Granaten aus dem Zweiten Weltkrieg? Ganz schützen könne man sich nicht, in den Gewässern würden immer noch unzählige scharfe Kampfmittel liegen. Deshalb müssten Magnetfischer jede Form und jede Art der „teilweise tickenden Zeitbomben“ so früh wie möglich erkennen. „Noch bevor sie direkt vor einem liegen.“ Sobald die Gebrüder Lange einen Sprengkörper identifizieren, lassen sie ihn zurück ins Wasser gleiten und verständigen die Polizei und den Kampfmittelräumdienst.

Max Lange: „Ein Restrisiko gibt es natürlich dennoch.“ Und einen guten Anlass für eine ­knackige Überschrift: „PANZERFAUST-Granate gefunden.“ Dieses Video hat es innerhalb eines Jahres auf mehr als 580.000 Aufrufe gebracht. RESPEKT.


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